„Fester Stand und festes Herz“

EKD-Kirchenamtspräsident Hermann Barth würdigt Johann Peter Hebel

Der Präsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Hermann Barth, hat Johann Peter Hebel gewürdigt. In der Vorlesung anlässlich seiner Ehrenpromotion am heutigen Dienstag in Münster (Westfalen) betrachtete Barth die drei grundlegenden Textgattungen des 1760 in Basel geborenen und 1826 in Schwetzingen gestorbenen Schriftstellers und Theologen, an dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr gedacht wird: die Biblischen Geschichten, die Predigten und die bekannten Kalendergeschichten.

In seinen Biblischen Geschichten, so Barth, habe sich Hebel bewusst an Luthers Bibelübersetzung angelehnt und auf diese Weise dazu beigetragen, dass sie die „Leitwährung der evangelischen Kirchen− und Glaubenssprache“ geblieben sei. An seinen Vorgängern habe Hebel die „bibelstundenartige Breite der expliziten Anwendungen des biblischen Textes auf Lebenssituationen“ getadelt. Was nur möglich sei, so Hebels Credo, solle in den Worten der Bibel ausgedrückt werden. "Je kürzer, glaube ich, je körniger und sententiöser (d.h.: sprichwörtlicher) solche Bemerkungen sind, desto fruchtbarer“, zitierte der Präsident des Kirchenamtes der EKD den Schriftsteller und Theologen.

Barth nahm Hebel gegen die zuweilen geäußerte Kritik in Schutz, bei seinen Texten und Spruchweisheiten handele es sich nicht um spezifisch christliche, sondern lediglich um im allgemein Weisheitlichen angesiedelte Gedanken: „Was im Vorhof des Glaubens erfahren und gedacht wird, darf nicht leichthin diskreditiert werden als ,Verdünnung‘ des Glaubens, es ist vielmehr der wichtige Versuch, Berührungsflächen mit dem Glauben zu erhalten oder neu zu schaffen.“ Einladung zum Glauben, so Barth weiter, sei nicht unbedingt erfolgreich, wenn sie mit der Tür ins Haus falle. Sie müsse vielmehr Geduld haben und auf geeignete Gesprächseinstiege warten können. Außerdem dürfe man „das Implizite“ nicht gering schätzen. Manchmal sei das indirekt Gesagte, das lediglich Angedeutete „viel wirkmächtiger als die platte Direktheit.“

Bei der Vermittlung des Glaubens habe die Predigt des Evangeliums von Jesus Christus, aber auch die Weitergabe weisheitlicher Lehre ihre Zeit. Barth erwähnte in diesem Zusammenhang den berühmten Choral von Paul Gerhardt „Befiehl du deine Wege“, der in der christlichen Frömmigkeit seinen festen Platz habe, obgleich er im Text eigentlich nichts spezifisch Christliches aufweise und deshalb auch „von unseren jüdischen Geschwistern gesungen werden könnte.“

Der christliche Glaube, so Barth abschließend, sei für Hebel „im Kern etwas ganz Schlichtes, Einfaches, Gerades“. Deshalb habe Hebel vor dem „Grübeln und Tüfteln“ gewarnt und dazu geraten, den „Disput mit Andersdenkenden“ zu meiden, besonders mit Gelehrten, die nach Hebels Auffassung alles kompliziert machten und alles besser wüssten. Der seelsorgerliche Sinn dieser laut Barth „nicht immer ganz fairen Ratschläge“ sei klar: „Der feste Stand und das feste Herz, die der Glaube verleiht, dürfen um keinen Preis der Welt gefährdet werden.“

Hannover, 19. Oktober 2010

Pressestelle der EKD
Reinhard Mawick

Der Vortrag im Wortlaut

Hinweis:

Soeben ist von Hermann Barth der Band „Johann Peter Hebel: Was nicht ist, das kann werden, oder: Vom Umgang mit Sprichwörtern“ erschienen. edition chrismon mobil, 80 Seiten; Euro: 7,90; ISBN 978-3-86921-046-9