Kritik am Investitionsschutz im transatlantischen Freihandelsabkommen

(Martin Kasperek)

Zu einem der umstrittensten Punkte des geplanten Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA (TTIP = „Transatlantic Trade and Investment Partnership", siehe EKD-Europa-Informationen Nr. 143), dem Investitionsschutz, hat die EU-Kommission am 27. März 2014 eine Online-Konsultation gestartet. Aufgrund der Kritik zu diesem Thema hatte EU-Handelskommissar Karel de Gucht im Januar die Verhandlungen mit den Amerikanern teilweise ausgesetzt und möchte nun eine „öffentliche Reflexion" einräumen.

Verträge über den Investitionsschutz hatten in der Vergangenheit meistens den Zweck, Investitionen aus Industrieländern in Entwicklungsländern schützen, in denen vermeintlich weniger Rechtssicherheit besteht. Betroffene Unternehmen bekommen durch die Verträge die Möglichkeit, vor einem internationalen Schiedsgericht gegen die nationalen Gesetze zu klagen, durch die sie ihre Geschäfte beeinträchtigt sehen. Vor einem solchen Schiedsgericht, dem „Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten" (ICSID) klagte z. B. ein Energieunternehmen gegen die Regierung der kanadischen Provinz Québec, weil diese das umstrittene „Fracking" ausgesetzt hatte.

Es wird nun befürchtet, dass solche Schutzklauseln für Unternehmen europäische Standards des Klima- und Umweltschutzes untergraben könnten. Aus Furcht vor Urteilen des ICSID und den mit ihnen verbundenen Schadensersatzzahlungen könnten sich Regierungen von EU-Mitgliedstaaten gezwungen sehen, ihre Regeln den amerikanischen Standards anzupassen.

Ihre Befürchtungen zum Investitionsschutz im Freihandelsabkommen stützen (Europa-)Politiker der Grünen auch auf nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Verhandlungsleitlinien des Rates, die sie am 7. März 2014 unter der Adresse www.ttip-leak.eu ins Internet stellten. Das Dokument beweise, dass nationale Regierungen und Parlamente gegenüber internationalen Investoren durch das Abkommen in der jetzigen Form machtlos würden.

In der Zivilgesellschaft formiert sich Widerstand gegen TTIP: Während der vierten Verhandlungsrunde zwischen EU und USA in Brüssel Mitte März fand ebenda ein internationales Treffen von Gegnern des Abkommens statt, darunter die Organisation „Attac". Auch eine Petition gegen TTIP beim Deutschen Bundestag hatte bereits Erfolg.

Die Zustimmung zum Freihandelsabkommen sinkt laut Umfragen auf beiden Seiten des Atlantiks und es ist abzuwarten, wie die Verhandlungspartner darauf reagieren. Die Online-Konsultation erscheint wie ein erster Schritt zur von vielen vermissten Transparenz in den Verhandlungen.



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