Eramus+ 2014 - schön geschrieben

(Doris Klingenhagen)

Der Programmbericht der Europäischen Kommission über das erste Jahr der Implementierung des neuen Förderprogramms Erasmus+ in  2014, der am 26. Januar 2016 veröffentlicht worden ist, sprudelt über vor Erfolgsmeldungen. Demnach hätten mehr als eine Million Menschen von dem neuen Programm für Bildung, Jugend und Sport bereits im ersten Programmjahr profitiert. Insgesamt seien zwei Milliarden Euro für die Finanzierung von 18.000 Projekten bereit gestellt worden. So konnten 650.000 Studierende, Trainerinnen, Lehrer sowie Freiwillige und junge Menschen Lernerfahrungen im Fachkräfte- und Jugendaustausch, in ehrenamtlichem Engagement oder im Studium in anderen, vorwiegend europäischen Ländern sammeln. Die Förderlinie Mobilität genieße mit einer Förderquote von 1,2 Milliarden Euro weiterhin hohe Priorität. Die Zahl von Teilnehmenden mit besonderem Unterstützungsbedarf oder von sogenannten benachteiligten jungen Menschen umfasse darin die erfreuliche Zahl von 53.000. Die neu bereit gestellten Online-Sprachsysteme hätten 126.000 Teilnehmende genutzt, davon 45 Prozent auch nach Abschluss der Maßnahme. Größere Umstellungen, die von Schulen, Ausbildungseinrichtungen und der Erwachsenenbildung im Hinblick von Einzel- hin zur Organisationsförderung verlangt wurden, seien gut aufgenommen worden, so die EU-Kommission. Darüber hinaus ermögliche das Programm 1700 Kooperationsprojekte in den Bereichen Bildung, Ausbildung und Jugendarbeit, in denen wichtige europäische Themen und Herausforderungen wie z. B. Schulabbruch, Stärkung der digitalen Kompetenzen oder die Förderung von Toleranz und interkulturellen Lernens, im Mittelpunkt standen. Beteiligt daran waren 10.000 Organisationen und 160.000 Teilnehmende, die in sogenannten Strategischen Partnerschaften bereichsübergreifende Aktivitäten entfaltet haben.

Trotz neuer Anforderungen spreche die hohe Nachfrage aus allen Bereichen für diese Ausrichtung. Lediglich die Bewilligungsquote sei mit 18 Prozent bedauerlich. Weiter habe diese Aktionslinie 79 Projekte im Feld Aufbau und Modernisierung von Jugendarbeitssystemen sowie 16 Projekte im Feld „Wissensallianzen/Kompetenzallianzen“ gefördert. Auch die neue Förderlinie „Unterstützung politischer Reformen“ sei von neuen transnationalen Kooperationen, Dialogforen, dem Strukturierten Dialog mit der Jugend, der Unterstützung europäischer Organisationen und Netzwerke sowie IT-Plattformen und Webseiten voll ausgeschöpft worden. Der völlig neu hinzugekommene Bereich des Sports erhielt aus dem Programm 22,43 Millionen für sechs gemeinnützige Sportevents, 39 Partnerschaften und 5 Studien. Als einzigen Negativpunkt räumt die EU-Kommission ein, dass der Start der privaten Master-Darlehen, der Studierenden ein Auslandsstudium erleichtern soll, 2014 noch nicht starten habe können. Auch zum jetzigen Zeitpunkt funktioniere dieses Instrument einzig in Spanien.

Der Bericht räumt zwar ein, dass die Ergebnisse 2014 nur vorläufige seien und das die EU-Kommission weiter dran arbeite, Holprigkeiten in den Prozessen und Abläufen beim Start des Programms zu verbessen und insbesondere die IT-Tools nutzerfreundlicher weiter zu entwickeln.

Liest man den Bericht allerdings vor dem Erfahrungshintergrund von kirchlichen Trägern und Antragsstellern könnte man den Eindruck gewinnen, die EU-Kommission spreche von einem anderen Programm. Denn so positiv wie hier dargestellt, wird das neue Programm in der Praxis nicht gesehen. Zusammen mit weiteren evangelischen und katholischen Trägern sowie Jugendverbänden hat das EKD-Büro Brüssel deshalb eine Stellungnahme zu Erasmus+ verfasst, um Mängel und dringenden Weiterentwicklungsbedarf aufzuzeigen (vgl. EKD-Europa-Informationen Nr. 150,). Auch die ersten Hearings zum Programm im Europäischen Parlament (S&D am 21. Oktober 2015, EVP am 9. Dezember 2015), zu denen Vertreterinnen von Trägern, nationalen Agenturen und Antragstellerinnen eingeladen waren, bestätigten die kirchliche Sichtweise. Die Ankündigung der Vereinfachung des Programms sowie die Werbung mit dem großen Finanzaufwuchs, werden bisher nicht eingelöst. Dies komme bei den Projekten und Maßnahmen bisher nicht an und durch die Zusammenlegung sei vieles für die einzelnen Bildungsbereiche unüberschaubarer und komplizierter geworden, war der übereinstimmende Tenor. Die neue verantwortliche Generaldirektorin in der EU-Kommission, Martine Reicherts, nahm die Kritik der Anwesenden auf und versprach, dass die EU-Kommission an Verbesserungen arbeiten werde. 2016 beginnt die EU-Kommission bereits die Zwischenevaluierung von Erasmus+ mit einem öffentlichen Konsultationsprozess in der zweiten Jahreshälfte. Auch das Europäische Parlament wird sich mit einem Bericht dazu äußern. Zudem sind die Mitgliedsstaaten bis Mitte 2017 aufgefordert ihre Erfahrungen mit dem Programm der EU-Kommission zu übermitteln. Die Zwischenevaluation ist ein wichtiger Meilenstein, denn auf seiner Grundlage werden die Weichen für ein Nachfolgeprogramm ab 2021 gestellt. Es bleibt daher zu hoffen, dass die EU-Kommission in diesem weiteren Prozess bereit ist, sich deutlich mehr selbst zu hinterfragen und den Erfolg eines Programms nicht zur an Zahlen, Fakten und verausgabtem Geld zu messen, sondern ebenso an der Zufriedenheit der Träger und Antragsteller, die Projekte konzipieren, beantragen und umsetzen.

Zum Bericht:
http://ekd.be/Bericht_ErasmusPlus2014



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