Stammzelldebatte: Lebensschutz ist bleibend wichtig"

Frankfurt a.M. (epd). Kurz vor der Bundestagsdebatte über das Stammzellgesetz haben Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) und Vertreter der evangelischen Kirche eine Verschiebung des Stichtages befürwortet. Eine einmalige Verlegung sei weder ein "Dammbruch" noch eine Freigabe grenzenloser Forschung, sondern bleibe "in der Logik des Gesetzes", sagte Schavan am Dienstag in Berlin.

Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Peter Steinacker, erklärte, eine Verschiebung sei "kein bedenklicher Kurswechsel", sondern die angemessene Fortschreibung der 2002 vorgenommenen ethischen Güterabwägung.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, verteidigte in einem Interview des "Deutschen Ärzteblatts" sein Eintreten für eine einmalige Verschiebung des Stichtages zur Stammzelleneinfuhr. Huber war mit dieser Position auch innerkirchlich in die Kritik geraten. Einzelne evangelische Landesbischöfe und die katholischen Kirche wandten sich gegen eine Verschiebung des Stichtags.

Der sächsische Landesbischof Jochen Bohl sprach sich für das Festhalten an der Stichtagsregelung aus. Möglich sei aber zum Beispiel dessen Verschiebung auf Anfang dieses Jahres, erklärte Bohl am Dienstag in Dresden. Dies läge in der Logik des 2002 im Bundestag gefundenen Kompromisses.

Er halte es aus "christlicher Perspektive" lediglich für gerechtfertigt, aus überzähligen Embryonen Stammzellen für hochrangige Forschungszwecke zu entwickeln, argumentierte Huber. Er respektiere aber die Meinung derjenigen, die auch das für ethisch ausgeschlossen halten.

Aber die Gegner der Stammzellforschung müssten dann zugeben, dass sie das Absterben der über lange Zeit eingefrorenen Embryonen für die ethisch einzig angemessene Antwort halten, so der Berliner Bischof. Die Einfuhr und Verwendung von embryonalen Stammzellen zu Forschungszwecken bleibt nach den Worten von Kirchenpräsident Steinacker auch bei der geplanten Gesetzesänderung verboten. Aus einer Neufestsetzung des Stichtags, vor dem Stammzellen erzeugt sein müssen, um nach Deutschland eingeführt werden zu dürfen, lasse sich kein Impuls zur zukünftigen Erzeugung von Stammzellen ableiten.

Angestrebt wird eine Verlegung des Stichtags vom 1. Januar 2002 auf den 1. Mai 2007. Die ethische Herausforderung in den Fragen des Lebensschutzes ist Steinacker zufolge schwer mit einem eindeutigen Ja oder Nein zu beantworten, weil es bei der Forschung mit Stammzellen nicht den einzigen richtigen Weg gebe. Bereits das bestehende Stammzellgesetz sei "keine glatte Lösung", sondern habe eine Güterabwägung zwischen dem Prinzip des Lebensschutzes und den Forschungsinteressen für neue Therapiemöglichkeiten getroffen.

Entscheidend ist laut Steinacker die gemeinsame Basis der verschiedenen evangelischen Positionen, den Lebensschutz als das "bleibend Wichtige" zu nehmen. Dem ethischen Dilemma könne man nur entkommen, wenn es der Forschung gelänge, dass der Rückgriff auf embryonale Stammzellen "möglichst bald" nicht mehr nötig sei.

13. Februar 2008

Interview des EKD-Ratsvorsitzenden im "Deutschen Ärzteblatt"