Der Bevollmächtigte des Rates - Büro Brüssel

Europa-Informationen Nr. 133

„Außenpolitik aus einem Guss“: Was soll der Auswärtige Dienst der EU tun und wer bestimmt darüber?

(Patrick Roger Schnabel)

Am 26. April 2010 nahm der Rat der Europäischen Union auf Vorschlag der Hohen Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik und  Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Baroness Catherine Ashton, eine politische Übereinkunft zu einem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Organisation und Funktionsweise des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) an. Damit liegt nun ein konkreter Vorschlag auf dem Tisch, zu dem sich insbesondere das Europäische Parlament (EP) verhalten muss, das bereits große Bedenken signalisiert hat.

Beim EAD soll es sich um eine funktional unabhängige EU-Behörde unter Leitung der Hohen Vertreterin  handeln. Sitz ist Brüssel, hier soll ein Generalsekretariat die Arbeit koordinieren; die Delegationen weltweit werden jedoch von der Personalstärke deutlich größer sein. Hauptaufgabe des Dienstes ist es, Ashton bei ihrer Aufgabe zu unterstützen, die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) zu entwickeln und zu leiten und für eine kohärente EU-Außendarstellung und -politik zu sorgen. Außen- und entwicklungspolitische Ziele der EU sollen dabei beachtet, Dopplungen mit anderen EU-Institutionen sollen vermieden werden: Gegenseitige Konsultation von EAD und Kommissionsdienststellen in allen Fragen auswärtigen Handelns außerhalb der GASP sollen vorgeschrie-ben werden.

Der EAD soll einen Generalsekretär und zwei Stellvertreter erhalten. Die Delegationen unterstehen der Hohen Vertreterin und dem EAD. Diese bemühen sich, dass ihre Mitarbeiter überall Diplomatenstatus erhalten. Der Delegationsleiter soll bevollmächtigt werden, die EU gegenüber dem jeweiligen Staat zu vertreten und Verträge für sie abzuschließen. Die Mitarbeiter kommen zu mindestens einem Drittel aus den diplomatischen Diensten der Mitgliedstaaten, die übrigen aus Rat und Kommission, wobei es deutliche Signale von Ashton an das EP gibt, dass sie mehrheitlich Kommissionsbedienstete sein sollen. Alle Mitarbeiter, auch entsandte Nationale Experten, haben ausschließlich Weisungen der Hohen Vertreterin und des EAD zu akzeptieren und den Interessen der Union zu dienen während sie im EAD beschäf-tigt sind. Auf eine adequate Repräsentation aller Mitgliedstaaten im EAD ist zu achten.

Um die Konsistenz des auswärtigen Handels der EU sicherzustellen, sollen folgende Programme vom EAD verwaltet werden:

  • Das Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit 
  • Der Europäische Entwicklungsfonds 
  • Das Finanzierungsinstrument zur Förderung von Demokratie und Menschenrechten
  • Das Europäische Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument 
  • Das Finanzierungsinstrument für die Zusammenarbeit mit industrialisierten Ländern und Gebieten sowie mit anderen Ländern und Gebieten mit hohem Einkommen 
  • Das Instrument für Zusammenarbeit im Bereich der nuklearen Sicherheit

Soweit die Entwicklungszusammenarbeit berührt ist, insbesondere die Verwaltung des Finanzierungsinstruments für die Entwicklungszusammenarbeit und der Europäische Entwicklungsfonds, arbeitet der EAD unter der Aufsicht und Führung des Entwicklungskommissars, der die Vorschläge zusammen mit der Vizepräsidentin einreicht. Entsprechendes gilt für das Nachbarschaftsinstrument und die Zusammenarbeit mit dem zuständigen Kommissar. Auch bei themati-schen Programmen soll die Arbeitsteilung zwischen Entwicklungskommissar und Hoher Vertreterin greifen. Die Generaldirektion für Außenbeziehungen wird fast vollständig in den EAD integriert, ebenso der bisherige Außendienst, sowie einige Direktionen und Abteilungen der Generaldirektion Entwicklung.

