Christoph Markschies sieht „Rollback“ nicht nur im Islam

Vorsitzender der EKD-Kammer für Theologie diskutiert in „chrismon“ über religiöse Toleranz

Frankfurt a.M. (epd). Die Menschenrechtsanwältin und Moschee-Gründerin Seyran Ates beklagt einen Rückgang der religiösen Toleranz weltweit. „Schauen Sie sich an, was in Afghanistan, Pakistan, Marokko oder Ägypten geschieht, zunehmend auch in der Türkei“, sagte sie dem evangelischen Monatsmagazin „chrismon“. „Vor zehn Jahren kamen uns offene, modern gekleidete Frauen entgegen, und jetzt sind viele unter der Burka.“ Selbst in Indonesien, das immer als Beispiel für ein liberales islamisches Land gegolten habe, gebe es ein „Rollback“, beklagte Ates. Dort gebe es jetzt sogar eine islamische Sittenpolizei.

Kein Problem nur des Islam

Bei Paraden in Istanbul träten große Gruppen von Frauen und Kindern mit Kopftüchern und Männern in osmanischer Kleidung auf. „Das war noch vor zehn Jahren unvorstellbar“, sagte die Gründerin der liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin. „Als ich ein Kind war, hätte man gesagt: Was sind das denn für rückständige Dorftrottel?“

Der Berliner Kirchenhistoriker Christoph Markschies betonte: „Rollback ist kein Problem nur von islamischen Gesellschaften.“ Unterschiedliche Formen davon seien in Amerika, aber auch in Ungarn, Polen und Deutschland zu beobachten. Leider gelte das auch für das westliche Christentum, sagte der Vorsitzende der Kammer für Theologie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD): „Denken Sie an alle diejenigen, die in der katholischen Kirche die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils zurückdrehen wollen und denen die Annäherung an das Judentum und an die Kirchen der Reformation ein Dorn im Auge ist.“