Ein Klang wie zu Arp Schnitgers Zeiten

Nach umfänglicher Sanierung wird die Barockorgel in Hamburg-Neuenfelde wieder eingeweiht

Die Arbeiten waren umfangreicher als erwartet: Mit halbjähriger Verspätung ist die Renovierung der historischen Schnitger-Orgel in Hamburg-Neuenfelde nun beendet. Bischöfin Kirsten Fehrs übergibt das Instrument erneut seiner Bestimmung. 

Prospekt der Schnitger-Orgel in Hamburg-Neuenfelde
Die Neuenfelder Orgel ist nicht nur musikalisch sondern auch optisch eine Pracht.

Derzeit wird sie noch in mühevoller Feinarbeit gestimmt. Doch wenn die Barock-Orgel in Hamburg-Neuenfelde am 11. Juni feierlich eingeweiht wird, soll sie erklingen wie zu Zeiten ihres Erbauers Arp Schnitger (1648-1719). Im Festgottesdienst in der St. Pankratius-Kirche predigt Bischöfin Kirsten Fehrs.

Ein halbes Jahr länger als geplant hat die Sanierung gedauert – und teurer wurde sie auch. Das allerdings lag nicht an der Orgel. Bei den Arbeiten auf der Empore wurde festgestellt, dass die historischen Balken stark angegriffen waren und verstärkt werden mussten. Etwa eine Million Euro hat die gesamte Sanierung gekostet, 850.000 Euro flossen in die Orgel. So musste die Gemeinde auf ihre Ersparnisse zurückgreifen.

Viele historische Pfeifen

Im Jahr 1688 hatte Arp Schnitger die Neuenfelder Orgel innerhalb von fünf Monaten fertiggestellt. Etwa die Hälfte der 1.700 Pfeifen stammt noch aus dieser Zeit. Sie wurden überarbeitet, konserviert und wieder eingebaut. Die andere Hälfte der Pfeifen wurde nach historischem Vorbild neu gefertigt. Die Schnitger-Orgeln in Stade und Cappel (bei Cuxhaven) standen dabei Pate.

Der Zustand der Orgel sei schlechter gewesen als erwartet, klagt Kantor Hilger Kespohl. Mehrere Orgelbauer hätten in der Vergangenheit an dem Instrument gearbeitet und dabei viel Schaden angerichtet. Andererseits seien noch einige historische Pfeifen an Stellen gefunden worden, wo man sie nicht vermutet hätte.

Intensives Raumgefühl

Unter den Arp-Schnitger-Orgeln nimmt das Instrument in Neuenfeld eine besondere Stellung ein. Mit ihren 34 Registern ist sie die größte unter den zahlreichen zweimanualigen Orgeln Schnitgers. Musikexperten schätzen aber vor allem ihren Klang: Für Kespohl hat die Neuenfelder Kirche die beste Akustik unter den Schnitger-Kirchen. Dieser habe seine Orgel kurz nach Fertigstellung der Kirche gebaut und exakt auf den gewölbten Raum abgestimmt. In vielen Kirchen dagegen sei der Standort der Orgel ein „Zufallsprodukt“.

Die Neuenfelder Kirche sei der „perfekte kammermusikalische Orgelraum“, bestätigt auch Orgelbauer Markus Zoitl von der Dresdner Werkstatt Wegscheider. Zwar sei der Nachhall gering, das Empfinden der Pfeifen aber sehr intensiv. „Man hat das Gefühl, man sitzt mitten in der Orgel.“

Airbus-Werft in der Nachbarschaft

Arp Schnitger selbst war eng mit Neuenfelde verbunden, lernte hier seine erste Frau kennen und erwarb 1693 den Hof seines Schwiegervaters. Die letzten Jahre verlebte er hier und wurde 1719 auf dem Neuenfelder Friedhof beigesetzt. Sein Grab ist heute noch zu besichtigen.

Mehr als 100 Orgeln hat Schnitger neu gebaut. Besonders viele sind im Alten Land zwischen Stade und Hamburg erhalten – etwa in Jork, Steinkirchen, Mittelnkirchen und Hollern. Schnitger-Orgeln erklingen heute unter anderem auch in der Hamburger Hauptkirche St. Jacobi, in Groningen (Niederlande), Moreira (Portugal) und Mariana (Brasilien).

Die benachbarte Airbus-Werft scheint der Orgel offenbar nicht zu schaden – vor zehn Jahren ein heiß diskutiertes Thema bei der Verlängerung der Landebahn. Die Wirbelschleppen bei Start und Landung rütteln zwar an den eigens gesicherten Dachziegeln der Kirche, beeinflussen aber nicht den Klang der Orgel. Nur der Lärm übertönt dann den Pfeifenklang. „Wir machen kurz Pause – dann geht es weiter“, sagt Orgelbauer Zoitl.

Thomas Morell (epd)