Das EP soll seine vertraglichen Aufgaben vollumfänglich erfüllen können und zusätzlich unverbindlich zu den Grundentscheidungen der GASP konsultiert werden. In der auch schon in der Aufgabenteilung mit der EU-Kommission deutlich gewordenen klaren Abgrenzung von intergouvernementalen und vergemeinschafteten Aufgaben innerhalb des EAD liegt eine der Hauptschwierigkeiten für die Europaparlamentarier. Schon bei Bekanntwerden der ersten konkreteren Vorschläge im März hatten sich die zuständigen Sprecher der wichtigen politischen Gruppen im EP ablehnend geäußert. Der deutsche Abgeordnete Elmar Brok (EVP) und der Belgier Guy Verhoefstadt (ALDE) haben zusammen ein Papier vorgelegt, in dem die Kritikpunkte und Vorstellungen des Parlaments dargestellt werden. Während einige der sehr detaillierten Vorschläge wohl die Meinung der beiden Mitglieder des EP widerspiegeln, dürften die Kernforderungen von allen Gruppen geteilt werden: Das Papier ist ein Ergebnis längerer Konsulationen in den Fachausschüssen.

Die zentrale Forderung der Abgeordneten ist, dass der EAD der vollständigen finanziellen und politischen Kontrolle des EP unterliegt. Ersteres  ist unstrittig, aber im zweiten Bereich gibt es Probleme: Die intergouvernementalen Arbeitsbereiche (GASP) sind nach den Verträgen der Kontrolle des EP entzogen. Um sich dennoch Einfluss zu sichern, möchte das Parlament einige Konsultationspflichten in das konkrete Mandat für den Dienst hineinverhandeln, u.a. für Ratsbeschlüsse in Bereichen, die unter der Haushaltskontrolle des EP stehen (Missionen), und Personalentscheidungen für Führungspositionen. Um sich Einfluss auf das Mandat zu sichern, das nur vom Rat beschlossen werden muss, behandeln die Abgeordneten die Änderungen an den Finanz- und Personalstatuten und das politische Statut des EAD als ein Paket: Wenn es im dritten Teil zu viele Punkte gibt, die das EP nicht mittragen kann, verweigert es die Zustimmung zu den beiden ersten, die unter das Mitentscheidungsverfahren fallen. Kritisch sahen die Abgeordneten auch die Funktion des Generalsekretärs und seiner Stellvertreter. Hier haben sie klar gemacht, dass sie politische Vertreter, nicht EU-Beamte als Vertreter der Hohen Vertreterin sehen wollen – am besten die Kommissare, deren Zuständigkeiten ebenfalls vom EAD erfasst sind (Entwicklung, Humanitäre Hilfe und Nachbar-schaft). Die drei sind bereits Anfang März als politische Vertreter Ashtons in der Kommission benannt worden.

Allerdings wird es den Parlamentariern schwer fallen, alle Forderungen angesichts der Doppelstruktur von intergouvernementalen und Unionshandeln durchzusetzen. Die Mitgliedstaaten werden im EAD keinen Teil der EU-Kommission sehen, sondern einen Dienst im Zwischenbereich beider Handlungsoptionen. Soll die EU-Außenpolitik wirklich aus einem Guss sein, spräche zwar viel für die Forderungen des EP, nicht nur die finanzielle, sondern auch weitreichende politische Kontrolle über den EAD zu bekommen. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür sind aber dürftig. Es ist die Frage, wie viel Druck das EP über eine Verzögerung des Verfahrens ausüben kann, um den Mit-gliedstaaten einige Punkte abzuringen. Haushaltspolitische Druckmittel haben schon in der Vergangenheit Erfolge erbracht. Gelingt das nicht, behält sich das EP vor,  zu verlangen, dass Politikfelder wie etwa die Entwicklungshilfe dem EAD entzogen und ausschließlich bei der Kommission angesiedelt werden.

Hier finden Sie den Vorschlag:
http://eeas.europa.eu/docs/eeas_draft_decision_250310_en.pdf
 
Hier finden Sie den Vorschlag Brok/Verhofstadt:
http://www.europarl.europa.eu/meetdocs/2009_2014/documents/afet/dv/201/201004/20100428noteoneeas_en.pdf



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