Der Bevollmächtigte des Rates - Büro Brüssel

Studie: Die Hälfte der Europäer würde für einen Arbeitsplatz umziehen

(Christine Schumann, Rechtsreferendarin)

 

Am 13. Juli 2010 hat die Europäische Kommission einen Bericht über EU-Arbeiternehmer-Mobilität veröffentlicht. Etwa 11,3 Millionen Europäer leben und arbeiten in einem anderen EU-Land als dem eigenen – das sind zwar vier Millionen mehr als vor zehn Jahren, doch immer noch lediglich 2,3 % der Gesamtbevölkerung der EU. Diese Zahlen sind Beweis dafür, dass nicht genügend Europäer von ihrem Recht Gebrauch machen, europaweit zu arbeiten – einer der größten Vorteile des europäischen Binnenmarkts und wichtig für dessen Erfolg. Doch neue Eurobarometer-Umfragen besagen, dass 17% der Europäer sich vorstellen könnten, zukünftig im Ausland zu arbeiten und 48% würden bei der Suche nach Arbeit in Betracht ziehen, in ein anderes Land oder eine Region zu ziehen, wenn sie ihren Job verlieren würden.

 

Der Bericht ist Teil eines erneuten Versuchs, Europäern die Aufnahme einer Arbeit in einem anderen EU-Land zu erleichtern. In der Strategie Europa 2020 werden die mobileren Arbeitskräfte als wichtiger Faktor zur Senkung der während der Rezession stark angestiegenen Arbeitslosigkeit genannt. Im Mai 2009 lag die Arbeitslosenrate europaweit bei 9,6 %. Vor der Finanzkrise betrug sie nur 6,8 %.

 

„Das Recht auf Leben und Arbeit in einem anderen europäischen Land ist eine der Grundfreiheiten der EU, aber zu wenige Menschen profitieren derzeit von diesem Recht,“ erklärte László Andor, EU-Kommissar für Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Integration, der den Bericht vorstellte.

 

Aus einer parallel zu dem Bericht veröffentlichten Umfrage ergibt sich, dass:

 

§  60 % der Europäer denken, dass es gut für die europäische Integration ist, sich zwischen den Ländern oder Regionen zu bewegen, 50 % denken, dass es gut für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt ist.

 

§  48 % der Europäer denken, dass es für Einzelpersonen eine gute Möglichkeit ist, innerhalb der EU zu arbeiten und zu leben, aber wenn es sich um Familien handelt, sinkt die Akzeptanz.

 

§  10% der Europäer gaben an, dass sie entweder innerhalb oder außerhalb der EU zu einem Zeitpunkt in ihrem Leben einer Arbeit nachgingen, während 13% dies für Bildung und Ausbildung getan haben. 41% kennen einen Freund oder einen Verwandten der im Ausland entweder gearbeitet oder studiert hat.

 

§  17% der Europäer beabsichtigen, in der Zukunft im Ausland zu arbeiten, angefangen von 51% in Dänemark, 38 % in Estland und 37 % in Schweden bis hin zu nur 8 % in Österreich und Griechenland oder 4 % in Italien.

 

§  34% der Europäer schätzen die Chancen, im Ausland Arbeit zu finden höher ein als in ihrem Heimatland.

 

In dem Bericht wird auch der aktuelle Stand der Rechte von EU-Migranten im Lichte verschiedener Gerichtsurteile der letzten zehn Jahre betrachtet, die eine breitere Anwendung dieser Rechte bewirkt haben. So hat der Europäische Gerichtshof zum Beispiel entschieden, dass auch befristet beschäftigte Arbeitnehmer und Sportler, die für die Teilnahme an Wettkämpfen in anderen EU-Ländern bezahlt werden, als Arbeitnehmer anzusehen sind.

 

Hintergrund für die Veröffentlichung des Berichts über die Freizügigkeit im Hinblick auf Arbeit ist, dass jeder EU-Bürger das Recht hat, in einem anderen Mitgliedstaat zu leben und zu arbeiten ohne wegen seiner Nationalität diskriminiert zu werden. Gesichert wird dieses Recht der Arbeitnehmerfreizügigkeit gleich zweifach, zum einen in Artikel 15 Absatz 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und in Artikel 45 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Aber abgesehen von den rechtlichen Hürden gibt es verwaltungstechnische und praktische Probleme für mobile Europäer. Eine Wohnung und eine Beschäftigung für den Ehepartner zu finden sowie Sprachprobleme sind nur einige Faktoren, die bei einem Umzug ins Ausland eine Rolle spielen.

 

Den Bericht finden Sie unter:

http://ec.europa.eu/



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