Martin Schulz: „Das Gesehen-Werden ist die Grundlage einer würdevollen Existenz“

Vortrag auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag

Martin Schulz auf dem Evangelischen Kirchentag
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hielt beim evangelischen Kirchentag in Berlin einen Vortrag zum Thema „Du sollst nicht alles wissen! - Glaubwürdigkeit in der pluralen Gesellschaft“.

Berlin (epd). Trotz aller modernen Kommunikationsmittel ist für den SPD-Vorsitzenden Martin Schulz der direkte Kontakt zu den Menschen unverzichtbar. „Ich glaube nicht, dass Jesus und Zachäus zusammengekommen wären, wenn sie sich eine E-Mail geschrieben hätten“, sagte der SPD-Kanzlerkandidat auf dem evangelischen Kirchentag in Berlin. Er legte die Bibelstelle im Lukas-Evangelium 19,1-10 aus, die die Umkehr eines betrügerischern Zöllners durch eine Begegnung mit Jesus schildert.

Heute nehme die Dialogintensität zu, aber der direkte Kontakt ab, beklagte Schulz. Man schicke sich Piktogramme, die Lachen, Weinen, hochgezogene Augenbrauen oder erhobene Daumen zeigen. „Das Gesehen-Werden ist die Grundlage einer würdevollen Existenz“, unterstrich Schulz im überfüllten Berliner Dom zur Losung des Kirchentags „Du siehst mich“.

Der ehemalige Präsident des EU-Parlaments wandte sich gegen Aufrüstung als Mittel der Friedenssicherung. Wenn er aber doch einmal einen solchen Beschluss fassen müsse, frage er sich, ob er die Blicke dann aushalten könnte, sagte er: „Das ist durch eine SMS nicht zu ersetzen.“ Die biblische Geschichte des Zöllners Zachäus, der am Ende die Hälfte seines Reichtums verschenkt, lese er auch als Ermutigung, nach einem Fehler etwas besser machen zu können.

Der 36. Deutsche Evangelische Kirchentag in Berlin und Wittenberg dauert noch bis zum 28. Mai und endet mit einem Festgottesdienst unter freiem Himmel in Wittenberg.