Einer der besten Orgelbauer Europas

„Hamburg zieht alle Register“ zum 300. Todesjahr des barocken Orgelbaumeisters Arp Schnitger

Porträt Arp Schnitger

Auf dieser Bildtafel am Orgelbalkon der evangelischen St. Bartholomäus-Kirche in Golzwarden aus dem Jahre 1700 oder 1701 ist im Zentrum vermutlich der Orgelbauer Arp Schnitger zu sehen. Der promovierte Theologe und Kunstwissenschaftler Dietrich Diedrichs-Gottschalk ist sich zu 99 Prozent sicher, damit das erste Porträt Schnitgers gefunden zu haben. Schnitger habe 1698 die Orgel in seiner Taufkirche gebaut und aus Verbundenheit zu seiner Heimat lediglich die Selbstkosten verlangt, erläuterte der Musikhistoriker. Dafür habe Schnitger aber eine bildliche Darstellung an der Orgel verlangt, um sich zu verewigen. Die Tafel trägt die Inschrift „Mein Schall aufs Ewig weist“.

Hamburg (epd). Kenner vergleichen die Klasse seiner Instrumente gerne mit der Qualität der Stradivari-Geigen. Was der barocke Orgelbaumeister Arp Schnitger (1648-1719) geschaffen hat, fasziniert Musiker und Publikum bis heute. Er starb vor 300 Jahren - wann genau ist unbekannt. Am 28. Juli 1719 wurde er in Neuenfelde, heute ein Stadtteil von Hamburg, begraben.

Etwa 170 Orgeln soll Schnitger neu gebaut oder wesentlich umgestaltet haben, etwa 30 sind noch erhalten. „Arp Schnitger war schon zu Lebzeiten eine Legende“, sagt der Bremer Orgelprofessor Harald Vogel.

Die Musik galt zu Schnitgers Zeit als Vorstufe zum himmlischen Paradies, die Orgel selbst als Instrument zur Ehre Gottes. Deshalb wurde vielerorts auch nicht an Baumaterial und Ausstattung gespart, wenn es darum ging, die Kirche mit einer Orgel auszustatten. Das wirkt sich bis in die Gegenwart aus: Feines Zinn, gutes Leder und abgelagertes Holz ließen die Mechanik oft Jahrhunderte überdauern.

Einer der besten Orgelbauer europaweit

In der Stader Cosmae-Kirche lieferte Schnitger sein Gesellenstück ab. Und in Lüdingworth bei Cuxhaven steht eine besonders prachtvolle Orgel aus seiner Werkstatt: Die reichen Marschenhöfe ließen sich hier in ihrem „Bauerndom“ ein Instrument mit riesigen Pedaltürmen und 2.200 Pfeifen aus edelstem Material bauen. Die Tasten des Spieltisches sind teils mit Buchsbaum belegt, teils aus Ebenholz.

„Die Bauern an der Küste von Amsterdam im Südwesten bis Hamburg und dann weiter in den Raum nördlich von Ribe in Dänemark haben die allererste geschlossene Orgellandschaft der Welt geschaffen“, schwärmt der Freiburger Musikwissenschaftlicher Konrad Küster. Dabei ging es nicht nur um Frömmigkeit, denn die Orgel war auch ein Statussymbol. Mit einem Instrument von Arp Schnitger sicherten sich die Bauern am zuverlässigsten die neidvolle Anerkennung aus den Nachbarorten. Denn Schnitger, Tischlersohn aus der Wesermarsch, zählte europaweit zu den besten Orgelbauern.

Die schönste Orgel von Hamburg

Das reiche Alte Land zwischen Stade und Hamburg sticht noch hervor, weil hier besonders viele Orgeln von Schnitger stehen. 1678 übernahm er nach dem Tod seines Lehrmeisters Berendt Hus dessen Werkstatt in Stade. Bereits vier Jahre später zog er nach Hamburg, um in der Hauptkirche St. Jacobi sein größtes Werk mit knapp 4.000 Pfeifen zu bauen. Bis heute zählt sie in Klang und Optik zu den schönsten Orgeln der Stadt.

Von Hamburg aus exportierte er später seine Instrumente zunächst in den norddeutschen Raum und in die Niederlande, dann nach Russland, England, Spanien und Portugal. In Neuenfelde, wo er nach seiner Heirat den „Orgelbauerhof“ erwarb, wurde der Meister schließlich begraben.

Nach Schnitgers Tod machten sich viele seiner Schüler selbstständig und konstruierten Orgeln im Stil ihres Meisters. Bis heute werden Instrumente von Schnitger weltweit bei großen Orgelneubauten als Vorbild genutzt. Und noch immer sind Musiker fasziniert vom Klang der Schnitger-Orgeln. Sie loben das harmonische Verhältnis von Grund- und Obertönen sowie die unterschiedlichsten Charaktere der Flöten, die zu einer erstaunlichen Klangfülle verschmelzen.

„Zur Ehre Gottes“ gab es die Orgel auch mal zum halben Preis

Unter dem Motto „Hamburg zieht alle Register“ feiert die Hansestadt mit zahlreichen Veranstaltungen, Konzerten und einer Ausstellung das Orgeljahr. In der Neuenfelder St. Pankratius-Kirche wird das Jubiläum am 28. Juli mit einem Festkonzert gefeiert. Für den 29. Juli lädt der Hamburger Senat zum Empfang ins Rathaus.

Rund 300 Orgelexperten werden vom 28. Juli bis 3. August in Hamburg zur Internationalen Tagung der Gesellschaft der Orgelfreunde erwartet. Das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe zeigt noch bis zum 3. November die Ausstellung „Manufaktur des Klangs“ zu 2.000 Jahre Orgelbau.

Gefeiert wird aber nicht nur ein begnadeter Künstler, sondern auch ein Mensch, der oft uneigennützig gehandelt hat. Schnitger schrieb über sich selbst: „Ich habe nie viel verlangt, sondern den Kirchen, wenn sie keine ausreichenden Mittel besaßen, zur Ehre Gottes die Orgel für den halben Preis gebaut.“

Dieter Sell (epd)