Der Bevollmächtigte des Rates - Büro Brüssel

Die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik: Parlament fordert mehr Reformen in der Landwirtschaft

(Corinna Entorf, Praktikantin)

 

Am 21. Juni 2010 hat das Europäische Parlament (EP) eine Entschließung zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) angenommen. Die Vorschläge sollen die 2003 beschlossenen Reformen fortsetzen, mit denen es gelungen ist, auf die bis dahin neu entstandenen Bedürfnisse der Landwirte wie auch der Verbraucher einzugehen und die GAP umweltorientierter zu gestalten. Ziel ist es, die Reformen bis 2013 abzuschließen.

 

Das EP macht mit der Entschließung von seinen, mit dem Lissabon-Vertrag gewonnenen, neuen Kompetenzen Gebrauch: Bei der Agrarpolitik entscheidet das Parlament nun als Co-Legislator über die Anwendung von Wettbewerbsregeln, die Organisation der Agrarmärkte und die Verteilung von EU-Fördergeldern für die Landwirtschaft mit.

 

Zu dieser Entschließung kam es vor allem auf Grund von neuen Herausforderungen, die in den letzten Jahren an die Agrarpolitik gestellt wurden, aber auch wegen dringend zu bewältigender Schwierigkeiten. Hierzu zählen:

§  die volatilen Marktpreise,

§  die steigenden Preise für Nahrungsmittel,

§  der Kampf gegen die Klimaerwärmung,

§  eine häufig nicht artgerechte Nutztierhaltung,

§  Versorgungssicherheit unter Einschluss einer Unabhängigkeit von Importen bei Grundnahrungsmitteln und

§  die Lebensmittelsicherheit unter Einschluss qualitativer Kriterien.

 

Ein großes Problem stellt auch die Überalterung der Landbevölkerung und die zunehmende Abwanderung junger Menschen dar. Hinzu kommt noch, dass ein hoher Anteil der Bevölkerung in der EU im landwirtschaftlichen Sektor beschäftigt ist und diese Arbeitsplätze erhalten bleiben sollen.

 

Die neue Reform soll nun dazu dienen, bestehende Hürden zu beseitigen. Ziel ist es, dass die Verbraucher Versorgungsleistungen zu angemessenen Preisen zu erhalten und einen stabilen Markt zu gewährleisten. Darüber hinaus will man erreichen, das Leben auf dem Land für junge Menschen wieder attraktiver zu gestalten und ihnen langfristig alternative wirtschaftliche Möglichkeiten anzubieten. Das EP betont, es sei wichtig, jungen Menschen, die bereit sind, eine Tätigkeit im landwirtschaftlichen Sektor aufzunehmen, günstigere Darlehen und Kredite zuzugestehen. Ein Start würde ihnen damit erleichtert. Zudem sei eine angemessene Lebenshaltung zu garantieren, damit gerade die kleinen landwirtschaftlichen Betriebe nicht auf der Strecke bleiben.

 

Daher sei es, so die Abgeordneten, wichtig, Subventionen gerechter zu verteilen (etwa durch Hinzuziehung zusätzlicher Kriterien zur Nutzfläche) und eine lokal ausgerichtete Landwirtschaft zu errichten, damit auch die kleinen Bauern die Märkte in ihrer unmittelbaren Umgebung beliefern können. Außerdem müssten den Landwirten zusätzliche Beihilfen aus EU-Mitteln zugestanden werden, als Entschädigung für die Verringerung von Kohlenstoffdioxidemissionen durch beispielweise nachhaltige Produktionsmethoden.

 

Auch müssten Subventionen dort erhalten bleiben, wo sie Produkte und Produktion schützen, die gesund und nachhaltig sind und unter reinen Weltmarktbedingungen von geringerwertigen Erzeugnissen und Methoden verdrängt würden. Es sollten zudem neue Anreize für Investitionen in den landwirtschaftlichen Sektor gesetzt werden, vorwiegend durch GAP-Rahmenprogramme und solche der EU für Forschung und Entwicklung. Diese Forderungen des EP decken sich mit den inhaltlichen Vorgaben des Art. 39 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

 

Aus kirchlicher Sicht geht der Bericht des EP in die richtige Richtung, wenn auch nicht in jeder Hinsicht weit genug. So strebt der Evangelische Entwicklungsdienst (EED) zusammen mit den Europäischen Dachverband APRODEV (Agency pro development) an, dass die bisher ungerecht verteilten Subventionen gerade auch die kleinen Betriebe erreichen. Exportsubventionen sollen gestoppt werden, da die regionalen Bauern mit Dumpingpreisen, die durch den Export von subventionierten Produkten entstehen und meist unter den realen Produktionskosten liegen, nicht mithalten können und vom Markt verdrängt werden. Hinsichtlich des wieder wachsenden Welthungers scheint eine Beachtung der Forderung des EED nach einer gemeinsamen Agrarpolitik unerlässlich, die die Entwicklungshilfe weitgehend mit einbezieht und damit einen Beitrag zur Armuts- und Hungerbekämpfung in der Welt leistet.

 

 

Die Entschließung des EP ist zu finden unter:

http://www.europarl.europa.eu

 

Eine Stellungnahme von APRODEV finden Sie hier:

http://aprodev.eu



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