Studie: Traditionelle Männer in Deutschland haben sich bewegt

Berlin (epd). Immer mehr Männer wollen eine partnerschaftliche Verteilung zwischen Familien- und Erwerbsarbeit. Dies ist das Ergebnis einer neuen Studie, deren Ergebnisse Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) und die beiden großen Kirchen am Mittwoch in Berlin vorstellten. Die Vaterrolle werde für Männer wichtiger und auch aktiver wahrgenommen. Gerade traditionell eingestellte Männer hätten ihre negative Einstellung zur Berufstätigkeit von Frauen im vergangenen Jahrzehnt verändert. "Die traditionellen Männer sind moderner geworden", folgern die Autoren.

Die Studie trägt den Titel "Männer in Bewegung". Für die repräsentative Erhebung im Auftrag der Männerarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Gemeinschaft der Katholischen Männer Deutschlands wurden 1.470 Männer und 970 Frauen befragt. Der Sozialwissenschaftler Rainer Volz (Düsseldorf) und der Pastoraltheologe und -soziologe Paul Michael Zulehner (Wien) gingen dabei der Frage nach, wie sich die Männerrollen im vergangenen Jahrzehnt gewandelt haben. Moderne Einstellungen, beispielsweise zur gleichmäßigen Aufteilung von Familien- und Erwerbsarbeit fanden sie bei rund einem Fünftel der befragten Männer vor, bei den Frauen war es dagegen fast ein Drittel. Traditionelle Vorstellungen, dass die Frau an den Herd gehöre und Berufstätigkeit von Frauen für Kinder schädlich sei, spielten fast keine Rolle mehr. 58 Prozent der Männer befürworten, dass Mann und Frau zum Haushaltseinkommen beitragen sollten, 1998 waren es 54 Prozent.

Die Ehe wird von jedem vierten Mann als überholt eingestuft. Bei dem modernen Männertyp sind es nur 13 Prozent, von den traditionellen Männern halten 35 Prozent die Ehe für nicht zeitgemäß. Hingegen findet nur jede fünfte Frau, dass die Lebensform Ehe überholt sei.

Nur noch jeder zweite Mann stimmte dem Satz zu, dass Frauen von Natur aus besser geeignet seien, Kinder zu erziehen. Vor einem Jahrzehnt waren noch zwei von drei Männern dieser Ansicht. Große Unterschiede bestehen weiter bei der Bereitschaft zur Pflege und der Akzeptanz von Gewalt, wie die Studie zeigt. 27 Prozent der Männer wären nicht bereit, Berufstätigkeit und Pflege von Angehörigen zu verbinden - bei Frauen sind es nur halb so viele. Für die Weigerung führten die Männer neben Karrieregründen an, professionelle Pflegedienste seien besser, das Familieneinkommen sei dafür zu niedrig und Pflege gehöre nicht zu ihren Aufgaben. Die Akzeptanz von Gewalt liegt bei Männern doppelt so hoch wie bei Frauen.

Dem Typ "traditioneller Mann" werden in der Studie 27 Prozent der Befragten zugeordnet, vor zehn Jahren waren es noch 30 Prozent. Beim modernen Männertyp sind es 19 Prozent (1998:17 Prozent). Von den befragten Frauen wird jede dritte als moderner Typ eingestuft. Zwischen traditionell und modern siedelt die Studie den "balancierenden Typ" mit 24 Prozent und als größte Gruppe den nach seiner Rolle "suchenden Mann" (30 Prozent) an. Aus den Verschiebungen folgern die Autoren, dass Männer in der Modernisierung ihrer Rolle den Frauen hinterherhinken. Bei den ganz Jungen stehen 41 Prozent modernen Frauen nur 13 Prozent moderne Männer gegenüber.

Eine Annäherung zwischen den Geschlechtern legt ein anderes Ergebnis nahe: 2008 meinten nur noch acht Prozent der Männer, dass es keine Traumfrau für sie gibt. Bei der Studie 1998 waren dies noch 39 Prozent. Von ihrer Traumfrau erwarten die Männer neben Intelligenz auch Gefühlswärme, Attraktivität, Verständnis und Häuslichkeit.

