Waffenexportkontrolle – Genehmigt ist nicht gleich ausgeführt

(Julia Maria Eichler)

Am 17. Dezember 2015 hat das Europäische Parlament eine Resolution zum “Waffenexport: Umsetzung des Gemeinsamen Standpunktes 2008/944/ GASP“ angenommen. Das Parlament fordert darin, dass insbesondere die acht Kriterien des Gemeinsamen Standpunktes (GS) einheitlich und ambitioniert angewandt werden. Kommerzielle, industrielle und wirtschaftliche Erwägungen von Seiten der Mitgliedstaaten dürften nicht den Entscheidungsprozess für die Ausfuhrgenehmigungen, also insbesondere die Anwendung der Kriterien des Gemeinsamen Standpunktes, bestimmen.

Der Gemeinsame Standpunkt (2008/944/GASP) aus dem Jahr 2008 legt gemeinsame Kriterien fest, welche bei der Ausfuhr von Rüstungsgütern in Drittstaaten durch die Mitgliedstaaten beachtet werden müssen. Der GS umfasst acht gemeinsame Kriterien, die von den Mitgliedstaaten zu berücksichtigen sind und die sich auf Folgendes beziehen: Einhaltung der internationalen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten, insbesondere Sanktionen; Achtung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts durch das Endbestimmungsland; innere Lage des Empfängerlandes; Gefährdung des regionalen Friedens, von Sicherheit und Stabilität in einer Region; nationale Sicherheit der Mitgliedstaaten und befreundeter und verbündeter Länder; Verhalten des Käuferlandes gegenüber der internationalen Gemeinschaft unter besonderer Berücksichtigung seiner Haltung zum Terrorismus, der Art der von ihm eingegangenen Bündnisse und der Einhaltung des Völkerrechts; Risiko der Umleitung an einen nicht zugelassenen Endabnehmer oder eine nicht zugelassene Endverwendung und Vereinbarkeit der Ausfuhr mit der nachhaltigen Entwicklung.

Ziel ist die Harmonisierung der Genehmigungspraxis der Mitgliedstaaten im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, wobei Waffenausfuhren in die nationale Zuständigkeit fallen. Darüber hinaus soll die Transparenz erhöht werden. Hierfür legt jeder Mitgliedstaat der EU jährlich einen Bericht über die genehmigten Rüstungsexporte vor. Diese werden anschließend in einem gemeinsamen Bericht der EU über Waffenausfuhren zusammengefasst und veröffentlicht. Allerdings liefern viele Mitgliedstaaten nur Teilinformationen für den EU-Bericht. Es veröffentlichten auch nur 21 Mitgliedstaaten nationale Berichte, obwohl alle durch den GS angehalten sind, nationale Berichte über ihre Waffenausfuhren zu veröffentlichen.

Das Parlament prangert diese verspätete und unvollständige Lieferung von Daten durch die Mitgliedstaaten deutlich an, ebenso wie den Umstand, dass in dem Bericht keine umfassenden Informationen über die tatsächlichen Rüstungsexporte enthalten seien. Es bedürfe eines standardisierten Melde- und Übermittlungsverfahrens – einschließlich einer Frist für Informationen über die tatsächlichen Ausfuhren und Genehmigungsdaten.

Das Parlament fordert zudem in seiner Resolution, Vorkehrungen für die Durchführung unabhängiger Kontrollen zu treffen und Sanktionsmechanismen für Verstöße gegen den GS vorzusehen. „Trotz der dramatischen Lage in Syrien und im Irak, der zunehmenden terroristischen Aktivitäten und der im Nahen Osten und in Nordafrika weit verbreiteten Konflikte und Instabilität“, seien keine Änderungen an dem GS vorgenommen worden. „Die Mitgliedstaaten, die Waffen exportieren, müssen berücksichtigen, dass Länder, denen sie in der Vergangenheit Waffen verkauft haben, nun instabil geworden sind und sie müssen die Vorschriften über Waffenexporte verschärfen“, merkte die Berichterstatterin Bodil Valero (Grüne/EFA) an. Die EU müsse aber Kohärenz zwischen Rüstungsexporten und der Glaubwürdigkeit der EU, als eine Organisation, die sich weltweit für Menschenrechte einsetzt, wahren.

Laut dem 16. Waffenexportbericht der EU vom 27. März 2015 genehmigten die Mitgliedstaaten Waffenausfuhren im Wert von 36,7 Mrd. € im Jahr 2013. Das ist der erste Rückgang seit 2010, nachdem 2011 (37,5 Mrd. €) und 2012 (39,8 Mrd. €) die Waffenexporte gestiegen waren. Die Ausfuhren in andere Mitgliedstaaten beliefen sich auf 29 % aller Waffenausfuhren (10,7 Mrd. €). Danach war der Nahe Osten der wichtigste Abnehmer der EU-Waffenausfuhren  (7,7  Mrd.  €).  Die  Hauptexporteure der EU (F, UK, D) stellten 56 %  der genehmigten Waffenexporte. In Anbetracht der Tatsache, dass die EU damit rund 30 % der weltweiten Waffenexporte stellt, weist das Parlament darauf hin, dass nur schwerlich behauptet werden könne, dass diese Handelsströme den unmittelbaren Sicherheitsinteressen der EU dienen würden. Im Vergleich habe die EU etwa für das Europäische Nachbarschaftsinstrument lediglich 15,4 Milliarden für den Zeitraum 2014 – 2020 vorgesehen.

Den 16. Bericht über die Waffenausfuhren der EU finden Sie unter:
http://ekd.be/16Bericht_Waffenausfuhren_EU

Die Resolution des Europäischen Parlaments finden Sie unter:
http://ekd.be/EP_Resolution



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