„Nichts muss so bleiben, wie es ist“

Osterbotschaft des Leitenden Bischofs der VELKD

„Der christliche Glaube ist Osterglaube. Glaube, der sich darauf verlässt, dass nichts so bleiben muss, wie es ist. Dass alles neu werden kann, weil dieser Glaube uns frei macht, anders zu leben“, so der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Landesbischof Gerhard Ulrich (Schwerin), in seiner Botschaft zum Osterfest.

Ausgehend von dem geschichtlichen Ereignis der Auferstehung, wie es in der Bibel bezeugt wird, schreibt er: „Auferstehung – das ist auch heute! Da wurde und wird eine Kraft freigesetzt, die die Menschen damals und seitdem bis heute verwandelt, in Bewegung hält, sie neu ausrichtet.“

Auch in einer Welt, in der Trauer und Leid nicht verschwunden seien, in der Krieg und Terror herrschten, entfalte die Botschaft von Kreuz und Auferstehung ihre verändernde Kraft: „Die Dynamik der Auferweckung Jesu bringt die Steine zum Rollen, die die Grabeshöhle verschließen sollten. Energie wird wieder frei, dass wir den Mund auftun und laut werden lassen die Klage, die Wut, die Angst. Und dass wir Gott im Ohr liegen. Nur, wenn die Not konkret ausgesprochen wird vor Gott, kann Befreiung, Überwindung sich zeigen.“

Der vollständige Text der Osterbotschaft von Landesbischof Gerhard Ulrich im Wortlaut:

„Auferstehung is‘ heute!“ – Das steht auf einem riesigen Spruchband. Fans in einem Fußballstadion halten es hoch. Es soll etwas passieren – jetzt. Der Abstieg abgewendet werden – heute. Es steht etwas auf dem Spiel. Und zugleich sehen die Menschen ganz entspannt aus. Sie scheinen sich ihrer Sache sicher zu sein. Sie glauben daran.

Auferstehung is‘ heute!“ – Etwas schräg wird hier auf den Punkt gebracht, was Ostern für die Christenheit auf Erden bedeutet: Auf-bruch, Auf-stehen ins Leben, Auf-stehen zum Leben. Auferstehung! Das Leben liegt wieder vor uns. Der für uns gestorben ist, bringt uns neu auf die Beine.

Die Auferweckung Jesu Christi ist wirklich geschehen. Sie ist Tatsache und verändert alles. Das Grab Jesu war leer am Ostermorgen, als die Frauen damals dorthin kamen: „Und sie kamen zum Grab, sehr früh, als die Sonne aufging. Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür? Und sie sahen hin und merkten, dass der Stein weggewälzt war; denn er war sehr groß.“ So wird es in der Bibel, im Evangelium nach Markus, Kapitel 16, erzählt. Und zugleich gilt: Dieses geschichtliche Ereignis bleibt kein Ereignis der Vergangenheit. Auferstehung – das ist auch heute! Da wurde und wird eine Kraft freigesetzt, die die Menschen damals und seitdem bis heute verwandelt, in Bewegung hält, sie neu ausrichtet.

Viele, die damals nach der Kreuzigung Jesu verstört, ja hoffnungslos aus Jerusalem geflohen waren, – sie kehren wieder zurück in die Stadt, zurück zu den Freunden: Neuer Aufbruch mit dem neuen Glauben. Weitergeben das, was sie empfangen und gesehen haben: „Er ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!“ rufen sie jetzt. Zurück zum Schauplatz des neuen Lebens. Zurück zum Schauplatz des Kreuzes – dieses so überraschenden, so unglaublichen Sieges über den Tod. Stark in seiner Schwachheit ist dieser Jesus. So stark, dass er – mächtiger als die, die ihn ans Kreuz nageln, – im Tod nicht festgehalten werden kann.

Gottes Aufstand gegen den Tod beginnt. Natürlich – die Welt ist immer noch der Ort des Kreuzes. Natürlich – die Trauer, sie ist nicht weg. Das Leid nicht verschwunden. Immer wieder neue Opfer von Gewalt und Hass, immer wieder Ratlosigkeit angesichts von Krieg und Terror. Das Kreuz in dieser Welt löst sich nicht in Wohlgefallen auf. Aber die, die den Herrn erkannt haben, denen die Augen aufgegangen sind: Sie sind andere geworden, sehen anders auf die Welt. Sie sagen weiter, was verheißen ist. Sie glauben Gott nicht bei den Toten, sondern im Leben! Inmitten von Trauer und Angst.

Die Dynamik der Auferweckung Jesu bringt die Steine zum Rollen, die die Grabeshöhle verschließen sollten. Die Dynamik der Auferweckung Jesu verwandelt die vor Schreck verstummten Frauen: Sie machen den Mund auf! Energie wird wieder frei, dass wir den Mund auftun und laut werden lassen die Klage, die Wut, die Angst. Und dass wir Gott im Ohr liegen. Nur, wenn die Not konkret ausgesprochen wird vor Gott, kann Befreiung, Überwindung sich zeigen. Die Dynamik der Auferweckung Jesu bringt auch in mir die Steine zum Rollen, die auf meiner Seele lasten und zuhalten wollen meinen Mund.

Auferstehung heißt auch: Ich will nicht davon lassen, dass ich auf Gottes Allmacht und Liebe vertraue. Auf was denn sonst? Ja, es gibt sie, diese Frechheit des Glaubens, in der ich Gott festlege auf das Versprechen, das er selbst gegeben hat, nämlich treu und gerecht zu sein und zu bleiben immer und ewiglich.

Der christliche Glaube ist Osterglaube. Glaube, der sich darauf verlässt, dass nichts so bleiben muss, wie es ist. Dass alles neu werden kann, weil dieser Glaube uns frei macht, anders zu leben. Mit dem Erschrecken lebend auf die Suche zu gehen nach dem, was dem Leben dient, Wege der Liebe zu gehen, nicht des Todes. Umkehr nennt die Bibel das. Umkehr zum Leben. Zum Leben, das sich speist aus der Hoffnung, die lebendig geworden ist in Jesus Christus selbst. Darum singe ich mit das Osterlied der Hoffnung, wie es der Apostel Paulus aufgeschrieben hat: „Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes uns trennen kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.“ (Römerbrief 8, 38 f.) Ich wünsche Ihnen frohe, gesegnete Ostern!

Schwerin/Hannover, 1. April 2018

Henrike Müller
Pressestelle der VELKD