Der Bevollmächtigte des Rates - Büro Brüssel

Europa-Informationen Nr. 133

Es wird konkret – Aktionsplan zur Umsetzung des Stockholmer Programms

(Katrin Hatzinger)

Die Europäische Kommission hat am 20. April 2010 unter der Überschrift „Ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts für die Bürger Europas“ den Aktionsplan zur Umsetzung des Stockholmer Programms vorgelegt, das der Europäische Rat auf seiner Tagung vom 10./11. Dezember 2009 für die Jahre 2010 bis 2014 beschlossen hatte (s. EKD-Europa-Informationen Nr. 131). Der Aktionsplan konkretisiert die Vorgaben dieses Justiz- und Innenprogramms der EU und steht ganz im Zeichen des Inkrafttretens des Lissabon-Vertrags am 1. Dezember 2009. Mit dem Vertrag wird die EU-Grundrechtecharta für die EU-Institutionen und für die Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit der Umsetzung von EU-Recht rechtsverbindlich. Außerdem wird die gerichtliche Kontrolle verbessert, da der Europäische Gerichtshof alle Aspekte des Bereichs der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts künftig überprüfen kann (s. Leitartikel).

Dementsprechend ist der Aktionsplan von einer Fülle ehrgeiziger Initiativen gekennzeichnet, vom Kampf gegen die organisierte Kriminalität, über verbesserten Datenschutz und eine Verringerung des bürokratischen Aufwands für Bürger und Unternehmen bis hin zur Schaffung eines gemeinsamen Asyl- und Zuwanderungssystems. Innenkommissarin Malmström und die Kommissarin für Justiz, Grundrechte und bürgerliche Freiheiten, Reding betonten bei der Vorstellung das übergeordnete Ziel des Maßnahmenkatalogs: Jeder EU-Bürger soll an jedem Ort der EU gleiche Rechte und gleiche Sicherheit genießen können.

Der Schutz der Grundrechte spielt in dem Aktionsplan eine prominente Rolle, er müsse zur „Richtschnur unseres Handelns“ werden. In diesem Zusammenhang müsse die EU auf die konsequente Anwendung des Grundrechts auf Datenschutz achten, energisch für den Schutz von Kinderrechten eintreten, ein hohes Schutzniveau für die Opfer von Straftaten garantieren, aber auch einen hohen Standard hinsichtlich der Rechte von Beschuldigten in Strafverfahren gewährleisten.

Im Bereich Asyl und Einwanderung betont der Aktionsplan, dass „Menschenwürde und Solidarität“ die Richtschnur des Handelns darstellen müssten. Die Kommission bekennt sich klar zu ihrem Ziel einer gemeinsamen Einwanderungspolitik mit neuen, flexiblen Rahmenbedingungen für die Aufnahme legaler Migranten; eine Politik, die die Grundrechte von Migranten achtet, „damit sie uneingeschränkt ihren Beitrag zur europäischen Wirtschaft und Gesellschaft leisten können.“ Die Rechte der Migranten sollten in einem Einwanderungskodex niedergelegt werden. Zudem seien gemeinsame, effiziente Regeln für Familienzusammenführungen eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die legale Einwanderung „zum Nutzen aller Beteiligten“ ausgebaut und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit der EU gesteigert werden könne. Zum Recht auf Familienzusammenführung soll noch in diesem Jahr ein Grünbuch vorgelegt werden, für 2012 ist eine Änderung der betreffenden Richtlinie geplant. Außerdem wird es einen Vorschlag über sog. innerbetrieblich Versetzte sowie zu Einreise und Aufenthalt von Saisonarbeitnehmern geben.

Die Kommission betont aber auch, dass der Kampf gegen irreguläre Einwanderung „im Einklang mit der Grundrechte-Charta“ weiterhin eine große Priorität habe. Allerdings müsse der Situation unbegleiteter Minderjähriger besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dazu soll noch in diesem Jahr ein Aktionsplan vorgelegt werden. Im Übrigen werde der Gesamtansatz Migration in Partnerschaft mit Herkunfts- und Transitstaaten weiterverfolgt. 2011 soll es zudem eine Mitteilung über die Bewertung der gemeinsamen Rückkehrpolitik und ihre zukünftigen Entwicklung geben. Für 2014 ist ein Bericht über die Umsetzung der Rückführungsrichtlinie geplant.

Hinsichtlich der künftigen europäischen Asylpolitik unterstreicht die EU-Kommission das Grundrecht auf Asyl und die Bedeutung des nonrefoulement-Gebots. Sie betont das Ziel eines gemeinsamen europäischen Asylsystems mit hohen Schutzstandards, einheitlichem Status und einem gemeinsamen Verfahren. Auf längere Sicht müsse mit Hilfe des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen die gegenseitige Anerkennung von Asylentscheidungen angestrebt werden. Für 2011 ist die Einrichtung einer strategischen Partnerschaft mit dem UNHCR avisiert, 2012 soll das EU-Neuansiedlungsprogramm evaluiert werden. 2013 will die Kommission eine Mitteilung über neue Konzepte für den Zugang zu Asylverfahren mit Blick auf wichtige Transitländer vorlegen, 2014 einen Vorschlag zur Verbesserung des EU-Neuansiedlungsprogramms.

Bei so vielen Aktionen bleiben Reaktionen nicht aus. Auf ihrem Treffen am 23. April 2010 haben u.a. Österreich und Großbritannien bereits kritisch angemerkt, dass für sie der Zusammenhang der Aktionen zum Stockholmer Programm nicht immer erkennbar sei.

Den Aktionsplan und mehr finden Sie hier:
http://ec.europa.eu/justice_home/news/intro/news_intro_en.htm

 



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