Der Bevollmächtigte des Rates - Büro Brüssel

Europa-Informationen Nr. 131

Europaweit einheitliche Kennzeichnung von Lebensmitteln und Einrichtung von Referenzzentren soll Tierschutz fördern

(Solveig Müller)

Die Europäische Kommission hat am 28. Oktober 2009 einen Bericht vorgelegt, der als Grundlage für die Diskussion über die Einführung einer Tierschutzkennzeichnung von Lebensmitteln und die Einrichtung eines europäischen Netzes von Referenzzentren dienen soll.

Der Bericht legt konkrete Optionen für transparentere Verbraucherinformationen bei Produkten tierischen Ursprungs dar und untersucht geeignete Wege für eine stärkere europaweite wirtschaftliche Zusammenarbeit im Tierschutz. Nach eigenen Angaben ist keine der vom Bericht erwähnten Initiativen auf die Verschärfung der Tierschutznormen an sich ausgerichtet. Die Kennzeichnungsinitiative soll lediglich die Verbraucher stärker für den Tierschutz sensibilisieren. Der Aufbau von Referenzzentren verfolgt das Ziel, akzeptierte Tierschutznormen aneinander anzugleichen und einen Austausch bewährter Praxis in Bezug auf Tierschutzsysteme zu fördern.

Die Umfragen, die dem Bericht zugrunde lagen, haben ergeben, dass die Idee eines Gütesiegels oder Logos, das Auskunft über den Tierschutz bei der Lebensmittelproduktion gibt, in der Öffentlichkeit breite Zustimmung findet. Insofern wird der Mangel an entsprechender Kennzeichnung von Seiten der Konsumenten als problematisch bewertet.

Dieser wird u.a. damit begründet, dass es europaweit kein einheitliches, transparentes System von Tierschutznormen für Kennzeichnungszwecke gibt. Für die Wirtschaftsbeteiligten bedeutet das ungleiche Wettbewerbsbedingungen und für die Verbraucher eine nicht zu durchschauende Normenvielfalt.

Der Bericht gibt keine konkreten Handlungsanweisungen, schlägt aber mehrere obligatorische und freiwillige Optionen vor. Z.B. könnte die verbindliche Angabe des Haltungssystems, in dem die Erzeugnisse tierischen Ursprungs produziert werden, gefordert werden. Auch wären obligatorische Angaben bezüglich der Einhaltung der EU-Mindestnormen denkbar. Ein freiwilliges EU-Tierschutzlabel, das von all denen verwendet werden darf, die entsprechende Kriterien erfüllen, könnte eingeführt werden. Zusammenfassend meint die Studie jedoch, dass zum jetzigen Zeitpunkt die Einführung einheitlicher Anforderungen an freiwillige Tierschutzangaben und/oder eines EU-Tierschutzlabels am praktikabelsten erscheinen.

Viele Interessengruppen sprachen sich für den Ausbau eines europäischen Netzwerkes von Referenzzentren für den Tierschutz aus. Davon erhoffe man sich eine bessere Koordinierung und Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse bei der Planung von Maßnahmen im Bereich des Tierschutzes. Ein solches Netzwerk könnte auch eine fachliche Unterstützung bei Entwurf und Durchführung von Tierschutzmaßnahmen gewährleisten. Gegenwärtig fehlen allerdings harmonisierte Tierschutznormen genauso wie Indikatoren für einen höheren Tierschutzstandard. Der Austausch bewährter Praxisbeispiele kann nur als mangelhaft beschrieben werden. Von Nachteil sei auch, dass es auf EU-Ebene keine unabhängigen Informationsquellen gebe und dass infolge mangelnder Koordination auf EU-Ebene oft doppelte Arbeit geleistet werden muss.

Auch hier nennt die Studie keine bevorzugte Handlungsoption, kommt aber zu dem Schluss, dass ein kombinierter Ansatz auf der Basis dezentraler und zentraler Elemente derzeit am geeignetsten wäre – d.h. die Benennung eines Exzellenzzentrums im Tierschutz, das mit einem Netz einschlägiger und von der EU anerkannter Forschungsinstitute in den Mitgliedstaaten zusammenarbeitet.

Wesentliche Folgen entsprechender Maßnahmen seien nach Angaben des Berichtes in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht zu erwarten. Neben den Auswirkungen auf Verbraucherinformationen werden auch die bisherigen Wettbewerbsverzerrungen, die Erzeugerkosten und Verbraucherpreise sowie der inner- und außergemeinschaftliche Handel nicht unbeeinflusst bleiben.

Die Ergebnisse des Berichtes sind Grundlage für weiterführende Diskussionen. Verbindliche Entscheidungen, die möglicherweise auf der Grundlage dieser Debatte getroffen werden, bleiben aber an die Durchführung weiterer Studien geknüpft. Mit einer kurz- oder mittelfristigen Umsetzung der Ergebnisse wird man deshalb leider nicht rechnen können.

Den Bericht und weitere Informationen finden Sie unter:
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2009:0584:FIN:DE:PDF
http://ec.europa.eu/food/animal/welfare/index_de.htm



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