Der Bevollmächtigte des Rates - Büro Brüssel

Europa-Informationen Nr. 131

Europäische Kommission zieht Kritik an der Regelung des kirchlichen Arbeitsrechts zurück

(Katrin Hatzinger)

Am 29. Oktober 2009 hat die Europäische Kommission in einer Pressemitteilung berichtet, dass sie als weitere Stufe im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens eine mit Gründen versehende Stellungnahme an Deutschland geschickt hat, um bestehende Mängel bei der Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG zum Verbot der Diskriminierung aufgrund von Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf zu rügen. Die Richtlinie verbietet Diskriminierungen aufgrund all dieser Merkmale, lässt aber in Bezug auf die Religionszugehörigkeit Ausnahmen für Tätigkeiten bei kirchlichen Arbeitgebern zu.

In der Pressemitteilung ist die in einem Brief der Europäischen Kommission an die Bundesregierung vom 31. Januar 2008 enthaltene Kritik an der Umsetzung von Art 4 II der Richtlinie in § 9 AGG zu den beruflichen Anforderungen bei Beschäftigungsverhältnissen in Kirchen und Religionsgemeinschaften nicht aufgeführt. Damals wurde von Sozialkommissar Vladimir Špidla bemängelt, den Kirchen würde im AGG ein zu großer Spielraum bei der Festlegung der beruflichen Anforderungen eingeräumt, der aus der Richtlinie nicht abzuleiten sei. Die Rücksichtnahme auf das Selbstverständnis und Selbstbestimmungsrecht einer Religionsgemeinschaft sei im AGG weiter gehend, als die Formulierung des Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie. Der sehe einen Ausnahmetatbestand lediglich dort vor, wo die Ungleichbehandlung „nach der Art dieser Tätigkeiten oder der Umstände ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos dieser Organisation darstellt“. Die Bundesregierung und die Kirchen haben dem begründet widersprochen.

Die Kommission hat diesen Punkt des Verfahrens nun fallen gelassen. Damit wird von ihr eingeräumt, dass die Umsetzung von Art. 4 II der Richtlinie in 9 AGG europarechtskonform ist. Die Gefahr von Vorlagen nationaler Gerichte vor dem EuGH, die das kirchliche Arbeitsrecht auf den europarechtlichen Prüfstand stellen, ist damit allerdings nicht gebannt. In einem solchen Verfahren kann jetzt aber auf die implizite Anerkennung der Rechtmäßigkeit der deutschen Regelung durch die Kommission verwiesen werden.



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