Moral ohne Bekenntnis?

Neuerscheinung der VELKD beschäftigt sich mit der Frage nach Kirchen als „Moralagenturen“ der Gesellschaft

In der medialen Öffentlichkeit werden Kirche und Theologie vor allem dann wahrgenommen, wenn es um die moralischen Grundlagen unserer Gesellschaft geht. Kirche und Theologie erhalten dann Aufmerksamkeit, wenn sie sich zu Fragen äußern, die in der Öffentlichkeit diskutiert werden – zum Beispiel Sterbehilfe, Flüchtlingskrise, Sexualethik oder Umweltschutz. Verstehen sich Kirche und Theologie zunehmend als „Moralagenturen“ der Gesellschaft? Laufen sie Gefahr, im Kampf um mediale Aufmerksamkeit die christliche Botschaft zugunsten moralischer Handlungsorientierungen zu vernachlässigen?

 

Mit diesem Thema beschäftigte sich die XVII. Konsultation Kirchenleitung und wissenschaftliche Theologie der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) und der Union Evangelischer Kirchen (UEK). Die Texte der Tagung sind jetzt als Buch erschienen. Die Beiträge von Corinna Dahlgrün, Johannes Fischer, Elisabeth Gräb-Schmidt, Michael Meyer-Blanck, Matthias Kamann, Peter Schallenberg und Notger Slenczka versuchen, das Verhältnis von Religion und Glaube zu Ethik und Moral zu umreißen. Sie fragen danach, wie sich der Wahrheitsanspruch des Evangeliums zur Vermittlung von Werten in und für diese Gesellschaft verhält oder ob Kirche und Theologie verführt sind, den Relevanzverlust des Glaubens in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit auf ethischem Gebiet auszugleichen.

„Es geht nicht darum, ob sich die Kirche zu moralischen Fragen der gesellschaftlichen Debatte äußert, sondern wie sie das tut“, schreibt Dr. Claas Cordemann aus dem Amt der VELKD in seiner Einleitung zum Tagungsband. Die Kirche könne gerade dann moralische Orientierungskraft ausstrahlen, „wenn sie sich auf ihren geistlichen Grund besinnt“. Der Tenor der Beiträge gehe dahin, dass Kirche und Theologie weniger Verhaltensnormierungen anstreben als vielmehr die Fähigkeit zur eigenen Urteilsbildung in ethischen Fragen stärken sollten.

Hinweis: „Moral ohne Bekenntnis? Zur Debatte um Kirche als zivilreligiöse Moralagentur.“ Dokumentation der XVII. Konsultation Kirchenleitung und wissenschaftliche Theologie. Im Auftrag der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) herausgegeben von Claas Cordemann und Gundolf Holfert, Evangelische Verlagsanstalt Leipzig, 2017, ISBN 978-3-374-05158-8, 128 Seiten, 15,00 EUR. Die Publikation ist ausschließlich über den Buchhandel erhältlich. Mehr unter www.velkd.de/moral-ohne-bekenntnis.

Hannover, 5. September 2017

Henrike Müller
Pressesprecherin