Anstrengungen zur Neuansiedlung von Flüchtlingen EU-weit verstärken

(Katrin Hatzinger)

Bereits im September 2009 hatte die Europäische Kommission ihren Vorschlag für ein europäisches Programm zur Neuansiedlung von Flüchtlingen vorgestellt (EKD-Europa-Informationen Nr. 130). Die Initiative beruht auf der Idee, dass durch eine bessere Absprache und Koordinierung der Aufnahme unter den EU- Staaten der humanitäre und strategische Effekt der Neuansiedlung erhöht werden könnte. Unter Neuansiedlung (Resettle­ment) versteht man die Umsiedlung eines Flüchtlings aus dem Erstasylland in ein anderes Land, wo er dauerhaften Schutz genießt. Eine Neuansiedlung ist dann angezeigt, wenn weder eine Rückkehr in die Heimat noch eine Integration vor Ort als Schutzalternativen in Betracht kommen. Resettlement ergänzt damit das reguläre Asylverfahren. Voraussetzung ist, dass die Behörde des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) den Flüchtlingsstatus feststellt; nur wer anerkannter Flüchtling ist, kommt für Resettlement in Betracht. Aufgrund von Kompetenzrangeleien zwischen Europäischem Parlament und Rat in Verfahrensfragen hat sich bedauerlicherweise in Brüssel seitdem politisch wenig bewegt, doch die Not der Flüchtlinge nimmt zu und eine europäische Anstrengung zur Hilfe für Schutzsuchende ist dringender denn je von Nöten. Bislang unterhalten nur 10 der 27 EU-Staaten ein festes Neuansiedlungsprogramm. Deutschland engagiert sich im Wege der ad-hoc Aufnahme, verfügt aber bislang nicht über ein dauerhaftes Programm zur Neuansiedlung.

 

Die Synode der EKD hat sich auf Ihrem Treffen in Magdeburg vom 6. bis zum 9. November des Themas angenommen. In den Mittelpunkt ihres Beschlusses zur Einrichtung eines festen Neuansiedlungsprogramms hat sie insbesondere drei Flüchtlingskrisen gestellt, die allerdings nur symptomatisch für das Flüchtlingsleid weltweit stehen.

 

1.   Die prekäre Situation der Angehörigen christlicher Minderheiten aus dem Irak, die nach Syrien geflohen waren und nun von den Aggressionen des Assad-Regimes betroffen sind.

2.   Die bereits vom UNHCR registrierten rund 5600 Flüchtlinge aus dem Sudan, Somalia, Eritrea und anderen Sub-Sahara-Konflikt­staaten, die sich vor Ausbruch der kriegerischen Auseinandersetzungen in Libyen aufgehalten haben und nun ins Grenzgebiet zu Tunesien bzw. Ägypten geflohen sind und dort unter menschenunwürdigen Bedingungen in Flüchtlingslagern leben.

3.   Die Flüchtlinge in der Türkei, die z.B. aus dem Iran, dem Irak oder Afghanistan geflohen sind. Sie werden in der Türkei vielfach nicht als Flüchtlinge anerkannt, da die Genfer Flüchtlingskonvention dort nur eingeschränkt gilt.

 

Angesichts dieser bedrückenden Flüchtlingssituation stellt die Synode in ihrem Beschluss fest, dass „die Neuansiedlung von Flüchtlingen (Resettle­ment) dazu beitragen kann, die Not der Schutzsuchenden zu lindern und eine verfestigte Flüchtlingssituation zu entspannen.“

 

Unter Bezugnahme auf das Wort der Diakonischen Konferenz zum 60. Jahrestag der Genfer Flüchtlingskonvention, bittet die Synode den Rat der EKD,

 

1.   sich gegenüber den europäischen Institutionen für die Einrichtung eines Europäischen Neuansiedlungsprogramms einzusetzen, damit die EU mehr Resettlementplätze als bisher zu Verfügung stellt;

2.   sich gegenüber der Bundesregierung für die Einrichtung eines dauerhaften Neuansiedlungsprogramms einzusetzen, nach dem jährlich eine bestimmte Anzahl besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge in Deutschland Aufnahme finden kann. Dabei sind die EKD, die Gliedkirchen und kirchlich-diakonische Einrichtungen gefordert, die Neuankömmlinge bei ihrer Integration, auch in den Arbeitsmarkt, zu unterstützen.

 

Hinsichtlich der Flüchtlinge in den Lagern in Salloum (Ägypten) und Chousha (Tunesien) haben sich bislang nur Belgien, Dänemark, Finnland, Irland, die Niederlande, Portugal und Schweden bereit erklärt, Flüchtlinge neuanzusiedeln.

 

Was die Einrichtung eines europäischen Resettlement-­Programms anbelangt, so gibt es aus Brüssel vorsichtige Anzeichen, dass die festgefahrene Situation Anfang 2012 durch einen neuen Vorschlag der Kommission aufgebrochen werden könnte. Es wäre zu wünschen, auch wenn ein europäisches Neuansiedlungsprogramm natürlich nicht auf einen Schlag alle Probleme lösen wird.



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