Was glaubt Deutschland - Der Religionsmonitor 2013

(Joachim Clauß)

Am 28. April 2013 veröffentlichte die Bertelsmann Stiftung den diesjährigen Religionsmonitor. Dafür wurden 14.000 Personen in 13 Ländern zu ihrer persönlichen Religiosität, ihren Werteinstellungen und dem Verhältnis von Religion, Politik und Gesellschaft befragt. Dabei kam man im Hinblick auf Deutschland zu folgenden Ergebnissen.

Grundsätzlich gibt es eine Offenheit gegenüber anderen Religionen. Religiöse Vielfalt wird sowohl als bereichernd als auch als konfliktträchtig angesehen. Insbesondere herrschen in der Bevölkerung große Vorbehalte gegenüber dem Islam vor. So sehen 60 Prozent der Befragten in Deutschland religiöse Vielfalt als zunehmende Bereicherung an, 64 Prozent hingegen sehen darin eine Ursache von Konflikten. Hervorzuheben ist, dass höhere Bildung und eine bessere wirtschaftliche Lage der Befragten die Offenheit gegenüber anderen Religionen erhöhen.

Der Religionsmonitor macht deutlich, dass eine klare Mehrheit der Christen, Muslime und Konfessionslosen in Deutschland die Demokratie und die Trennung von Religion und Politik schätzten. Auch in den anderen untersuchten Ländern wurde dies als hohes Gut anerkannt.

Unterschiede innerhalb Deutschlands und auch zwischen den Religionen zeigen sich in ethisch-moralischen Fragen. Es zeigt sich in Ostdeutschland und bei Konfessionslosen eine liberalere Auffassung. So werden Sterbehilfe und die Möglichkeit homosexueller Eheschließungen von der Mehrheit der Christen und Konfessionslosen befürwortet. Dagegen lehnt die Mehrheit der Muslime die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern und die Sterbehilfe ab. Dem Thema Schwangerschaftsabbruch stehen Muslime und Katholiken, im Gegensatz zu Protestanten und Konfessionslosen, ablehnend gegenüber.

Die Studie belegt, dass über die Generationen hinweg ein Wertewandel stattfindet. So sind das Bedürfnis nach Sicherheit und der Wunsch, Traditionen fortzuführen, die von Familie oder Religion gelehrt worden sind, eher bei Älteren ausgeprägt. Demgegenüber tritt bei Jüngeren der Hedonismus stärker hervor. Hilfsbereitschaft wird in allen Altersgruppen gleichgeschätzt und erhält insgesamt die höchste Zustimmung. Zwischen den Religionen zeigen sich kaum Unterschiede, wobei die Hilfsbereitschaft bei Muslimen am stärksten wertgeschätzt wird.

In Europa hat die Religion laut der Studie eine relativ niedrige Bedeutung. Unterschiede gibt es auch innerhalb Deutschlands, so ist Ostdeutschland die säkularste Region des Religionsmonitors. Auch zwischen den Konfessionen wird die Bedeutung der Religion unterschiedlich bewertet. So spielt sie für Muslime eine deutlich größere Rolle als für Christen, wobei Katholiken etwas religiöser sind als Protestanten. Religiosität wird dabei im Religionsmonitor als multidimensionales Phänomen verstanden, bei dem Merkmale wie religiöse Praxis, Identität und Glauben betrachtet werden.

Die Zahl derer, die religiös erzogen wurden, hat in den letzten Jahrzenten kontinuierlich abgenommen. Jüngere Menschen finden Religion weniger wichtig und sind weniger religiös als Ältere.
Für die Wertevermittlung spielen Religionsgemeinschaften nur eine nachgeordnete Rolle. Bei der Befragung wurde angegeben, Werte am stärksten in der Familie, im Freundeskreis und in der Schule erworben zu haben.

Religion ist nur ein und nicht unbedingt der wichtigste Faktor für zwischenmenschliches Vertrauen und ehrenamtliches Engagement. Jedoch haben religiösere Menschen ein höheres Vertrauen in andere Menschen und sind mit größerer Wahrscheinlichkeit freiwillig engagiert. Dieser Zusammenhang gilt nicht für Muslime. Dies lässt sich dadurch erklären, dass sie den familiären Beziehungen den Vorrang vor zivilgesellschaftlichem Engagement geben.



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