„Themen, die kirchlicher gar nicht sein können“

Interview mit Bischöfin Kerstin Fehrs, Mitglied des Rates der EKD, über das kirchliche Aktionsbündnis zum G20-Gipfel

„global. gerecht. gestalten.“ heißt das kirchliche Aktionsbündnis zum G20-Gipfel in Hamburg. Es organisiert Podien, Diskussionen, Gottesdienste und will dadurch den Staatengipfel „konstruktiv begleiten“. Eine Initiatorin des Bündnisses ist die Bischöfin Kirsten Fehrs.

Bischöfin Kirsten Fehrs

Frau Bischöfin Fehrs, Montagmorgen, 10. Juli 2017 – worauf blicken Sie dann zurück?

Kirsten Fehrs: Hoffentlich auf ein Wochenende ohne Gewalt. Und auf eine friedliche, bunte und starke Demonstration aller bürgerlichen Kräfte für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung.

Gehen Sie am 8. Juli auf eine der Demonstrationen?  

Fehrs: Ja. Ich mache mit bei „Hamburg zeigt Haltung“ – da geht man als Einzelmensch hin, nicht als Organisation. Jeder kann sich anmelden. Wir brauchen eine machtvolle und friedliche Darstellung eines demokratischen Hamburgs. Das sind wir auch der Stadt schuldig, in der dieser Gipfel stattfindet. Aber jede Art der Gewalt lehne ich, und lehnen wir auch als Kirche grundsätzlich ab.

Müssen Sie als Bischöfin ganz vorn mit dabei sein?

Fehrs: Auf jeden Fall. Schauen Sie sich die G20-Agenda an: Da geht es ums Klima, um Flüchtlinge, Bildung und Geschlechtergerechtigkeit, alles überlebenswichtige Zukunftsthemen, alles Themen, die kirchlicher gar nicht sein können. Wir haben als Christen in der Welt den Auftrag, unsere Stimme zu erheben. Und es sind ja auch Vertreter anderer Religionsgemeinschaften dabei.

„Wir haben als Christen in der Welt den Auftrag, unsere Stimme zu erheben.“

Bischöfin Kirsten Fehrs
Kirsten Fehrs Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck der Nordkirche und Mitglied des Rates der EKD

So ein Gipfel kostet Millionen von Euro – ist er das wirklich wert?

Fehrs: Wie sollen die komplexen Themen dieser Welt anders gelöst werden als durch Gespräche? Auch mit Autokraten, denn die sind ein Teil des Problems. Natürlich ist viel Schau dabei – doch wichtiger ist es, dass man miteinander redet: von den Staatschefs bis hin zu den wirklichen Fachleuten. Ich sehe keine Alternativen zum Dialog.

Gibt es Kritik am kirchlichen Engagement bei G20?

Fehrs: Nicht alle finden es gut, wenn sich die Kirche politisch posi­tioniert. Andere meinen, wir könnten gern noch offensiver sein. Da gibt es viele Stimmen, auch innerhalb unseres Aktionsbündnisses, das ja breit aufgestellt ist. Wir alle sind miteinander in einem wirklich konstruktiven Dialog, gut protestantisch eben. Eine Rolle spielt auch, dass die Weltpolitik sich gerade nahezu täglich ändert!  

Wird es Gottesdienste geben?

Fehrs: Es gibt ein interreligiöses Friedensgebet und Friedensandachten. Schon jetzt machen ganz viele mit, auch im Erzbistum. Und gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Hamburg feiern wir einen großen ökumenischen Gottesdienst, morgens am 8. Juli. Darauf freue ich mich sehr. Hier können wir auch der Weltöffentlichkeit zeigen, was Ökumene schaffen kann. Und anders als der G20-Gipfel selbst haben wir Vertreter armer Länder als gleichberechtigte Partner eingeladen.

 Interview: Dorothea Heintze (chrismon)