Friedensforscher warnen vor neuem nuklearen Wettrüsten

Friedensgutachten 2019: Risiko einer Nuklearkatastrophe steigt

Berlin (epd). Die Welt war nach Einschätzung deutscher Friedensforscher noch nie soweit von der Atomwaffenfreiheit entfernt wie heute. Im Friedensgutachten 2019, das fünf wissenschaftlichen Institute am Dienstag in Berlin vorstellten, warnten sie: „Das Risiko einer nuklearen Katastrophe steigt wieder.“ Die Wissenschaftler riefen die Bundesregierung auf, entschlossen eine auf nukleare Abrüstung ausgerichtete Außen- und Sicherheitspolitik zu verfolgen.

In dem Gutachten legten die Institute besonderes Augenmerk auf nukleare Rüstungskontrollen. Besorgt zeigten sie sich darüber, dass bestehende Verträge gekündigt oder nicht ratifiziert werden. Die für 2020 bei den UN geplante Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags drohe schon im Vorfeld zu scheitern. „Ein neues Wettrüsten zeichnet sich ab“, warnten sie.

Die Bundesregierung habe mit ihrem Festhalten am Iran-Abkommen gezeigt, dass sie gegen den Willen der USA und in ungewohnter internationaler Konstellation zum nuklearen Abrüsten beitragen will. „Diesen Weg sollte sie konsequent fortsetzen“, forderten die Wissenschaftler und schlugen vor, Deutschland solle mit EU-Staaten ohne Atomwaffen in der Nato auf ein Abrüsten hinwirken. Zudem könne die Bundesregierung zwischen Befürwortern und Gegnern des Atomwaffenverbotsvertrags vermitteln.

Mehr strategische Kooperationen

Zugleich verlangten die Institute einen generellen Stopp von Rüstungsexporten an autoritäre Staaten und in Spannungsgebiete wie aktuell im Jemen. „Wir begrüßen den derzeitigen Rüstungsstopp nach Saudi-Arabien“, betonten sie. Die Bundesregierung müsse sich jedoch für stärkere multilaterale Rüstungsexportkontrollen einsetzen. Die Institute erneuerten auch ihre Forderung nach einem Rüstungsexportgesetz.

Mehr strategische Kooperationen empfehlen die Institute der Bundesregierung ferner beim Thema Migration. „Die EU hat die tödlichste Außengrenze der Welt“, betonten sie und kritisierten Partnerschaften mit autoritären Transit- und Herkunftsstaaten wie Libyen, dem Sudan oder der Türkei. Diese Kooperationen müssten ein Ende haben. Statt dessen solle die Bundesregierung in der EU für legale Zugangsmöglichkeiten werben.

Neue Partnerschaften empfahlen die Forscher zudem zur Stärkung der Vereinten Nationen und im Kampf gegen Hassrede im Internet, insbesondere zur Regulierung digitaler Angebote. Der von UN-Generalsekretär Antonio Guterres initiierte Aktionsplan gegen die Verbreitung von Hass ermögliche dabei neue Allianzen.

„Der Bundesregierung bieten sich viele Möglichkeiten, entschlossen für Frieden und Sicherheit einzutreten“, betonten die Wissenschaftler und riefen die Politik auf, Friedenspolitik innovativ und tatkräftig zu gestalten.


An dem Friedensgutachten, das seit 1987 erscheint, sind die Friedensforschungsinstitute Bonn International Center for Conversion (BICC), das Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK), das Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH) sowie das Institut für Entwicklung und Frieden (INEF) der Universität Duisburg-Essen beteiligt.