Auslegung des Monatsspruches für den Juni 2009

Prälat Dr. Bernhard Felmberg

 Petrus sagte: Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht, sondern dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist.
(Apg 10,34-35)

Die Geschichte, aus der unser Monatsspruch stammt, ist die Geschichte eines Soldaten in römischen Diensten. Dem Dienstgrad nach war er Hauptmann. Stationiert war er im antiken Cäsarea, dem heutigen türkischen Kayseri. Der Hauptmann war fromm und gottesfürchtig, gab reichlich Almosen, und eines Tages erschien ihm ein Engel Gottes, der ihn – wie in der Bibel üblich – zunächst namentlich begrüßte: „Kornelius!“ sprach der Engel. Der so Gegrüßte erschrak heftig. Geistesgegenwärtig fragte er den Engel, in welcher Angelegenheit er zu ihm käme. Nun, die Sache ist recht einfach: die Gebete und die Almosen des Hauptmanns seien – wie es in der Apostelgeschichte heißt – „hinaufgekommen ins Gedächtnis vor Gott“. Der Hauptmann – so der Engel weiter – möge Männer in die Stadt Joppe schicken, um von dort einen Mann namens Petrus zu holen. Der Hauptmann tut, wie ihm der Engel gesagt hat. Er überlegt sich nicht lange, ob Erscheinungen von Engeln überhaupt möglich sind, ob er vielleicht übermüdet ist und halluziniert, ob er am Abend zuvor zu tief ins Glas geschaut hat oder ob er zum Arzt gehen sollte. Nein, er weiß schlicht und einfach. „Ich habe Kontakt mit dem Himmel gehabt!“ Es ist ihm, als haben ihn himmlische Heerscharen befehligt, das Aufgegebene zu tun. Und so wie er wollte, dass auf ihn gehört wurde, so hörte er auf das, was der Engel ihm auftrug.

Die Boten des Hauptmanns kommen zu Petrus. Der hatte zwischenzeitlich eine Vision gehabt, in der ihm der Besuch und das Anliegen der Boten angekündigt worden war. Petrus zieht mit den Boten nach Caesarea. Kornelius bittet Petrus, in seinem Haus zu predigen. In diesem Moment erkennt Petrus, dass die Botschaft von Jesus allen Menschen gilt, egal, welchen Hintergrund sie haben, egal, wo sie leben. War nicht dieser gottesfürchtige Heide das beste Beispiel dafür? Ja, wahrhaftig! Die Erfahrung lehrt, dass wir gerade an den Stellen auf Glaubenskraft treffen, wo wir nicht damit gerechnet haben. Menschen begegnen uns, die wir niemals als Glaubende auf dem „Bildschirm“ gehabt hätten, aber auf einmal überraschen sie uns mit ihrem Bekenntnis. Der Glaube wächst unkontrollierbar. Der Heilige Geist weht, wo und wann er will. Gott sieht nicht die Person an, er ist nicht parteiisch. Auf einmal war sie da, die Erkenntnis des Petrus, dass Gottes Wort keinen Halt macht vor irgendwelchen Grenzen. Das Wort Gottes gilt jedem und jeder. Seitdem ist das Wort Gottes in alle Welt getragen worden.

Die Kirche Jesu Christi ist heutzutage eine weltweite Gemeinschaft. Bei meiner Arbeit als Bevollmächtigter der Evangelischen Kirchen in Deutschland bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union treffe ich auf Christen aus den unterschiedlichsten Weltgegenden. Regelmäßig kommen uns Delegationen aus anderen Kirchen am Gendarmenmarkt besuchen, um unsere Arbeit kennenzulernen. Was mir bei solchen Gelegenheiten immer wieder auffällt, ist, dass nationale Grenzen in der Kirche praktisch keine Rolle spielen. Ob ein Christ aus den USA, aus Armenien oder Thailand kommt – die Verbindung und das Einverständnis, das der gemeinsame Glaube schafft, ist groß. Aus allen Völkern sind bei Gott jeder und jede willkommen, die ihn ehren und tun, was er uns aufgetragen hat. Zur Zeit von Petrus und Kornelius war das nicht anders als heute. Die Gemeinschaft Gottes kennt keine Grenzen.

Auch wir in Deutschland, in Berlin, in Wilmersdorf, in unserer Auengemeinde sind bei Gott willkommen, denn er schaut nicht darauf, aus welchem Haus, aus welcher Straße und aus welchem Hintergrund wir kommen. Es spielt eben keine Rolle, woher wir kommen, ob wir schon immer kirchlich engagiert waren, ob wir als Kinder einmal getauft wurden, dann aber viele Jahre nichts mehr mit der Kirche zu tun hatten, oder ob wir ganz neu zur Kirche gefunden haben. Das Heute zählt, nicht die Vergangenheit. Vor Gott ist nicht der eine verdienstvoller als der andere. Wer Gott fürchtet und tut, was ihm recht ist, gehört zu ihm. Der Gottesdienst und die Predigt des Evangeliums – das können wir schön an der Geschichte von Petrus und Kornelius sehen – sind dabei ständige Begleiter. Sie geben uns Kraft, sie trösten uns und sie sagen uns, worin Gottes Wille besteht. Kornelius und sein Haus, wozu nicht nur seine Familie, sondern auch alle Knechte und Mägde (ein Hauptmann der römischen Truppen war damals ein reicher Mann) gehörten, ließ sich nach der Predigt des Petrus taufen, um noch enger zur Kirche zu gehören.

Wenn Sie, liebe Leser, noch nicht getauft sind, sich aber in der Kirche Jesu Christi wohl und zuhause fühlen, dann lassen sie sich doch ebenso taufen. Wenn Sie bereits getauft sind, lassen sie sich von Kornelius anregen zur neuen Offenheit für Gottes Wort, zur Bereitschaft, das zu tun, wozu Engel Gottes (wo immer Sie sie treffen mögen) Sie anregen. Engel müssen ja keine Flügelfiguren sein und müssen auch nicht weiß gekleidet sein (wie bei Kornelius). Sie können ganz normal aussehen, sie können unsere Kinder, unsere Partner oder andere liebe Menschen sein.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen guten Monat Juni.