Der Bevollmächtigte des Rates der EKD

Europa-Newsletter Nr. 125

Kaukasus-Konflikt: Das europäische Vorgehen in Georgien

Friedrich von Massow / Rechtsreferendar

Am 1. September 2008 trafen sich in Brüssel die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten zu einer außerordentlichen Sitzung des Europäischen Rates, um über das gemeinsame Vorgehen nach dem Krieg im Kaukasus zu beraten.

Der Europäische Rat äußerte seine Besorgnis über den in Georgien ausgebrochenen Konflikt. Eine derartige militärische Aktion sei keine Lösung und nicht hinnehmbar. Der Rat verurteilte den einseitigen Entschluss Russlands, die Unabhängigkeit Abchasiens und Süd-Ossetiens anzuerkennen. Der Rat hob hervor, dass einerseits jedes Land seine Bündnisse selbst bestimmen dürfe, andererseits die Berücksichtigung der jeweiligen Sicherheitsinteressen legitim sei, solange die Grundprinzipien der Unabhängigkeit, Souveränität und territorialen Unversehrtheit geachtet werden.

Der Rat begrüßte den unter Vermittlung der Europäischen Union geschlossen Waffenstillstand und rief beide Seiten zur vollständigen und unverzüglichen Umsetzung des Planes auf. Es sei jetzt, neben der Unterstützung der Opfer des Konfliktes, dringend erforderlich, die vorgesehenen internationalen Überwachungsmechanismen zu errichten und die Gespräche über die Modalitäten für Sicherheit und Stabilität in Abchasien und Südossetien aufzunehmen. Hierzu sei die EU auch bereit, sich durch Präsenz vor Ort zu engagieren. Sie werde zur Stärkung der Beobachtermission der OSZE in Südossetien beitragen, und unverzüglich eine Erkundungsmission entsenden, die für ein weiteres Engagement im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Informationen sammeln und die näheren Modalitäten bestimmen solle. Dies solle in enger Abstimmung mit der OSZE und den Vereinten Nationen geschehen.

Die Europäische Union erklärte sich bereit, den Wiederaufbau in Georgien - einschließlich der Regionen in Südossetien und Abchasien - zu unterstützen. Sie wolle die Initiative ergreifen, um in Kürze eine internationale Konferenz zur Unterstützung des Wiederaufbaus einzuberufen. Der Rat beschloss auch die Ernennung eines Sonderbeauftragten für die Krise in Georgien. Kurze Zeit später wurde der französische Diplomat Pierre Morel, derzeit EU-Sondergesandter für Zentralasien, zum EU-Sonderbeauftragten für Georgien ernannt.

Die Treffen zur Aushandlung eines Partnerschaftsabkommens mit Russland sollen verschoben werden, solange sich die Truppen nicht auf die Positionen zurückgezogen haben, die sie vor dem 7. August 2008 innehatten.

Stellungnahme des Beauftragten für die GASP

Am Rande der Ratstagung traf sich der Beauftragte für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), Javier Solana, ebenfalls am 1. September 2008 den georgischen Premierminister Lado Gurgenidze. In einer Stellungnahme betonte Solana anschließend die Verpflichtung der Europäischen Union, Georgien zu helfen und verurteilte die einseitige Anerkennung der Unabhängigkeit Abchasiens und Südossetiens durch Russland.

Solana betonte die Notwendigkeit einer dreifachen Unterstützung: politische Unterstützung, wirtschaftliche Unterstützung und Präsenz vor Ort seien besonders wichtig. Er äußerte den Wunsch nach einer Mission im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, über die bald entscheiden werden solle. Man bereite eine Beobachtermission vor, die in Zusammenarbeit mit der OSZE die Umsetzung des Waffenstillstandsabkommens überwachen solle.

Reaktionen des Europäischen Parlaments

Am 3. September 2008 nahm das Europäische Parlament eine Entschließung an, in der das "inakzeptable und unverhältnismäßige" militärische Vorgehen Russlands und der "völkerrechtswidrige, tiefe feindliche Einfall" nach Georgien missbilligt wurden. Die mit 549 Stimmen bei 68 Gegenstimmen und 61 Enthaltungen angenommene Entschließung war nicht unumstritten. Viele Abgeordnete hätten sich zwar einen kritischen Hinweis auf das Vorgehen des georgischen Präsidenten Saakaschwili gewünscht, stimmten dem Text aber dennoch zu.

Bereits am 20. August 2008 hatten sich die betroffenen Ausschüsse des Parlaments zu einer Sondersitzung getroffen. Dabei wurde der Bericht einer Parlamentsdelegation zum Südkaukasus vorgestellt. Die Delegation unter der Leitung von Marie Anne Isler Beguin hatte sich vor Ort über die Lage informiert.

Die Ratsschlussfolgerungen finden Sie unter:
http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Georgien/Aktuell/080901-ratsschlussfolgerungen.pdf

Die Entschließung des Europäischen Parlamentes finden Sie hier
http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P6-TA-2008-0396+0+DOC+XML+VO//DE&language=DE



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