Bestandsaufnahme und Blick nach vorn - Kommission legt unverbindliche Mitteilung zur Rückkehrpolitik der EU vor

(Katrin Hatzinger)

Am 28. März 2014 hat die Europäische Kommission eine Bestandsaufnahme der Rückkehrpolitik seit Einführung der Rückführungsrichtlinie (2008/115/EG) vorgenommen und unverbindliche Vorschläge für eine Weiterentwicklung vorgestellt. Außerdem erstattete sie über die von Frontex koordinierten Rückführungsmaßnahmen Bericht.

EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström zog insgesamt ein positives Fazit: „Die Rückführungsrichtlinie hat die nationale Gesetzgebung und die Praxis positiv beeinflusst. Sie hat zu Veränderungen bei der freiwilligen Rückkehr und bei der Überwachung der Rückführung geführt. Sie hat in der EU insgesamt zu einer Verringerung der maximalen Haftdauer und zur Förderung von Alternativen zum Freiheitsentzug geführt."

Nach Kommissionsangaben konnten durch die Rückführungsrichtlinie „erhebliche Fortschritte bei der Festlegung eines kohärenten rechtlichen Rahmens für Rückkehr-/Rückführungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten" erzielt werden. Zudem habe sie faire und effiziente Verfahren befördert und die Anzahl der Fälle verringert, in denen Migranten ohne klaren rechtlichen Status ausharren müssen. Der freiwilligen Ausreise werde in den meisten Fällen Vorrang vor der Abschiebung gegeben und es gebe gute Beispiele für die Förderung der Wiedereingliederung im Herkunftsland. Mehrere Entscheidungen des EuGH hätten zudem mehr Klarheit bei der Anwendung der Richtlinie gebracht.

Nichtsdestotrotz gebe es Raum für Verbesserungen in der Umsetzung und in der Politikgestaltung: So seien die Haftbedingungen in einigen Mitgliedstaaten unzureichend, die Anwendung von Alternativen zur Abschiebehaft erfolge zu unsystematisch oder überhaupt nicht; in manchen Staaten fehlten Systeme zur unabhängigen Überwachung der zwangsweisen Rückführung. Die Verfahren dauerten oft noch zu lang und die freiwillige Rückkehr müsse stärker gefördert werden. Interessant ist, dass die Kommission bei der Auflistung der bestehenden Stellen zum Abschiebemonitoring in Deutschland ein „informelles" System aufführt, das von Nichtregierungsorganisationen angeboten wird. Tatsächlich wird in Deutschland die Abschiebebeobachtung z. B. an den Flughäfen in Düsseldorf, Frankfurt oder Hamburg vorrangig von den Landeskirchen getragen und finanziert.

Nach Auffassung der Kommission spiele Frontex eine wichtige Rolle als „Instrument für die Förderung gemeinsamer Rückführungsaktionen". Zwischen 2006 und Dezember 2013 habe die Agentur 209 gemeinsame Rückführungsaktionen durchgeführt. Auf diese Weise seien 10.855 Menschen abgeschoben worden. Im Oktober 2013 wurde der Frontex-Verhaltenskodex für gemeinsame Rückführungsmaßnahmen verabschiedet, der einen Schwerpunkt auf Monitoring nach Art. 8 VI der Rückführungsrichtlinie und die Achtung der Menschenrechte bei Abschiebungsmaßnahmen lege. Obwohl nach geltendem Recht nicht erforderlich, spricht sich die Kommission ausdrücklich dafür aus, dass bei jeder gemeinsamen Rückführungsmaßnahme ein unabhängiges Monitoring gewährleistet sein müsste. Insofern müsse der Verhaltenskodex überarbeitet werden. Die Agentur sollte nach dem Willen der Kommission den Mitgliedstaaten auch Schulungen zu Rückführungsfragen mit Schwerpunkt auf der Wahrung der Menschenrechte anbieten. Ein von der EU finanziertes Projekt ziele ferner darauf ab, die unterschiedlichen Modelle des Abschiebemonitorings in den Mitgliedstaaten stärker zu vereinheitlichen und objektive und transparente Kriterien und gemeinsame Regeln für das Monitoring zu entwickeln.

Hinsichtlich künftiger Entwicklungen macht die Kommission deutlich, dass sie die benannten Mängel systematisch verfolgen wolle und sich verstärkt der Überwachung der Umsetzung der Rückführungsrichtlinie widmen werde. Ferner beabsichtigt sie Leitlinien und Empfehlungen zu erstellen sowie innerhalb eines Jahres ein Handbuch zum Thema Rückkehr/Rückführung, das die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten verwenden sollten. Darin sollen u. a. Themen wie die Förderung der freiwilligen Rückkehr, die Rückkehr/Rückführung von Minderjährigen, menschenwürdige Haftbedingungen und das Abschiebe-Monitoring behandelt werden. Zudem soll das Europäische Migrationsnetz noch in diesem Jahr eine Studie über Alternativen zur Abschiebehaft erstellen.

Darüber hinaus soll der Dialog und die Zusammenarbeit mit Nicht-EU-Ländern gefördert und die operative Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten verbessert werden. Im neuen Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (siehe nachfolgender Artikel) werde ein Schwerpunkt auf der Förderung der freiwilligen Ausreise liegen. Hinsichtlich des Abschiebe-Monitorings will die Kommission verstärkt den Austausch von empfehlenswerten Praktiken anregen.

Das Papier enthält viel interessantes Zahlenmaterial zur Praxis in den Mitgliedstaaten, z. B. zur maximalen Haftdauer oder zu den Gründen für das Verhängen von Einreiseverboten. Es ist durchaus von dem Bemühen gekennzeichnet, „eine glaubwürdige und humane Rückführungspolitik zu gestalten, die Verfahren anwendet, die mit den Grundrechten und der Würde jedes Einzelnen, unabhängig von seinem Status, vereinbar sind." So hat es zumindest die Innenkommissarin formuliert. Die Liste der bestehenden Mängel aber ist lang und schwerwiegend. Ob und inwieweit sich die Mitgliedstaaten sich von den Vorschlägen der Kommission beeindrucken lassen, steht daher auf einem anderen Blatt.



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