David McAllister: Kirchen wichtige Mahner und Impulsgeber für Europa

„Die Kirche trägt dazu bei, vernunftorientierte Entscheidungen zu treffen und solidarisch zu handeln.“

Lichtprojektion an der Kaiser-Wilhelm-Gedaechniskirche in Berlin

Lichtprojektion mit Bildern der Zerstoerung aus Nagasaki an der Kaiser-Wilhelm-Gedaechniskirche in Berlin (Foto vom 09.08.2020). Vor 75 Jahren, am 6. und am 9. August 1945, starben den Angaben zufolge beim Einsatz der Atombomben in Hiroshima und Nagasaki in Japan rund 200.000 Menschen. (Symbolbild)

Loccum (epd). In politisch und gesellschaftlich schwierigen Zeiten können Kirchen nach Ansicht des Europaparlamentariers David McAllister (CDU) die Demokratie und die Staatengemeinschaft stärken. Mit ihrer Stimme geben sie Menschen Orientierung und Halt, sagte der frühere niedersächsische Ministerpräsident dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Rande der Tagung "Kirche und Europa" der Evangelischen Akademie Loccum. "Die Kirche trägt dazu bei, vernunftorientierte Entscheidungen zu treffen und solidarisch zu handeln." Insofern bitte er die Kirchen auch weiterhin um wichtige Impulse für den gesellschaftlichen und politischen Diskurs.

"Unsere christlichen Wurzeln und der regelmäßige, offene und transparente Dialog zwischen den Religionsgemeinschaften und der Politik tragen maßgeblich dazu bei, dass wir heute in einem werteorientierten Europa leben", sagte McAllister. "Darum müssen wir uns gemeinsam immer wieder aufs Neue bemühen." In europapolitische Debatten sollte sich die Kirche aus seiner Sicht aktiv einmischen. "Und das tut sie ja auch." So habe sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) unter anderem klar zur Corona-Pandemie, zum Kampf gegen den Terrorismus oder zum Vorschlag für ein neues Migrations- und Asylpaket positioniert.

Zusätzlich könne die Kirche Foren bilden für Diskussionen, wie Europa vor dem Hintergrund christlicher Grundüberzeugungen gestaltet und somit die Demokratie gestärkt werden könne, ergänzte McAllister. "Es ist notwendig, dass wir Christen uns aktiv, aber bitte ohne moralischen Dünkel, an der Diskussion politischer und ökonomischer Fragen beteiligen und uns um verantwortliche Lösungen bemühen." Ohnehin zählten die Leistungen der Kirche und ihrer Wohlfahrtsverbände im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesen sowie im Ehrenamt und bei der nichtstaatlichen Entwicklungszusammenarbeit zu den Säulen der Gesellschaft.

Vor diesem Hintergrund lasse sich auch das Engagement der EKD im Zuge der Rettung von in Seenot geratenen Flüchtlingen im Mittelmeer betrachten. "Menschen in Seenot zu retten, ist ein humanitäres Gebot und nach internationalem Recht verpflichtend", betonte McAllister. Allerdings seien auch die Staaten in der Pflicht, endlich Perspektiven zu liefern. "In der Asyl- und Migrationspolitik, einschließlich der Seenotrettung, ist dringend eine europäische Lösung geboten. Das oberste Ziel muss sein, Menschen davon abzuhalten, sich auf eine gefährliche und nicht selten tragischerweise tödliche Flucht zu begeben."

epd-Gespräch: Björn Schlüter