Theologieprofessor warnt: Glaube nicht auf Spiritualität verkürzen

Zürich (epd). Der evangelische Sozialethiker Ulrich Körtner wendet sich gegen Tendenzen in Kirchen und Theologie, christlichen Glauben auf Spiritualität zu verkürzen. Beim christlichen Glauben gehe es nicht um Religion oder Spiritualität, sondern um Gott, sagte der Theologieprofessor am Dienstag in Zürich. Das Evangelium verspreche keine "kleine Transzendenzen", die im Urlaub oder Fußballstadion zu erleben seien. Vielmehr antworte es auf die Frage, was Menschen im Leben und Sterben tröste.

Auf dem internationalen Kongress zum Reformationsjubiläum 2017 sprach Körtner über das "vierfache Allein" - allein Christus, allein die Gnade, allein die Schrift, allein der Glaube - als Leitbegriffe reformatorischer Theologie. Das drängende Problem der Kirchen sieht Körtner deshalb nicht in einem Mangel "an irgendwelcher Spiritualität", sondern in der Sprachnot des Glaubens. Dies äußere sich in einer "bisweilen erschreckenden Banalisierung" christlicher Glaubensinhalte, die mit Recht als Selbstsäkularisierung der Kirche kritisiert werde.

Die als Antwort auf die Krise der Kirchen empfohlene "Respiritualisierung" sei keine Alternative, sondern leiste Selbstsäkularisierung nur weiteren Vorschub, warnte der in Wien lehrende Theologe. Körtner empfahl weiter, zwischen der Gottesfrage und der Sinnfrage zu unterscheiden. Nicht jeder, der nach dem Sinn des Lebens frage, stelle auch schon die Gottesfrage. Wer heute im biblischen Sinne von Gott reden wolle, könne nicht davon ausgehen, dass immer schon nach Gott gefragt werde, argumentierte der Theologe.

Die Rede von Gott und die Rede von Jesus Christus bedingten einander und gehörten zu dem unverwechselbaren christlichen Profil. Nicht eine vage Gottoffenheit, sondern das Christusbekenntnis sei das entscheidende Kennzeichen, anhand dessen "das Label Christentum" auf dem Markt der religiösen Möglichkeiten und Unmöglichkeiten erkannt werde, sagte Körtner.

09. Oktober 2013

Internationaler Kongress zum Reformationsjubiläum 2017