EU will Menschenhandel effektiver bekämpfen

(Corinna Entorf, Praktikantin)

Am 14. September 2010 haben die Verhandlungen von Rat und Parlament der EU zu einem Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission zur „Verhütung und Bekämpfung von Menschenhandel und zum Opferschutz“ vom März d.J. begonnen und der am 25. November 2010 von den Mitgliedstaaten gebilligt wurde und nun auf die Zustimmung des Parlaments auf einer Plenartagung im Dezember wartet.

Mit ihrem Vorschlag folgte die Kommission den Vorschriften des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), denn gemäß Art. 79 und 83 desselben ist die EU angehalten, den Menschenhandel zu bekämpfen. Der Europäische Rat und das Parlament können danach zudem durch Richtlinien Mindestvorschriften über Straftaten und Strafen in Bereichen besonders schwerer Kriminalität – mit grenzüberschreitender Dimension – erlassen, wozu der Menschenhandel zählt. Ein europäisches Strafgesetzbuch existiert bislang nicht.

Dennoch ist der Menschenhandel leider immer noch eine weitverbreitete Straftat, die die Ermittlungsbehörden vor große Herausforderungen stellt. Auf europäischer wie auch auf internationaler Ebene ist der Bekämpfung des Menschenhandels deshalb ein hoher Stellenwert beizumessen. Dieser Straftatbestand stellt eine schwere Form von weltweiter, organisierter Kriminalität dar und ist in diesem Rahmen nach dem Drogen- und Waffenhandel die drittgrößte globale Einnahmequelle; die Opfer sind überwiegend Frauen, wobei besonders viele von ihnen aus Ländern stammen, die sich in einer Umbruchphase befinden – verursacht durch gesellschaftlichen Wandel oder Krieg – und schlechte Bildungs- und Berufschancen bieten. Sie sehen ihren letzten Ausweg in einer (kurzfristigen) Migration, glauben der Perspektivenlosigkeit entfliehen zu können und stellen aus diesem Grund eine äußerst leichte „Beute“ für Menschenhändler dar.

Durch die extrem restriktive Einwanderungs- und Grenzsicherungspolitik der westlichen Staaten, die eine legale Einreise erschwert, wird der Frauenhandel noch begünstigt. Die häufig jungen Frauen gehen auf dubiose Vermittler ein, um das Zielland auf illegalem Wege zu erreichen. In Europa werden jährlich insgesamt mehrere hunderttausend Menschen verschleppt und verkauft. Der Handel mit Menschen ist eine moderne Form der Sklaverei und umfasst die Ausbeutung als Arbeitskraft, sexuelle Ausbeutungen (zum Beispiel Zwangsprostitution), Leibeigenschaft, Organentnahme wie auch die Ausnutzung von menschlichen Zwangslagen und auslandsspezifischer Hilflosigkeit unter Einsatz von Gewalt, Drohungen oder List. Den Betroffenen werden meist verlockende finanzielle Angebote gemacht, wie zum Beispiel angeblich sehr lukrative Stellenofferten aus dem Ausland. Durch die anfallenden Vermittlungs- und Reisekosten verschulden sich die Menschen und werden damit erpressbar. Kinder und Jugendliche dagegen werden der Familie einfach weggenommen und entführt oder ihren Not leidenden Eltern abgekauft.

Die Bestimmungen des neuen, von der Kommission vorgelegten Entwurfs sind folgende:

 Definition des Straftatbestands, erschwerender Umstände und Verschärfung der Strafen;
 extraterritoriale gerichtliche Zuständigkeit, durch die es ermöglicht wird, EU-Bürger wegen im Ausland begangener Strafen zu verfolgen und Ermittlungsinstrumente wie das Abhören von Telefongesprächen und den Zugriff auf Finanzdaten anzuwenden;
 besondere Behandlung der Opfer in Strafverfahren einschließlich der Nichtbestrafung selbiger, die unter den Folgen eigener krimineller Handlungen zu leiden haben (wie der illegale Aufenthalt in einem Staat der EU);
 höhere Standards für Schutz und Unterstützung von Opfern, insbesondere von Kindern;
 präventive Maßnahmen, die der Nachfrage des Menschenhandels entgegenwirken sollen.

Zudem verlangt die Richtlinie seitens der EU einen „Anti-Menschenhandels-Projektkoordinator“, der von Parlament und Rat ernannt werden muss und diese Funktion fünf Jahre lang ausüben wird. Die Aufgabe ist von großer Relevanz, da durch diesen Koordinator eine konforme Vorgehensweise hinsichtlich der Bekämpfung des Menschenhandels gewährleistet wird.

Wenn die Richtlinie nach Zustimmung des EP in Kraft tritt, ersetzt sie die alte Rahmenvereinbarung 2002/629/JHA und gilt in allen Mitgliedstaaten mit der Ausnahme des Vereinigten Königreichs und Dänemark, die sich ein opt-out offenhalten.

Der Entwurf der Richtlinie ist zu finden unter:
http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/st08/st08157.de10.pdf

Den Stand:
http://www.europarl.europa.eu/oeil/FindByProcnum.do?lang=2&procnum=COD/2010/0065

 



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