Der Bevollmächtigte des Rates der EKD

Europa-Newsletter Nr. 125

EuGH stärkt Rechte von Terrorverdächtigen

Friedrich von Massow

In einem Urteil vom 3. September 2008 hat der europäische Gerichtshof entschieden, dass der Europäische Rat die Rechte zweier Kläger, eines Geschäftsmannes aus Jiddah und einer islamischen Stiftung, verletzt habe, indem er Konten der Kläger blockierte, ohne dass es dagegen Rechtsschutzmöglichkeiten gab (Az. C-402/05 P und C-415/05 P). Die beiden Kläger stehen auf der Liste des UN-Sicherheitsrates der Personen und Organisationen, die den islamistischen Terrorismus finanzieren. Diese Liste wurde durch den Rat der Europäischen Union ins Gemeinschaftsrecht übernommen (Verordnung EG 881/2002). Die Kläger wenden sich gegen ihre Aufnahme in die Liste, die ohne Begründung erfolgt ist.

Der EuGH hat nun entschieden, dass die Kläger durch die Verordnung in ihren Rechten auf ein faires Verfahren und effektive Verteidigungsmöglichkeiten verletzt werden. Der Gerichtshof erkennt zwar an, dass Maßnahmen gegen Terrorverdächtige auch ohne vorherige Warnung erfolgen können müssen, stellt aber fest, dass zumindest nachträglich eine Begründung erfolgen muss. Der Gerichtshof hob die angegriffenen Maßnahmen trotzdem nicht sofort auf, sondern gab dem europäischen Gesetzgeber drei Monate Zeit, die Entscheidung zu begründen und die Betroffenen anzuhören. Erst wenn innerhalb dieser Frist keine ausreichende Begründung erfolgt, werden die Maßnahmen für nichtig erklärt. Weiter bestätigt der Gerichtshof, dass die Gemeinschaftsgerichtsbarkeit nicht über die Rechtmäßigkeit von Maßnahmen des UN-Sicherheitsrates entscheiden aber die Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht überprüfen könne, wenn diese Maßnahmen auf der EU-Ebene umgesetzt werden.

Die EU führt zwei Listen von Personen und Organisationen, die den Terrorismus finanzieren. Eine ist die von den Vereinten Nationen aufgestellte Liste, die 370 Einzelpersonen und 60 Organisationen umfasst. Um diese Liste ging es in dem vom EuGH entschiedenen Fall. Die andere Liste wird von der EU selbst aufgestellt. Auch diese Liste ist Gegenstand von Gerichtsverfahren und steht neuerdings wegen der Aufnahme der iranischen Oppositionsgruppe der Volksmudschaheddin in der Kritik von internationalen Juristen und Europaparlamentariern.

Die Verordnung EG 881/2002 findet sich im Internet unter:
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2002:139:0009:0022:DE:PDF

Näheres zu dem Urteil des EuGH finden Sie unter:
http://curia.europa.eu/de/actu/communiques/index.htm



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