Der Bevollmächtigte des Rates der EKD

Europa-Newsletter Nr. 126

Zukunft der zivilrechtlichen Antidiskriminierungsrichtlinie weiter ungewiss

Patrick Roger Schnabel

Ursprünglich war für die Sitzung des Rates am 15. Dezember 2008 die endgültige Abstimmung der Mitgliedstaaten über ihre Position zum Kommissionsentwurf für eine neue Gleichstellungsrichtlinie geplant. Allerdings bleibt fraglich, ob die Richtlinie überhaupt im Dezember den Rat passiert.

Sie soll alle noch nicht anderweitig abgedeckten Diskriminierungsgründe aus Art. 13 EGV (Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexuelle Ausrichtung) und den Zivilrechtsverkehr wie den Zugang zu öffentlichen Gütern und Dienstleistungen umfassen (vgl. Europa-Informationen Nr. 125). Unter vielen Kirchen gibt es skeptische Stimmen zu diesem Richtlinienentwurf. Diese werden bestärkt durch die Erfahrungen mit der Auslegung der bestehenden arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsrichtlinie durch die EU-Kommission (KOM), die das kirchliche Selbstbestimmungsrecht in Deutschland und anderen Staaten zu gefährden droht.

Allerdings sollte positiv vermerkt werden, dass die KOM mögliche Einwände von dieser Seite bereits antizipiert und sich in der Ausgestaltung entgegenkommend gezeigt hat. So ist die korporative Religionsfreiheit generell und insbesondere im Bildungssektor berücksichtigt. Einige Formulierungen werfen jedoch Fragen auf - wie insgesamt viele eher vage Bestimmungen und Definitionen in der Richtlinie Anlass zur Sorge geben, dass diese Rechtsunsicherheit schaffen und dadurch die Gerichte über Gebühr belasten könnte. Während die EKD und einige andere Kirchen Vorschläge zur Nachbesserung an bestimmten Formulierungen in die Verhandlungen im Parlament einbringen, zeigt sich die Bundesregierung, aber auch Tschechien und andere Mitgliedstaaten noch skeptisch: Zum einen bewirken die zahlreichen Vertragsverletzungsverfahren bei der alten (arbeitsrechtlichen) Gleichstellungsrichtlinie auch bei den Regierungen Zurückhaltung, zum anderen teilen diese die Kritik an den vielen Unklarheiten im Entwurfstext.

Eine Einigung unter französischer Ratspräsidentschaft erscheint höchst unwahrscheinlich, es ist allerdings auch nicht zu erwarten, dass die tschechische Präsidentschaft intensiv für eine Verabschiedung eintreten wird. Damit wäre das Projekt in dieser Legislaturperiode, die mit den Europawahlen im Juni 2009 praktisch endet, nicht mehr zu verwirklichen. Dabei sind neue Pläne schon am Horizont: Die „Antidiskriminierungslobby" möchte die geplante und die bestehenden Richtlinien bis 2013 zu einer einzigen zusammen führen.

Das Rechtsetzungsverfahren kann verfolgt werden unter:
http://www.europarl.europa.eu/oeil/file.jsp?id=5661642



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