Menschenwürdige Wohnbedingungen - EuGH stärkt Rechte von Asylsuchenden bei Geld­leistungen

(Susanne Herkommer)

Am 27. Februar 2014 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil in der Rechtssache C-79/13 (Fedasil ./. Saciri u. a.) die Standards näher definiert, die Mitgliedstaaten einhalten müssen, wenn sie Asylsuchenden statt einer Unterkunft entsprechende Geldleistungen gewähren.

Nach der EU-Aufnahmerichtlinie (damals gültige Fassung: Richtlinie 2003/9/EG) ist ein Mitgliedstaat frei, ob er die darin geregelten Mindeststandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in Form von Sachleistungen, Geldleistungen, Gutscheinen oder einer Kombination dieser Leistungen gewährt. Die Mitgliedstaaten können also, anstatt den Asylsuchenden eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen, auch eine Geldleistung auszahlen.

Der EuGH hat nun im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens entschieden, dass die Höhe der gewährten finanziellen Unterstützung für ein menschenwürdiges Leben ausreichen muss, bei dem die Gesundheit und der Lebensunterhalt des Asylsuchenden gewährleistet sind. Der Betrag muss so bemessen sein, dass sich der Asylsuchende eine Unterkunft besorgen kann, gegebenenfalls auf dem privaten Wohnungsmarkt, und minderjährige Kinder bei ihren Eltern wohnen können. An das allgemeine Sozialhilfesystem dürfen die Asylsuchenden für die Gewährung der finanziellen Unterstützung nur dann verwiesen werden, wenn dafür gesorgt ist, dass in diesem System die Mindestnormen der Aufnahmerichtlinie beachtet werden. Der Anspruch auf die Geldleistung besteht ab dem Zeitpunkt der Stellung des Asylantrags.

In dem Ausgangsverfahren ging es um eine Familie mit drei minderjährigen Kindern, die im Oktober 2010 bei den belgischen Behörden einen Asylantrag gestellt hatte. Ihr wurde daraufhin mitgeteilt, dass in den Aufnahmestrukturen für Asylsuchende kein Platz für die Familie bereitgestellt werden könne und sie sich an das Sozialhilfezentrum wenden solle. Dort wurde eine finanzielle Unterstützung für Mietzahlungen auf dem privaten Wohnungsmarkt mit der Begründung abgelehnt, die Aufnahmestrukturen für Asylsuchende seien zuständig. Erst am 21. Januar 2011 wurde der Familie Aufnahme in einer Unterkunft für Asylsuchende gewährt. Im Zuge des Rechtsstreits vor den belgischen Gerichten um Zahlung einer finanziellen Unterstützung für die drei Monate, während derer die Familie keine Aufnahme gefunden hatte, legte das belgische Rechtsmittelgericht den Fall dem EuGH vor und fragte, in welcher Höhe die Geldleistung gewährt werden müsse und ob der Anspruch bereits ab dem Einreichen des Asylantrags bestünde.



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