Der Bevollmächtigte des Rates - Büro Brüssel

Europa-Informationen Nr. 133

Umsetzung der Goldstone-Empfehlungen

(Mira B. Ragunathan)

Am 10. März 2010 verabschiedete das Europäische Parlament eine Entschließung zur Umsetzung der Empfehlungen des Goldstone-Berichts vom 15.  September 2009, der anlässlich des 22-tägigen Gaza-Krieges in der Jahreswende 2008/09 im Auftrag des UN-Menschenrechtsrates von der United Nations Fact Finding Mission on the Gaza Conflict unter Leitung des südafrikanischen Richters Richard Goldstone verfasst. erstellt worden war.

In dem Bericht wurden Kriegsverbrechen und die Verletzung der Menschenrechte vor allem von israelischer Seite festgestellt. Darüber hinaus wurde darin der Vorwurf geäußert, die Operation „Gegossenes Blei“ habe sich gegen „die Bevölkerung des Gaza-Streifens als Ganzes“ gerichtet. Goldstone sprach die Empfehlung aus, von Israel eine unabhängige Untersuchung mutmaßlicher Verbrechen zu fordern. Sollte sich Israel dieser Forderung verweigern, müsse der Fall vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag verhandelt werden.

In ihrer Entschließung verweisen die Abgeordneten auf die „für das Erreichen eines gerechten und dauerhaften Friedens“ im Nahen Osten notwendige „Einhaltung des humanitären Völkerrechts durch alle Seiten und unter allen Umständen“ und fordern eine unabhängige und unparteiliche Ermittlung möglicher Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht von israelischer wie palästinensischer Seite. Bedingung für eine friedliche Koexistenz beider Staaten sei die Wahrung der Menschenrechte durch alle Konfliktparteien.

Besonders besorgt zeigen sich die Abgeordneten angesichts des massiven Drucks, dem die an der Berichterstattung beteiligten NGOs ausgesetzt waren, und sprechen sich daher ausdrücklich für eine bessere Zusammenarbeit von staatlichen Behörden mit nichtstaatlichen Institutionen aus.

Mit der Resolution 64/10 vom 5. November 2009 war der Bericht bereits von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen worden. Darüber hinaus wurden Israel und die im Gazastreifen herrschende Hamas aufgefordert, jeweils binnen drei Monaten Kommissionen zu bilden, die unabhängig und glaubwürdig den Vorwurf von Kriegsverbrechen überprüfen.

Dieser Aufforderung ist man jedoch sowohl von israelischer wie von palästinensischer Seite nicht vollends nachgekommen. Zwar reichten beide Parteien ihre Berichte über die Untersuchung und Aufklärung von Kriegsverbrechen fristgerecht ein, doch konnten diese, wie auch die Abgeordneten des Europäischen Parlaments beklagen, hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit den internationalen Anforderungen nicht standhalten.

Die UN-Generalversammlung hat daher eine zweite Resolution am 26. Februar 2010 verabschiedet, mit der die Konfliktparteien zur Vornahme weiterer Ermittlungen unter Einhaltung international geltender Standards bei den Ermittlungen und zur erneuten Berichterstattung innerhalb eines Zeitraums von 5 Monaten aufgefordert werden.

Die EU-Mitgliedstaaten konnten sich bisher auf keine gemeinsame Positionierung bezüglich der Empfehlungen des Goldstone-Berichts einigen und zeigten sich in der Abstimmung der UN-Generalversammlung uneins. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments fordern die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsidentin der Kommission und die Mitgliedstaaten in ihrer Entschließung zu geschlossenem Auftreten auf: in der Öffentlichkeit soll die EU sich für die Umsetzung der Goldstone-Empfehlungen stark machen und betreffende Akteure zur Übernahme von Verantwortung für Verstöße gegen humanitäres Völkerrecht auffordern.

Vor dem Hintergrund, dass die Gewährleistung humanitären Völkerrechts nicht erzwungen werden kann, sondern vielmehr über den Druck der internationalen Staatenwelt abgesichert werden muss, ist der Ruf nach geschlossenem Auftreten der EU-Mitgliedstaaten aus kirchlicher Sicht zu begrüßen. Die in der Entschließung problematisierte Bereitschaft von Behörden zur Zusammenarbeit mit NGOs ist ein wichtiger Schritt in Richtung vertrauensbildender Maßnahmen, mit denen ein Fortschritt in der Friedensarbeit im Nahen Osten steht und fällt.


Die Entschließung des EP finden Sie:
http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P7-TA-2010-0054+0+DOC+XML+V0//DE

 



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