Der Bevollmächtigte des Rates - Büro Brüssel

Europa-Informationen Nr. 133

Europäische Kommission verstärkt Engagement für Gendergerechtigkeit

(Solveig Müller, Sondervikarin)

Anlässlich des Internationalen Frauentages 2010 präsentierten Kommissionspräsident José Manuel Barroso und dessen Vize-Präsidentin Viviane Reding, Kommissarin für Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft, am 5. März 2010 eine „Frauen-Charta.“

Mit dieser Erklärung will die Europäische Kommission deutlich machen, dass sie sich dem verstärkten Engagement für die Gleichberechtigung von Männern und Frauen verpflichtet weiß. Gendergerechtigkeit müsse in Europa und über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinaus in allen politischen Bereichen gezielt gefördert werden. Denn „nur durch eine nachhaltige Gleichberechtigung ist es uns möglich, bessere Lebensstandards und eine tragfähige Zukunft für alle – Männer wie Frauen – zu gewährleisten“, sagte Barroso.

Die „Frauen-Charta“ gründet sich auf der Gleichstellung von Männern und Frauen als einem fundamentalen Menschenrecht und einem grundlegenden europäischen Wert. Sie gibt fünf Prinzipien vor, die die Europäische Kommission in der vor ihr liegenden Legislaturperiode umsetzen will:

1. Gleiche wirtschaftliche Unabhängigkeit von Männern und Frauen
Aufgrund von Diskriminierung, bildungsspezifischen Vorurteilen, prekären Beschäftigungsverhältnissen u.v.a. werden Frauen in ihren Lebensentscheidungen stark beeinflusst. Sie haben oft nicht die gleichen beruflichen Möglichkeiten wie Männer. Zukünftig müsse sichergestellt werden, dass jede Frau ihr Potenzial und ihre Fähigkeiten voll ausschöpfen kann. Ziel sei es, die Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt voranzutreiben, den Anteil von Frauen in hochqualifizierten Berufen zu erhöhen und die Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben sowohl für Frauen als auch für Männer zu gewährleisten.

2. Gleiches Entgelt für gleiche bzw. gleichwertige Arbeit
In der EU verdienen Frauen im Durchschnitt 18 % weniger als Männer bei gleicher bzw. gleichwertiger Tätigkeit. Dadurch haben sie weniger Rücklagen und einen geringeren Rentenanspruch. Sie haben größere Schwierigkeiten, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und sind einem höheren Armutsrisiko ausgesetzt. Deshalb müssen unter Zuhilfenahme sämtlicher legislativer und nichtlegislativer Instrumente die Löhne und Gehälter von Männern und Frauen in einem signifikanten Maße angeglichen werden.

3. Gleichberechtigte Beteiligung an Entscheidungsprozessen
Gendergerechtigkeit umfasst gleichberechtigte Einbeziehung von Männern und Frauen in Entscheidungsprozesse – im öffentlichen wie im privaten Bereich. Um dies zu gewährleisten, müsse der Anteil von Männern und Frauen in Führungspositionen ausgeglichen werden.

4. Würde, Unverletzlichkeit der Person und das Ende geschlechtsspezifischer Gewalt
Jede Form von geschlechtsspezifischer Gewalt verletzt fundamentale Menschenrechte, insbesondere die Achtung der Würde eines Menschen, das Recht auf Leben und die Wahrung der Unverletzlichkeit der Person. Um geschlechtsspezifischer Gewalt ein Ende zu setzen und den Betroffenen Beistand zu leisten, müssen sie entsprechende Maßnahmen verstärkt werden. Besondere Aufmerksamkeit werde der Bekämpfung der noch immer traditionell weit verbreiteten Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen gegeben.

5. Gendergerechtigkeit über die EU-Grenzen hinaus
Gendergerechtigkeit müsse ein wesentlicher Aspekt europäischer Außenpolitik werden, denn der Ausbau von Geschlechtergerechtigkeit, die Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt und die Förderung der Rechte der Frauen sind weltweit wesentlich für den Aufbau bzw. Schutz demokratischer Gesellschaften.

Um diese fünf Ziele umzusetzen, will die Europäische Kommission mit allen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren, die sich um die Durchsetzung von Gendergerechtigkeit bemühen, zusammenarbeiten. Eine neue Strategie für die Gleichstellung von Männern und Frauen soll den Rahmen für die Umsetzung der Frauen-Charta in allen politischen Bereichen vorgeben. Sie soll Mitte dieses Jahres verabschiedet werden. Der politische Wille der einzelnen Mitgliedstaaten, sich für Gendergerechtigkeit einzusetzen, wird dabei wohl ohne politischen Druck nicht zu erhöhen sein. Berichte zur Umsetzung der Charta für Frauen in den Mitgliedstaaten, die regelmäßig herausgegeben werden sollen, werden die Gendergerechtigkeit allein nicht vorantreiben.


Die „Frauen-Charta“ ist unter folgendem Link zu finden:
http://ec.europa.eu/social/main.jsp?langId=de&catId=89&newsId=726&furtherNews=yes



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