FriedensPerspektiven - Versöhnungskirche KZ Dachau

Evangelische Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau

Evangelische Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau
 

Um 15 Uhr an jedem Tag läutet diese Glocke. Ihr Klang hallt über das Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers in Dachau. Die Zeit erinnert an die Todesstunde Jesu am Kreuz. Ein dunkler Ort. In den Jahren 1933 bis 1945 litten hier etwa 200.000 Menschen, die meisten, weil ihre kritische Haltung dem nationalsozialistischen Regime gefährlich wurde. 41.500 starben. 
Heute ist auf dem Gelände eine bewegende Gedenkstätte errichtet. 1967 wurde die Evangelische Versöhnungskirche eröffnet – auf Initiative ehemaliger KZ-Häftlinge aus dem Ausland. Der Ökumenische Rat der Kirchen unterstützte das Projekt, auch die Evangelische Kirche in Deutschland. Eine sehr besondere Kirche ist hier entstanden:  Sie führt die Besucher und Besucherinnen unter die Oberfläche, in die Tiefe. Was für ein Symbol: Tiefe löst Ängste aus. 
Tiefe steht für Scham – „in Grund und Boden versinken“, heißt es in einer Redewendung – das passt angesichts der Tatsache, dass die evangelische Kirche reuig bekannte, sich dem nationalsozialistischen Unrecht nicht deutlich genug in den Weg gestellt zu haben. Tiefe kann aber auch Geborgenheit und Schutz bedeuten.

Der Gottesdienstraum der Versöhnungskirche liegt unter dem Erdboden, auf dem Menschen Menschen Ungeheuerliches angetan haben. Eine beklemmende Atmosphäre – ein Kreuz in der Altarwand wirkt wie ein ersehntes kleines Hoffnungszeichen inmitten des Betons. Wer die Kirche verlässt, liest den Trost, aus dem schon Menschen in biblischen Zeiten lebten, er steht in Psalm 130:
„Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir. Herr, höre meine Stimme! Lass deine Ohren merken auf die Stimme meines Flehens! So du willst, Herr, Sünden zurechnen, Herr, wer wird bestehen? Denn bei dir ist die Vergebung, dass man dich fürchte. Ich harre des Herrn, meine Seele harret, und ich hoffe auf sein Wort.“

Stufen führen wieder ins Licht. Wer zurück an die Luft kommt, fühlt sich befreit – möchte aber die Tiefe dieses Friedensortes nicht missen.

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Uwe Birnstein