Der Bevollmächtigte des Rates - Büro Brüssel

Europäische Politik will durch „Aktives Altern“ die Solidarität zwischen den Generationen fördern

(Solveig Müller, Sondervikarin)
 

Der demographische Wandel stellt die Europäische Union vor große sozialpolitische Herausforderungen. Der Anteil der über 60-Jährigen wird in den nächsten Jahren immens anwachsen, denn die geburtenstarken Jahrgänge kommen ins Rentenalter. Statistiken prognostizieren ein jährliches Plus von 2 Mio. Menschen dieser Altersgruppe. Demgegenüber sinkt die Geburtenrate kontinuierlich. Seit langem sucht man deshalb auch auf europäischer Ebene nach neuen Finanzierungsmodellen für Renten, Gesundheitswesen und Langzeitpflege sowie nach begleitenden poltischen Maßnahmen für alle Altersgruppen.

 

Die europäischen Minister für Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz haben daher auf dem Ratstreffen in Luxemburg am 7. Juni 2010 auch Schlussfolgerungen zum Thema „Aktives Altern“ formuliert. Dass es hierbei nicht nur um Senioren geht, zeigt die grundsätzliche Aufforderung des Rates, gleichzeitig bei der jüngeren Generation tätig zu werden. Europäische Kommission und Mitgliedstaaten sollen politische Regelungen einführen, die dazu beizutragen, das europäische „Arbeitskräftereservoir“ gänzlich auszuschöpfen – Erwerbstätigkeit müsse in allen Lebensabschnitten möglich sein. Das heißt neben konkreten Maßnahmen gegen Altersdiskriminierung und Altersarmut auch die Ermöglichung der Vereinbarkeit von Arbeits- und Familien- bzw. Privatleben.

 

Um die Wettbewerbsfähigkeit und den Wohlstand auch in einem alternden Europa künftig aufrecht zu erhalten, sei es dringend notwendig, das Potential der älteren Generation wieder wertzuschätzen und zu nutzen. Ältere Menschen, so die Schlussfolgerungen, verfügen „über einen Schatz an Wissen, Fertigkeiten und Erfahrungen […], der es ihnen ermöglichen sollte, nützliche Beiträge für die Gesellschaft zu leisten und auf diese Weise die Solidarität zwischen den Generationen und die Weiterentwicklung der Zivilgesellschaft zu stärken.“

 

Das Konzept des „Aktiven Alterns“ sieht demnach vor, älteren Menschen die Möglichkeit zu geben, länger in Arbeitsverhältnissen zu bleiben, sich durch ehrenamtliche Tätigkeit in Gesellschaft und Familie zu engagieren und ein langes Leben in größtmöglicher Selbstständigkeit und Würde zu führen. Der Fokus liegt bei all dem aber ausdrücklich auf „dem umfassenderen Blickwinkel der nachhaltigen Beschäftigungsfähigkeit von Männern und Frauen während des gesamten Arbeitslebens“. Der Rat fordert, Beschäftigungshindernisse, insbesondere für ältere Menschen, zu beseitigen und die Arbeitsbedingungen an deren Bedürfnisse anzupassen. Altersdiskriminierung müsse unterbunden, Chancengleichheit gefördert und umgesetzt sowie eine ständige Fortbildung im Sinne des Lebenslangen Lernens gewährleistet werden. Alle anzustrebenden politischen Maßnahmen müssen jedoch der Vielfältigkeit der älteren Generation gerecht werden. Denn diese ist keine homogene Masse, sondern besteht aus individuellen Persönlichkeiten, die sich in Geschlecht, Alter, Bildungsstand, speziellen kulturellem und wirtschaftlichem Hintergrund oder auch im Hinblick auf den Gesundheitszustand unterscheiden.

 

Im Vorfeld des Ratstreffens brachte der MdEP Thomas Mann (EVP) am 10. Mai 2010 einen Initiativbericht zu „den demographischen Herausforderungen und der Solidarität zwischen den Generationen“ heraus, der sich wie eine Konkretisierung der vom Rat geforderten poltischen Maßnahmen liest.

 

Generationengerechtigkeit definiert Mann grundlegend als „gleichmäßige Verteilung von Nutzen und Belastung zwischen den Generationen“. Win-win-Situationen sollen z.B. mit der Umsetzung einer „Europäischen Jugendgarantie“ geschaffen werden. Jugendlichen müsse nach einer Arbeitslosigkeit von maximal 6 Monaten ein Arbeitsplatz, eine Lehrstelle oder eine anderweitige Ausbildung angeboten werden. Mit der Initiative „Europäischer Pakt 50plus“ will Mann auf der anderen Seite die Erwerbstätigenquote von Menschen im Alter von über 50 Jahren auf mehr als 55% erhöhen. Er schlägt dazu u.a. vor, die Frühverrentung und deren finanzielle Anreize abzubauen und die generationenübergreifende Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten zu fördern. Es müsse im Ermessen der ArbeitnehmerInnen liegen, inwieweit sie über die nationalen Renteneintrittsalter erwerbstätig bleiben. Entsprechende Lebensaltersgrenzen sollten daher geprüft und gegebenenfalls abgeschafft werden.

 

Die Europäische Kommission hat das Jahr 2012 zum „Europäischen Jahr des aktiven Alterns und der generationenübergreifenden Solidarität“ ausgerufen. Sowohl die Ratsschlussfolgerungen als auch der Initiativbericht fordern nun, dessen Vorbereitungen an konkrete politische Maßnahmen zu koppeln.

 

 

Die Schlussfolgerungen des Rates finden Sie unter:

http://www.consilium.europa.eu/

 

Der Initiativbericht ist nachzulesen unter:

http://www.europarl.europa.eu



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