Richtlinie zur Bekämpfung sexuellen Missbrauchs und sexueller Ausbeutung von Kindern

(Doris Klingenhagen)

Am 27. Oktober 2011 haben die Mitglieder des Europäischen Parlaments dem überarbeiteten Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornographie zugestimmt.

Bereits im März 2010 legte die Kommission einen Vorschlag für diese Richtlinie vor, um die Rechtsvorschriften den neuen Formen des Missbrauchs mittels neuer Informationstechnologien anzupassen, Elemente zu beseitigen, die die Strafverfolgung außerhalb des nationalen Hoheitsgebietes behindern und besser auf die Bedürfnisse der Opfer von Kindesmissbrauch einzugehen sowie geeignete Maßnahmen zur Verhinderung von Sexualstraftaten zu treffen.

 

Dieser Vorschlag wurde vom Rat und dem Europäischen Parlament in der ersten Jahreshälfte 2011 diskutiert und mit Änderungen versehen.

Der neue Richtlinienvorschlag enthält Bestimmungen über die Verfolgung von Straftätern, über Verbrechensprävention und den Schutz von Opfern im Kindesalter. Sie berechtigt Arbeitgeber, Strafregister einzusehen und sieht Aufklärungskampagnen und die Fortbildung von Fachkräften vor. Außerdem verpflichtet die Richtlinie die Mitgliedsstaaten dazu, kinderpornographische Internetseiten von Servern in ihrem Staatsgebiet zu entfernen.

 

Im Wesentlichen umfasst der Richtlinienvorschlag Neuerungen in folgenden Bereichen:

Im Strafrecht: Zahlreiche Formen des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung werden unter Strafe gestellt. Insbesondere neue, durch das Internet begünstigte Kontaktaufnahmen zu Kindern zum Zwecke des sexuellen Missbrauchs wie das „Grooming“ oder das Ansehen von kinderpornographischem Material. Genauere Vorschriften zum Strafmaß sorgen für eine einheitliche Klassifizierung von Verstößen und verringern die Unterschiede zwischen den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten. 

Im Tourismus: Zur Bekämpfung des sogenannten Kindersextourismus können nationale Behörden Staatsangehörige auch dann strafrechtlich verfolgen, wenn die Straftat außerhalb des eigenen Landes begangen wurde. Die Organisation von Sextourismusreisen und die Werbung damit werden verboten.

In der Verfolgung von Straftätern: Bis zur Volljährigkeit des Opfers wird es in jedem Mitgliedstaat möglich sein, ein Verfahren zu eröffnen. Personen, die mit Kindern arbeiten, können trotz Vertraulichkeitsbestimmungen Verstöße anzeigen. Zur Identifizierung von Opfern – insbesondere von Kinderpornographie - wird die Polizei verpflichtet Sondereinheiten einzurichten.

Beim Opferschutz: Kinder erhalten umfassende Unterstützung, Betreuung und Schutz unabhängig von einem Strafverfahren; der Zugang zu Rechtsmitteln wird erleichtert und Kinder erhalten eine besondere Betreuung zur Vermeidung von Traumata.

In der Prävention: Überführte Straftäter werden einem Programm zur Risikoabschätzung unterzogen und in ein Programm der Rückfallverhinderung eingewiesen. Um Missbrauchstäter an der Aufnahme einer Tätigkeit mit Kindern in anderen EU-Staaten zu hindern, sieht die Neuregelung einen intensiven Informationsaustausch vor. Arbeitgebern wird das Recht eingeräumt, künftig über entsprechende Vorstrafen, auch im EU-Ausland, Auskünfte einzuholen. Zur Erkennung und Sensibilisierung von sexueller Gewalt gegen Kinder werden Weiterbildungen, Erziehungsprogramme und Kampagnen durchgeführt.

Im Internet: Um die Verbreitung von Kinderpornographie im Internet zu stoppen, werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, Internetseiten mit kinderpornographischem Inhalt von Servern in ihrem Staatsgebiet zu entfernen und auch außerhalb der eigenen Grenzen darauf hinzuwirken. Der kritische Punkt, verpflichtende Sperren EU-weit einzuführen, wurde nicht durchgesetzt. Die Mitgliedstaaten können jedoch Maßnahmen ergreifen, um den Zugang zu Internetseiten, die Kinderpornographie enthalten oder verbreiten, für die Internetnutzer in ihrem Gebiet zu sperren.

 

Die Europäische Kommissarin für Inneres Cecilia Malmström kommentierte die Zustimmung des Europäischen Parlaments zum überarbeiteten Vorschlag der Richtlinie: „Die EU toleriert nicht, dass Kinder von Kriminellen als Objekte zur Befriedigung ihres Sexualtriebs missbraucht oder als Ware gehandelt werden. Wir machen es leichter, Verbrechen an Kindern zu ahnden und zu verhindern. Gleichzeitig schützen wir die Opfer besser. Die neuen EU-Rechtsvorschriften werden maßgeblich zum Schutz der Kinder vor solchen Verbrechen beitragen.“

 

Die EU-Justizminister werden voraussichtlich Anfang Dezember die neue Richtlinie der EU gegen sexuellen Missbrauch und sexuelle Ausbeutung von Kindern beschließen.

 

Den vom EU-Parlament abgestimmten Richtlinienvorschlag finden sie hier:

http://www.europarl.europa.eu



erweiterte Suche