Syrien: Nothilfe über Grenzen hinweg

Die Gewaltspirale im Konflikt zwischen den syrischen Rebellen und dem Regime von Präsident Assad dreht sich unvermindert weiter. Fast täglich gibt es Zusammenstöße zwischen Aufständischen und der Armee; Bombenanschläge und Gefechte haben schon viele Tote und Verletzte gefordert. Aus Angst vor der Ausweitung der Kämpfe sind Zehntausende Menschen bereits in die Nachbarländer geflohen, darunter viele Frauen und Kinder. Und es werden jeden Tag mehr. Zusammen mit ihren Partnern versorgt die Diakonie Katastrophenhilfe derzeit rund 28.000 syrische Flüchtlinge mit dem Nötigsten. Über das kirchliche Netzwerk ACT Alliance gelingt es zudem, sowohl Betroffen in Jordanien und im Libanon als auch Familien, die innerhalb Syriens auf der Flucht sind, zu erreichen.

Im Gegensatz zur ausführlichen Berichterstattung über den bewaffneten Konflikt selbst, findet die humanitäre Notlage der Zivilbevölkerung in den Medien kaum Beachtung. Entsprechend gering fällt daher die finanzielle Unterstützung der Weltgemeinschaft aus. Im Rahmen eines Spendenaufrufs von ACT Alliance hat die Diakonie Katastrophenhilfe zunächst 100.000 US-Dollar bereit gestellt – und ist damit der größte Einzelgeber. Dabei zwingt die Gewalt immer mehr Syrer in die Flucht. Inzwischen seien rund 300.000 innerhalb des Landes geflohen, teilte das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) am Dienstag in Genf mit. Es stützt sich dabei auf Angaben des Syrischen Roten Halbmonds. Bisher war man von einer Million Binnenflüchtlingen ausgegangen.

Geldsorgen belasten Vertriebene

Je länger die Unruhen anhalten, desto größer wird die Not der geflohenen Familien. Die Hoffnung, bald wieder nach Hause zurück zu können, schwindet. Ohne Arbeit und Einkommen gehen vielen jetzt die finanziellen Reserven aus, um ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten.

Partner der Diakonie Katastrophenhilfe unterstützen daher 300 Familien drei Monate mit Mietzuschüssen. Für 500 Kinder übernimmt das Hilfswerk die Schulgebühren oder finanziert Nachhilfeunterricht, damit der Schulbesuch wegen des Konflikts nicht auf der Strecke bleibt.

Wachsende Flüchtlingsströme an den Grenzen

Nicht weniger schwierig ist die Lage für die Menschen – nach UNHCR-Angaben mittlerweile über 150.000 –, die versuchen über die Grenzen in die Nachbarländer zu gelangen. So haben die meisten Syrer in der Türkei, in Jordanien, im Libanon und im Irak Zuflucht gesucht. Da viele sich aus Angst jedoch nicht registrieren lassen, dürfte die tatsächliche Zahl wohl weit höher liegen. Um eine weitere Destabilisierung der politischen Lage in der Region durch diese Flüchtlingswelle zu verhindern, ist es wichtig, auch die aufnehmenden Gastgemeinden zu unterstützen.

Lebensmittelpakete für Familien

Mit Hochdruck organisiert die Diakonie Katastrophenhilfe über ACT Alliance Hilfslieferungen ins libanesische Bekaatal sowie ins Grenzgebiet von Jordanien und in mehrere syrische Städte, um betroffene Familien zu unterstützen. Neben Nahrungsmitteln erhalten sie Kleidung, Bettwäsche und Decken, Hygieneartikel und Haushaltsbedarf wie Geschirr, Ventilatoren und Kocher.

Allein 5.000 Lebensmittelpakete mit u.a. Reis, Bohnen und Tee werden in den nächsten Wochen verteilt. Jedes Paket sichert die Ernährung einer Familie für einen Monat. Für Familien mit kleinen Kindern stellen die Hilfskräfte 2.000 Babysets mit Windeln, Seife, Puder und Töpfchen zusammen.

Im Irak unterstützt das evangelische Hilfswerk das größte Flüchtlingslager (Domiz Camp) mit Hygienematerialien. In der Türkei steht das Regionalbüro in Istanbul bereit, falls die türkische Regierung um internationale Hilfe ersucht.

Unterstützung für Gewaltopfer

"Viele Flüchtlinge sind aber nicht nur materiell, sondern auch psychisch stark betroffen", erklärt Michael Frischmuth, zuständiger Länderreferent der Diakonie Katastrophenhilfe. Einige haben selbst unmittelbar Gewalt erlebt. Andere haben Familienangehörige verloren oder bei der Flucht zurücklassen müssen.

Eine Partnerorganisation, die bereits Erfahrungen aus der psychosoziale Betreuung irakischer Flüchtlinge hat, organisiert Gruppenangebote für Kinder und Frauen, um ihnen zu helfen, die Geschehnisse zu verarbeiten. Außerdem beraten sie Mütter, wie sie trotz der schwierigen Umstände der Flucht ihre Kinder gesund ernähren können.

Risiko für Partnerorganisationen

Auch für die Einsatzkräfte stellt die Hilfe der Betroffenen im syrischen Krisengebiet vor besondere Herausforderungen. "Vor allem im Land selbst ist die Hilfe ein schwieriges Unterfangen, das sorgfältige Koordination und Absprachen erfordert", berichten die Partner. Nur so lasse sich sicherstellen, dass die Bedürftigsten ungeachtet ihrer religiösen oder politischen Zugehörigkeit die nötige Hilfe erhalten und die Sicherheit der zu versorgenden Familien wie auch der Hilfskräfte gewährt ist.

Die Diakonie Katastrophenhilfe bittet um Hilfe unter dem Stichwort "Nothilfe Syrien".

Diakonie Katastrophenhilfe: Konto 502 502, Evang. Darlehensgenossenschaft, BLZ 2106 0237 oder online unter http://d-kh.de/syrien

www.diakonie-katastrophenhilfe.de

30. Juli 2012