Umstellung auf ökologische Bewirtschaftung von Kirchenland im Dialog mit den Pächtern

Ein Beispiel aus Mecklenburg-Vorpommern

Traktor auf dem Feld, im Hintergrund ein Kirchturm

Die evangelische Kirchengemeinde Kieve-Wredenhagen im Landkreis Mecklenburgische
Seenplatte umfasst 390 Gemeindeglieder in sechs Kirchdörfern und verpachtet 181 Hektar
landwirtschaftliche Nutzfläche, zehn Hektar Wald und einen Hektar Gartenland. Die Agrarflächen bewirtschaften sechs Haupt- und vier Nebenerwerbslandwirte. Die Einnahmen aus der Verpachtung betragen pro Jahr rund 26.000 Euro, davon gehen je 20 Prozent in die Kirchengemeinderats- und in die Baukasse. 60 Prozent gehen an den Kirchenkreis und werden dort für Personalkosten verwendet. Der elfköpfige Kirchengemeinderat befasste sich jahrelang nicht mit dem Thema Landverpachtung, sondern überließ es der Kirchenkreisverwaltung, Pachtverträge vorzubereiten.

Deren Beschlussvorlagen wurden vom Kirchengemeinderat immer ohne Aussprache beschlossen. Erst die Bitte des Landesministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz, anderthalb Hektar Kirchenland für ein zusammenhängendes Biotop, ein Wiedervernässungsgebiet, zur Verfügung zu stellen, brachte den Kirchengemeinderat dazu, sich intensiv mit seinem „Bodenschatz“ Kirchenland zu beschäftigen. Die Fläche wurde aus der Pacht genommen und der Stiftung Umwelt- und Naturschutz Mecklenburg-Vorpommern überlassen.

Arbeitsgruppe „Pachtverträge“ im Kirchengemeinderat

Der Kirchengemeinderat bildete eine Arbeitsgruppe „Pachtverträge“, die sich intensiv mit der Situation der Landwirtschaft, der ländlichen Entwicklung und des Umwelt- und Naturschutzes in der Region befasste und der Frage nachging, was einem verantwortungsbewussten Umgang mit dem Kirchenland entsprechen würde. Dazu wurden viele Höfe besucht und auch externe Fachleute verschiedener Disziplinen eingeladen. Im Dialog, in den auch die bisherigen Pächter einbezogen waren, wurden fünf neue Punkte in die Pachtverträge aufgenommen:

  1. Der Pächter wird verpflichtet, zu Beginn des Pachtvertrags, nach sechs Jahren und im Jahr vor Beendigung bzw. Verlängerung des Pachtvertrages (Pachtzeit zwölf Jahre) von einem anerkannten Fachlabor eine Bodenanalyse vornehmen zu lassen, die den Nährstoff und Humusgehalt des Bodens bestimmt. Dabei sollte am Ende der Laufzeit eine Verbesserung des Humusgehalts erreicht sein.
  2. Der Pächter verpflichtet sich zu einer fünfgliedrigen Fruchtfolge mit mindestens einer Leguminose.
  3. Der Pächter verzichtet auf Breitband- bzw. Totalherbizide wie Glyphosat.
  4. Zum Schutz vor Bodenerosion bei Maisanbau wird eine Untersaat oder eine anschließende Winterzwischenfrucht vorgeschrieben.
  5. Der erste Mahdtermin auf Grünflächen muss nach dem 20. Mai liegen.

Der Kirchengemeinderat verständigte sich darauf, gegebenenfalls auf einen Teil der Pachteinnahmen zu verzichten, wenn einzelne Pächter aufgrund der neuen Auflagen Verdienstausfälle befürchten bzw. in der Umstellungszeit nachweisen können. Dieses Angebot ist bisher in keinem Fall in Anspruch genommen worden. Mit sieben von zehn ehemaligen Pächtern – einem Ökobetrieb und sechs konventionell wirtschaftenden Betrieben – sind inzwischen neue Pachtverträge für zwölf Jahre abgeschlossen worden.

Regine Hapke-Solf, Christine Jantzen, Reinhard Sander, Jean-Dominique Lagies


Quelle: Regine Hapke-Solf, Christine Jantzen, Reinhard Sander und Jean-Dominique Lagies
Was leitet unsere Kirchengemeinde? Bericht der AG „Pachtverträge“ der Kirchengemeinde Kieve-Wredenhagen, in: Monika C.M. Müller, Ulrich Ketelholdt, Norbert Wiersbinsi, Thomas Beil, Ulrich Oskamp (Herausgeber): Kirchenland im Spannungsfeld sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Interessen, Reihe Loccumer Protokolle, Band 52/16, Rehburg-Loccum, 2017

Loccumer Appell zur Verpachtung von Kirchenland

Das Beispiel aus Kieve-Wredenhagen wurde vorgestellt auf der TagungKirchenland im Spannungsfeld sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Interessen“ vom 2.-4. September 2016 an der Evangelischen Akademie Loccum. Die Tagung hat den sogenannten Loccumer Appell zur Verpachtung von Kirchenland verabschiedet, der in der Diskussion um die ökologische Verantwortung der Kirche für ihr Land immer wieder zitiert wird und nach wie vor große Beachtung findet.