In zwei Jahren

Geflüchtete erzählen, was sie sich von der Zukunft erhoffen

Jeder hat Pläne und träumt von etwas. Für manche sind das ganz einfache Dinge. Gerade, wer schwere Zeiten erlebt hat, sucht sich etwas, das ihn nicht so schnell enttäuschen kann. Wir haben Flüchtlinge in Berlin gefragt: Wo stehst du in zwei Jahren? Was willst du bis dahin erreicht haben?

Friedenstaube
Muhammad Al-Asfar aus Libyen wünscht sich Frieden für die arabische Welt. (Symbolbild)

Nadia Zaur 48, aus Syrien

Ich kann mir vorstellen, dass ich es in den nächsten zwei Jahren geschafft habe, ein eigenes Restaurant zu besitzen – hier in Deutschland mit syrischem Essen. Ich wünsche mir ein erfolgreiches Geschäft mit deutscher Kundschaft. Eigentlich bin ich mir sicher, dass mein Restaurant beliebt sein wird. Ich koche gut, und den Deutschen gefällt syrisches Essen. Vor kurzem habe ich mit den ersten Schritten begonnen, derzeit baue ich mir einen Kundenstamm mit Catering ich auf. Aber natürlich bleibt der wichtigste Schritt, die deutsche Sprache zu lernen. Ich gebe mein Bestes, und hoffe, dass ich in naher Zukunft ein akzeptables Niveau erreiche.

Alaa Uthman 27, aus Syrien

In den nächsten zwei Jahren möchte ich in einer Deutschen Baufirma arbeiten. In Syrien und im Libanon habe ich viele Jahre auf Baustellen gearbeitet, viele Häuser gebaut und viel Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt. Aber seit meiner Ankunft in Deutschland konnte ich noch keinen Job finden, weil ich so mit meinem Aufenthaltsstatus beschäftigt war. Auch habe ich noch nicht richtig Deutsch gelernt. Aber nun ist mein Asylbescheid da und die Sorgen sind vorüber. Nun möchte ich meine Sprachkurse abschließen, damit ich auf den Arbeitsmarkt komme. Wenn nötig, starte ich mit einem Praktikum oder einer Ausbildung. Mit einem guten Job finde ich vielleicht eines Tages eine deutsche Frau. Deutsche Frauen sind schön und benehmen sich sehr menschlich. Um unsere kulturellen Unterschiede zu überbrücken, finden wir bestimmt einen Mittelweg im Umgang miteinander. Ernsthaft, sollte ich eines Tages meine Frau bitten, ein Kopftuch zu tragen, dann nur aus Eifersucht. Weil sie so schön ist.

Farahnaz Parsa 67, aus dem Iran

In den fünf Jahren, seit ich in Deutschland bin, kämpfe ich gegen viele Schwierigkeiten an. Mein Asylantrag wurde erst zurückgewiesen. Als ich vor Gericht zog, waren die Papiere zu meinem Fall nicht auffindbar. Es kostete mich viel Zeit, bis sie endlich wieder da waren. Diesmal wurde meinem Asylbegehren entsprochen. Dann hatte ich großen Ärger, bis ich endlich eine Wohnung fand. Diese fünf Jahre vergingen schnell wie der Wind. Ich wünschte, ich könnte endlich Deutsch lernen. Ich habe mich bemüht, aber ihre Sprache ist schwer. Ich habe es noch immer nicht geschafft, auch wegen meines fortgeschrittenen Alters. Nun fange ich noch einmal von vorne an. Ich wünschte, ich könnte mich mit den Deutschen unterhalten. Ich mag die Leute hier sehr, und ich will ihnen eines Tages meinen Respekt und meinen Dank zeigen – aber noch fehlen mir dafür die richtigen Worte. Auch wünschte ich, ich könnte in zwei Jahren den deutschen Pass haben. Dann könnte ich – sollten eines Tages sich meine Probleme im Iran lösen – dort meine Mutter, meinen Sohn und meinen Enkel besuchen, die ich nicht mehr sehe, seit ich in Deutschland bin.

Muhammad Al-Asfar 57, aus Libyen

Hoffentlich enden Krieg und Gewalt in der arabischen Welt möglichst bald. Die Menschen sollen ihre Waffen niederlegen, dann wird Afrika endlich auch mal Fortschritte machen. Dann müssen die Leute auch nicht mehr aus Furcht um ihr Leben ihre Heimat verlassen. Mir wäre es am liebsten, Libyen hat in zwei Jahren seine Probleme überwunden, und Frieden kehrt in die Region zurück. Dann würde ich in mein Land heimkehren, nach Libyen, und ich werde ein Kulturzentrum für Kinder eröffnen, wo sie malen, singen und tanzen lernen. Und dann schreibe ich mein nächstes Buch. Nicht einen Roman, ich werde Libyens Geschichte aufschreiben, was uns und Libyen widerfuhr, was wir hinter uns ließen. Wenn ich das alles eines Tages geschafft habe, werde ich auf Weltreise gehen – so lange, bis eines Tages die ganze Welt ein einziges Land sein wird.

Protokolle: Negin Behkam


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