Auf dem Weg zu einer „Kultur der Grundrechte“? Entschließung des Europäischen Parlamentes zur Lage der Grundrechte in der EU

(Jasmin König)

Die Flüchtlingstragödie vor Lampedusa im Oktober 2013, Spähangriffe der NSA und rassistische Ausgrenzungen der Roma sind nur einige der zahlreichen Beispiele, die Grund- und Menschenrechtsverletzungsfragen in der Europäischen Union aufwerfen.

Mit der Verabschiedung einer Entschließung zur „Lage der Grundrechte in der EU (2012)" hat das Europäische Parlament am 27. Februar 2014 deutlich Stellung bezogen und Grund- und Menschenrechtsverletzungen in den europäischen Mitgliedstaaten verurteilt.

In der Entschließung werden insbesondere die Themen Menschenwürde, Grundfreiheiten, Gleichheit, Solidarität, Unionsbürgerschaft und Gerichtswesen aufgegriffen. Die Bedeutung der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit wird betont, jedoch auch die Erforderlichkeit der Trennung von Kirche und Staat hervorgehoben. Jeder Mensch müsse die Freiheit haben, „eine frei gewählte Religion auszuüben oder die Religion zu wechseln". Die Unparteilichkeit des Staates sei das beste Mittel, „um Nichtdiskriminierung und Gleichheit zwischen den Religionen sowie zwischen Gläubigen und Nichtgläubigen sicherzustellen".

Gerade in Zeiten der anhaltenden Finanz- und Wirtschaftskrise sieht das Europäische Parlament auch die Notwendigkeit der Entwicklung eines sogenannten „Kopenhagen-Mechanismus". Dieser solle künftig für alle 28 Mitgliedstaaten eine permanente Einhaltung und Überwachung der Kopenhagener-Kriterien, den Beitrittskriterien, die zu einer Aufnahme in die EU von Staaten erfüllt werden müssen, vorsehen. Angedacht wäre auch die Festlegung von Indikatoren zur Beurteilung von Grundrechtsstandards für alle europäischen Mitgliedstaaten.

In Anbetracht der oftmals unwürdigen Lebensumstände, in denen Minderheiten in Europa leben, spricht sich das Parlament in der Resolution für eine ausdrückliche Verbesserung der Bedingungen aus. Auch gegen Armut und Obdachlosigkeit müssten Maßnahmen ergriffen werden. Die derzeitige Lebenssituation vieler Roma in der EU fordere eine verstärkte Integration. Besonders deutlich lehnt das Europäische Parlament Rechtsvorschriften ab, die es Mitgliedstaaten gestatten, Hilfe für Menschen in Seenot zu sanktionieren. Migrationsfragen, insbesondere in Bezug auf den Mittelmeerraum, erforderten eine nachhaltige Lösung.

Zudem sollten „umfassende Maßnahmen zur Bekämpfung und Vermeidung von Hasskriminalität" durchgesetzt werden.

Mit indirekter Bezugnahme auf die Spähangriffe der NSA und das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre gäbe es künftig dringenden Bedarf bei der „Überprüfung gerichtlicher und parlamentarischer Kontrollmechanismen für Geheimdienste".

Insgesamt betrachtet ist die Entschließung eine detaillierte Stellungnahme zu verschiedenen Grund- und Menschenrechtsproblematiken auf europäischer Ebene. Die Forderungen des Europäischen Parlamentes sind zwar vielfältig, jedoch bleiben an einigen Stellen konkrete Umsetzungsmaßnahmen unklar. So wird auch auf direkte Sanktionen gegenüber einzelnen Mitgliedstaaten nur oberflächlich und beispielhaft eingegangen.

Dass die unverbindliche Empfehlung Verbesserungen im Bereich der Grund- und Menschenrechte in der EU erreicht und sich hieraus eine „echte Kultur der Grundrechte" entwickelt, wäre wünschenswert.



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