Predigt im Eröffnungsgottesdienst der Weltkonferenz der Deutschen Seemannsmission, St. Trinitatiskirche in Hamburg – Altona (Lukas 10, 16)

04. Juni 2002

Liebe Gemeinde – liebe Freunde und Freundinnen der Seemannsmission!

Der Eröffnung dieser Konferenz soll ein Wort der Heiligen Schrift gegeben werden: Wochenspruch aus dem Lukasevangelium (10, 16)

Christus spricht: Wer euch hört, der hört mich – und wer euch verachtet, der verachtet mich. (Lukas 10, 16)

1.
Das ist für die Deutsche Seemannsmission eine große Verheißung.
Lukas berichtet, Jesus habe 70 Jünger ausgesucht, je zwei zu zwei, um die Botschaft vom Anbruch der Gottesherrschaft zu verbreiten. Sie werden mit aller Vollmacht ausgestattet: „Wer euch hört, der hört mich!“ Sie kehrten zurück und berichteten: Deine Botschaft wird verstanden. Wir haben sie mit Kraft und Vollmacht verkündet.
Dieser Spruch, heute gesagt in diesem Gottesdienst, stellt uns Menschen hinein in diesen Vorgang. Durch die Arbeit der Seemannsmission, durch den Mund der Männer und Frauen wird mit Vollmacht die Botschaft Jesu Christi gesagt, - wie wenn er selber es sagte.
Das ist eine klare Sache, so deutlich, dass selbst die wunderlichsten Mirakel und Sensationen nicht deutlicher sind: Mit Jesus, dem Zimmermann aus Nazareth, hat Gottes Herrschaft begonnen, für alle sichtbar, hörbar.

2.
Das anzusagen hat nicht mit diesem Tag begonnen, auch nicht erst mit Gründung der Seemannsmission. Aber alle, die ihr verbunden sind, stellen sich in diesen Vorgang der Weitergabe hinein. Durch Menschenmund wird die Botschaft gesagt.
Die Seefahrt hat von Anfang an eine Rolle dabei gespielt. Die ersten christlichen Apostel haben neben schwierigen Fußmärschen auch riskante Schiffsreisen unternommen, um die Jesusbotschaft in die Welt zu tragen. Der Apostel Paulus hat Schiffbruch erlitten, ist mehrmals knapp dem Tode entronnen – bis er in Rom angelangt ist – wo sich seine Spur verliert, die Legende weiß, er wurde ein Märtyrer, der um seines Glaubenswillen umgebracht wurde.

Es gibt diese unaufhörliche Kette der Zeugen und Zeuginnen, die die Botschaft empfangen und weitergetragen haben. Wieviel einzelne bewirken, weiß niemand zu sagen, aber das Wort wirkt unaufhörlich.
Die Botschaft ist auch immer wieder verdreht worden in den 2000 Jahren. Gottesherrschaft ist zu menschlicher Diktatur verfälscht worden. Die Boten waren oft menschlich schwach, das begann schon mit den schlafenden Jüngern, mit Petrus dem Großmaul, der den Herrn verleugnet hat. Aber Gott hat sich gerade dieser Schwachen bedient und tut das bis heute. Ohne die menschliche Übermittlung durch Boten und Botinnen ist die Gottesherrschaft nie weitergesagt worden.
So belastet auch Auswüchse Christlicher Seefahrt bisweilen waren, mit Galeerensträflingen, Sklavenhändlern, mit Seeräubern und Menschenschiebern – auch das letztere reicht bis in unsere Zeit – so sehr auch die Seefahrt missbraucht wurde: ohne die Boten zu Schiff ist Gottes Herrschaftsansage nicht vorstellbar.

Wenn auch die apostolische Ahnenreihe viele blinde und böse Flecken hat, wir müssen dazu stehen, brauchen sie nicht zu vertuschen. Das erst würde die Herrschaft der Dämonen und der Menschenmächte so gefährlich machen, wenn wir die Schwächen leugneten. Es träten die Mächte der Macher und Verführer auf den Plan, die die Menschen zu Scheußlichkeiten überreden, die Mörder zu Märtyrern erklären.

Statt dessen können wir erkennen: Die Vollmacht der Boten wäre gar nicht zu tragen, wenn wir realistisch die eigenen Kräfte betrachten. Natürlich wird in der Seemannsmission fleißig gearbeitet, es gibt wundervolle Menschen, die am rechten Platz sind. Sie können mitfühlen, wenn Menschen leiden, sie können trösten, wenn jemand vor den Scherben seines Lebens steht. Sie können Raum und Zeit geben zum Auftanken für Gehetzte und Getriebene.
Ab ob Christi Vollmacht in ihnen steckt, das lässt sich an all dem nicht ablesen.
Wir haben nichts anderes als Jesus Versprechen – „wer euch hört, hört mich.“
Gerade so wie sie sind, mit allen Gaben und Schwächen – gerade so hören die Menschen euch und damit den Christus. Sofern ihr seine Botschaft sagt! Die Botschaft von Gottes Nähe, den Ruf zur Umkehr.

3.
Das ist eine große Entlastung: So bleibt Christus – Mensch-geworden wie wir - und kommt durch das Wort der Boten.
Die gleiche Aufnahme und die gleiche Ablehnung erfährt dieses Wort wie die Boten.
Sie stehen in der Vollmacht der Getauften – sie sagen Gottes Herrschaft an als Menschen, die ihre in Schuld verstrickten Mitmenschen in die Arme schließen.

Gottes Herrschaft ansagen: als Menschen, den schuftenden Zeitgenossen etwas von der Freiheit vermitteln: Freiheit der Zeit zum Leben.
Gottes Herrschaft ansagen als Mensch, den Mitmenschen stützen und ermutigen

  • gegen den Missbrauch der Erde und ihrer Gewässer,
  • gegen den Missbrauch der Körper und Seelen,
  • gegen die Verplanung und Verschwendung von kostbarer Lebenszeit.

Gottes Herrschaft ansagen – das ist Gottes Abstieg in die Not seiner Geschöpfe. – Darin sollt ihr keine Kompromisse machen.

4.
Ihr macht Christus hörbar – nicht um den Bestand der Institution zu sichern – aber in Dankbarkeit, dass wir Kirchen haben und Häuser, Organisationen und Institutionen, die der konkreten Hilfe Dauerhaftigkeit verleihen können.
Die Seemannsmission kann auch in der Gestalt jeder einzelnen Station in der weiten Welt – mitten in der verheerenden Gegenwart eine Asylstätte der menschlichen Gottesliebe sein.
Das Urteil, ob die Seemannsmission dem Anspruch genügt – und alle, die in ihr arbeiten, ist menschlich nicht zu fällen. Ob wir können,

was uns übertragen ist, hängt an einem einzigen:
Die Kraft kommt aus dem Hören – dass wir selber Hörende bleiben, die Gottes Versprechen als ihr Heil begreifen!

So kann die Arbeit gelassen getan werden und gut gelingen.

Amen