Stäblein: „Pushbacks“ finden nach wie vor an EU-Grenze statt

Sogenannte „Pushbacks“ verstoßen gegen europäisches Recht

Delegationsreise von Bischof Christian Stäblein entlang der Flüchtlingsroute entlang dem Balkan.

Der EKD-Flüchtlingsbeauftragte, Bischof Christian Stäblein, hat vom 21. bis 23. April 2024, Kroatien und Bosnien-Herzegowina besucht. Zwischen Sarajewo und Zagreb, entlang der sogenannten Balkanroute, besuchte er die Flüchtlingslager Lipa und Ušivak und kam mit Betroffenen, Behördenvertretern und Hilfsorganisationen ins Gespräch.

Frankfurt a.M., Bihac (epd). Der Berliner evangelische Bischof Christian Stäblein hat sich erschrocken über Berichte von Geflüchteten über anhaltende gewaltsame Zurückweisungen an EU-Außengrenzen gezeigt. Während seiner Reise entlang der Balkanroute in Bosnien-Herzegowina und Kroatien hätten ihm Geflüchtete und Schutzsuchende berichtet, dass es nach wie vor sogenannte Pushbacks gebe, die gegen europäisches Recht verstoßen, sagte Stäblein dem Evangelischen Pressedienst (epd).

„Viele haben mir von gewaltsamen Zurückweisungen an der Grenze berichtet - zum Teil mit Hunden, Schlägen oder ihnen wurden sogar Arme und Beine gebrochen“, sagte der Beauftragter des Rates der EKD für Flüchtlingsfragen). Das habe ihn entsetzt. Es handele sich um Menschen, die versuchten über die Grenze zwischen Bosnien-Herzegowina und Kroatien in die EU zu gelangen und immer wieder zurückgeschleppt würden. Bosnien-Herzegowina ist kein EU-Mitgliedsland.

Stäblein reist noch bis Mittwoch entlang der Flüchtlingsroute auf dem Balkan. Am Montag besuchte er ein Lager für Geflüchtete in der bosnischen Stadt Bihac, nahe der kroatischen Grenze. Das Lager hat nach Angaben Stäbleins Platz für 1.500 Menschen. Derzeit seien 600 Geflüchtete dort, überwiegend Menschen aus Syrien und Afghanistan.

Die Situation auf der Balkanroute an den EU-Außengrenzen sei wegen anderer Krisen und Konflikte aus dem Blick geraten, erklärte der Bischof. Es zeige sich aber deutlich, dass es für den Umgang mit Geflüchteten und Migranten noch keine europäische Lösung gebe, „die menschenwürdig ist und die den Menschen dort gerecht wird“. Europa verrate an dieser Stelle seine eigenen Werte: „Es zeichnet sich immer noch durch eine hochgesicherte Grenze aus, die gegen das eigene Recht Menschen mit Gewalt zurückstößt.“

Die EU-Asylreform, die das Europäische Parlament vergangene Woche in Brüssel verabschiedet hat, gebe ihm wenig Hoffnung, dass sich an diesen Zuständen etwas ändere, sagte Stäblein. Zwar sei sie Zeugnis eines Problembewusstseins, dass die Situation so nicht bleiben dürfe. Aber die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) reguliere die Standards überall nach unten.

Das Asylsystem setze immer mehr auf Lager außerhalb des eigenen Territoriums. Diese Lager bedeuteten aber ein Hochrüsten an den Außengrenzen und schafften keine Rechtsinstitutionen, die einen menschenwürdigen und rechtsstaatlichen Umgang mit Geflüchteten ermöglichen.

epd-Gespräch: Franziska Hein

EKD-Pressemitteilung:
„Die Gewalt an Europas Grenzen muss endlich ein Ende haben“

Die EKD veröffentlicht auf ihrem Instagram täglich ein Videotagebuch der Reise