Rentner als Pflegehelfer

Ruheständler sind als Ehrenamtler in der Betreuung von Senioren unverzichtbar

In Deutschland gibt es immer mehr rüstige Rentner, die sich ehrenamtlich engagieren – auch in der Pflege von Senioren. Die Evangelische Heimstiftung hat sich deswegen entschieden, in ihre ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer zu investieren.

Frau legt ihre Hand auf die Hand einer anderen Frau
Renterinnen und Renter setzen sich ehrenamtlich für Senioren ein, die pflegebedürftig sind. (Foto: Symbolbild)

Das Senioren-Zentrum „Offene Tür Duerenstraße“ in Bonn-Bad Godesberg macht seinem Namen alle Ehre. Täglich gehen hier Dutzende ältere Menschen aus und ein, kommen etwa zum Rehasport, zum Spielenachmittag oder zur Sozialberatung. Manche suchen auch nur ein Schwätzchen. Zwei ehrenamtliche Mitarbeiterinnen servieren dann Kaffee und Kuchen.

„Ohne die 40 Ehrenamtlichen könnte unser Haus gar nicht existieren“, sagt Hergard Nowak, Vorstandsmitglied des Trägervereins „Offene Tür Duerenstraße“. Sie sind täglich als Ansprechpartner vor Ort, organisieren Veranstaltungen, machen aber auch Hausbesuche bei Pflegebedürftigen. „Die allermeisten unserer Ehrenamtlichen sind im Rentenalter“, sagt Nowak, die selbst auch schon seit sechs Jahren im Ruhestand ist.

Bereitschaft, sich für Senioren zu engagieren, steigt mit dem Alter

Damit ist die Einrichtung kein Einzelfall. Die Evangelische Heimstiftung in Baden-Württemberg zum Beispiel verzeichnet bei den etwa 2.700 aktiven Ehrenamtlichen in ihren rund 140 Senioren-Einrichtungen ein Durchschnittsalter von erstaunlichen 70 Jahren.

Tatsächlich wird die ehrenamtliche Hilfe für pflegebedürftige Senioren in Deutschland zu einem großen Teil von Menschen geleistet, die selbst auch nicht mehr jung sind. Eine Studie des Meinungsforschungsinstituts forsa im Auftrag der DAK zeigt: Die Bereitschaft, sich in der Pflege von Senioren zu engagieren, steigt mit zunehmendem Alter.

Hohe Einsatzbereitschaft von Rentnerinnen und Rentern

Demnach sind von den 18- bis 29jährigen Ehrenamtlern in Deutschland nur drei Prozent in der Seniorenarbeit engagiert, während es bei den über 60jährigen elf Prozent sind. Auch die Bereitschaft, ehrenamtlich in der Altenbetreuung zu arbeiten ist bei Menschen im Rentenalter mit 25 Prozent am höchsten.

Angesichts des Personalmangels in der Pflege ist das Interesse groß, diese hohe Einsatzbereitschaft rüstiger Rentner besser zu nutzen. So regte der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), an, Rentner zu schulen und als Baustein in der Versorgung Pflegebedürftiger zu etablieren. „Um dieses Engagement zumindest ein Stück weit auch finanziell anzuerkennen, sollten Ehrenamtler dafür auch eine Aufwandsentschädigung erhalten“, schlägt Laumann vor.

„Da liegt noch ein großes Potenzial“

Die Bereitschaft zum Engagement in Pflegeeinrichtungen sei in der Tat noch lange nicht ausgeschöpft, urteilt Jürgen Schumacher vom Sozialforschungsinstitut INBAS, Autor einer Ehrenamts-Studie für das Bundesfamilienministerium. Bislang verfügten nur rund die Hälfte der stationären Pflegeeinrichtungen über ehrenamtliche Mitarbeiter. „Da liegt noch ein großes Potenzial.“

Allerdings sei eine Bezahlung in Form von Aufwandsentschädigungen nicht der richtige Anreiz, sagt Reinhard Lenz, Professor für Gesundheits- und Pflegemanagement an der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe. Entscheidend sei vielmehr, die Einbindung von Ehrenamtlern gut zu organisieren. „Das kriegt man nur mit einem guten Freiwilligenmanagement hin.“ Die Einbindung von Ehrenamtlern sei für die Einrichtung zunächst einmal mit Aufwand verbunden. Das halte viele Seniorenheime davon ab, um Ehrenamtler zu werben.

In die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer investieren

Die Evangelische Heimstiftung gehört zu den Trägern, die sich dafür entschieden haben, in die Betreuung der Ehrenamtler zu investieren. Seit fünf Jahren koordiniert eine Freiwilligenmanagerin von Stuttgart aus die Ehrenamtsarbeit. In den Einrichtungen vor Ort übernähmen jeweils ein hauptamtlicher und ein ehrenamtlicher Koordinator die Organisation der Engagierten, sagt Freiwilligenmanagerin Ute Catrin Bührer. Es gebe eine starke Kontinuität in der ehrenamtlichen Arbeit und die Zahl der freiwillig Engagierten sei in den vergangenen Jahren gestiegen.

Noch gelingt es auch der „Offenen Tür Duerenstraße“, immer wieder neue Engagierte zu gewinnen. An der Bereitschaft Älterer fehle es nicht, sagt Vorstandsmitglied Nowak. Allerdings fürchtet sie, dass ein anderer Faktor künftig die Rekrutierung engagierter Rentner erschweren könnte. „Wenn das Rentenniveau weiter absinkt, können sich manche das Ehrenamt vielleicht gar nicht mehr leisten.“ Immer öfter beobachtet Nowak nämlich, dass Rentner auf der Suche nach Verdienstmöglichkeiten sind, um ihre kargen Einkünfte aufzubessern.

Claudia Rometsch (epd)


Aufschluss über Motive und Inhalte ehrenamtlichen Engagements bietet auch die Sonderauswertung des Freiwilligensurveys für die evangelische Kirche, die das Sozialwissenschaftliche Institut der EKD (SI) zum dritten Mal in Folge in Auftrag gegeben hat.
Die Studie „Engagement mit Potenzial“ kann zum Preis von 3,50 Euro bestellt werden unter: E-Mail: info@si-ekd.de oder Tel.: 0511/554741-0. Als Download ist sie erhältlich auf der Website des SI: Engagement mit Potenzial. Sonderauswertung des vierten Freiwilligensurveys für die evangelische Kirche.