18. März 2009

Empirischen Studie „Männer in Bewegung – 10 Jahre Männerentwicklung in Deutschland“ als pdf

EKD-Pressemitteilung und weitere Texte

Hintergrundinformation: Männerarbeit der Evangelischen und Katholischen Kirche in Deutschland


Wie halten's Männer mit Religion und Kirche - (Extra)

Berlin (epd). In ihrer Religiosität haben sich Männer und Frauen einander angenähert. Mehr Männer als vor zehn Jahren bezeichnen sich heute als religiös, ergibt sich aus der neuen Männerstudie, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. Parallel verringerte sich die Zahl der Frauen, die sich als religiös sehen. Zugenommen hat bei Frauen und Männern der Anteil der "überzeugten Atheisten".

In der Umfrage 2008 sagten 39 Prozent der Männer, sie seien religiös. Vor zehn Jahren waren es 37 Prozent. Der Anteil der Frauen, die sich als religiös einstufen, ging im selben Zeitraum von 67 auf 43 Prozent zurück. Der Aussage, dass Frauen "religiöser/gläubiger" als Männer seien, teilte bei beiden Geschlechtern jeder dritte Befragte.

Die bundesweite Befragung von 2.400 Männern und Frauen erfolgte im Auftrag der Männerarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Gemeinschaft der Katholischen Männer Deutschlands. Die Studie wurde mitfinanziert vom Bundesfamilienministerium.

Auf die Frage, ob sie als Kind religiös erzogen wurden, antworteten 2008 27 Prozent der Befragten mit "überhaupt nicht". Vor zehn Jahren waren dies noch 16 Prozent. Als maßgebliche Einflussperson für die eigene Religiosität nannten 46 Prozent der Männer und 51 Prozent der Frauen ihre Mutter, gefolgt von Großmutter und Vater. Den Pfarrer oder Priester rechnen nur 25 Prozent der Männer und 30 Prozent der Frauen zu den einflussreichen Personen für die eigene Religiosität. Die Umfrage registriert zudem ein vermehrtes Interesse an religiösen Themen.

Das traditionelle christliche Gottesbild ("Ich glaube, dass es einen Gott gibt, der sich in Jesus Christus zu erkennen gegeben hat") findet unter den evangelischen und katholischen Befragten nur 30 Prozent beziehungsweise 29 Prozent Zustimmung. Die Forscher beobachten insgesamt dennoch "eine wachsende Sensibilität von Männern für Religiosität, Spiritualität, noch mehr auch für emotionale Verbundenheit mit einer/der Kirche".

Zugenommen hat seit 1998 die Kirchenverbundenheit. 2008 bezeichneten sich 29 Prozent (1998:16 Prozent) der Männer und 28 Prozent (24 Prozent) der Frauen als kirchenverbunden. Ebenfalls verbuchten die Kirchen Sympathiegewinne bei den Konfessionslosen. So äußerten elf Prozent der männlichen und acht Prozent der weiblichen Nichtmitglieder Sympathie für die Kirchen.

Unter Protestanten und Katholiken gewann die Auffassung an Boden, dass man auch ohne Kirchgang ein guter Christ sein könne. Anlässe für den Gottesdienstbesuch sind bei den Protestanten vor allem familiäre Feste (34 Prozent) und kirchliche Feiertage (27 Prozent). Fast jeder zehnte geht ein bis zweimal monatlich zur Kirche. Hingegen gaben 58 Prozent der Katholiken an, mindestens einmal im Monat zur Messe zu gehen. Zugleich sind es doppelt so viele (16 Prozent) Katholiken, die nie zur Kirche gehen, als Protestanten (neun Prozent).

Den Einfluss der Kirche für das eigene Leben stuften 21 Prozent der Männer und 23 Prozent der Frauen als förderlich ein. Keinen kirchlichen Einfluss für sich sehen 30 Prozent der Männer und 21 Prozent der Frauen. Die Erwartungen an die Kirchen sind sehr unterschiedlich: 31 Prozent der Männer wünschen den Einsatz der Kirche für das traditionelle Geschlechterverhältnis, genau so viele wünschen sich ihre Unterstützung bei der Neugestaltung der Männerrolle.

18. März 2009


Studie: Wandel der Männerrolle kommt voran

Jeder Fünfte denkt partnerschaftlich

Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird Kernfrage - (Zusammenfassung)

Berlin (epd). Die Männer sind in Bewegung gekommen, doch traditionell eingestellte Männer sind gegenüber modernen Männer immer noch in der Mehrheit. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie im Auftrag der evangelischen und katholischen Männerorganisationen, die die beiden Kirchen und Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Mittwoch in Berlin vorstellten.

Die repräsentative Erhebung unter dem Titel "Männer in Bewegung" geht der Frage nach, wie sich die Männerrolle im letzten Jahrzehnt gewandelt hat. Sie stuft fast ein Fünftel (19 Prozent) der Männer als modern sein, 27 Prozent seien traditionell eingestellt, hieß es. Vor zehn Jahren waren es noch 30 Prozent.

Die meisten Männer, rund ein Drittel, sind indes noch auf der Suche nach ihrer Rolle. Jeder Vierte gehört zu den Balancierern zwischen alten und neuen Rollenbildern, den "Rosinenpickern", so einer der beiden Autoren der Studie, der Wiener Pastoraltheologe Paul M. Zulehner. Solche Männer akzeptierten die Berufstätigkeit ihrer Frauen, teilen sich mit ihnen aber nicht die Hausarbeit. Im Vergleich zu den Frauen kommen die Männer langsamer voran. Jede dritte Frau hat moderne Rollenvorstellungen, aber nur jeder fünfte Mann.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, begrüßte den Wandel, der allerdings nicht von den Männern, sondern den Frauen angestoßen worden sei. Männer seien heute als Familienväter ebenso gefragt wie im Beruf. Die Vereinbarkeit werde auch für sie zu einer "Kernfrage". Die Kirchen, die bei den Männern an Ansehen gewonnen hätten, könnten in ihrer Bildungsarbeit viel beitragen zur Weiterentwicklung der Geschlechterrollen, sagte Huber.

Erzbischof Ludwig Schick, der in der Deutschen Bischofskonferenz für die Männerarbeit zuständig ist, nannte die Studie einen "Meilenstein der empirischen Männerforschung". Die meisten Männer wünschten Veränderungen und müssten dabei unterstützt werden. Von der Leyen hob hervor, dass Männer nicht nur in der Familie, sondern auch in der öffentlichen Fürsorge gefragt seien: "Wir brauchen mehr Männer in den Kitas, Schulen und in der Pflege." Hier könnten die Kirchen als Träger von Kindertagesstätten und Pflegeeinrichtungen viel bewirken.

Der Studie zufolge spielen traditionelle Vorstellungen, dass die Frau an den Herd gehöre und Berufstätigkeit von Frauen für Kinder schädlich sei, fast keine Rolle mehr. 58 Prozent der Männer befürworten, dass Mann und Frau zum Haushaltseinkommen beitragen sollten, 1998 waren es 54 Prozent. Nur noch jeder zweite Mann stimmte dem Satz zu, dass Frauen von Natur aus besser geeignet seien, Kinder zu erziehen. Vor einem Jahrzehnt waren noch zwei von drei Männern dieser Ansicht.

Die Ehe wird von jedem vierten Mann als überholt eingestuft. 35 Prozent der traditionellen Männer halten sie für nicht mehr zeitgemäß, aber nur 13 Prozent der modernen. Von der Leyen wertete das als Beleg, dass die Ehe nur als partnerschaftliche moderne Ehe eine Zukunft habe. Unter den Frauen hält nur jede fünfte die Ehe für überholt.

Große Unterschiede zwischen Männern und Frauen bestehen weiter bei der Bereitschaft zur Pflege von alten Menschen. 27 Prozent der Männer wären nicht bereit, Berufstätigkeit und Pflege von Angehörigen zu verbinden - bei Frauen sind es nur halb so viele. Studienautor Zulehner bezeichnete die Entlastung der Frauen bei der Pflege als "eine der massivsten Herausforderungen" in einer alternden Gesellschaft. Familien bestünden aus drei Generationen, nicht nur aus Eltern und Kindern.

Die Studie trägt den Titel "Männer in Bewegung" und wird zehn Jahre nach der ersten Männerstudie der Kirchen "Männer im Aufbruch" veröffentlicht. Für die repräsentative Erhebung im Auftrag der Männerarbeit der EKD und der Gemeinschaft der Katholischen Männer Deutschlands wurden 1.470 Männer und 970 Frauen befragt. Autoren sind der Sozialwissenschaftler Rainer Volz (Düsseldorf) und der Pastoraltheologe Zulehner.

18. März 2009