Wiederkehr der Religion als Herausforderung

Huber zur Eröffnung eines Kongresses des Gnadauer Verbands

Die Nachfrage nach einer geistlichen Orientierung, die von Religionsgesellschaften ausgehe, sei unverkennbar gewachsen, erläutert der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, in seinem Eröffnungsvertrag vor dem Kongress der Hauptamtlichen im Gnadauer Gemeinschaftsverband. Der Verband ist – nach eigener Darstellung – ein freies missionarisches Werk, in dem regionale Verbände und Werke und die zur Gemeinschaftsbewegung gehörenden Ausbildungsstätten, Missionen und diakonischen Werke und Einrichtungen zusammengeschlossen sind. In dem Vortrag „Das Christliche in unserem Land – Standort und Perspektiven“ zeigt der Ratsvorsitzende, wo in der deutschen Gesellschaft, die Frage nach Religion neu aufgetreten ist, und wie die Kirche darauf reagieren könne. Dabei warnt Huber vor dem Missverständnis, die „Wiederkehr der Religion“ führe automatisch zu einer verstärkten Zuwendung zum christlichen Glauben. Die Menschen hätten jedoch erkannt, „dass ein komplett diesseitiges, rein wirtschaftstaumeliges und radikal konsumzentriertes Leben zu banal, zu äußerlich und zu oberflächlich ist“.

Unkritisch dürfe die Kirche mit dieser Wiederkehr der Religion nicht umgehen, so der Ratsvorsitzende. Zwar hätten viele in vergleichsweise kurzer Zeit zunehmend erkannt, dass die Frage nach Gott eine der Fragen ist, in denen eine persönliche Entscheidung gefordert sei. Der Reformprozess der evangelischen Kirche reagiere auf diese Herausforderung, in dem es in dem Prozess weniger um Organisationsfragen und mehr um einen inhaltlichen Aufbruch gehe: „Geistliche Profilierung statt undeutlicher Aktivität.“ Wolfgang Huber erinnert die Hauptamtlichen des Gnadauer Verbands, dass der Glaube „in der christlichen Tradition in vielfachen Bezügen“ ausgelegt werde. Die Reformation unterscheide Glaube als Erkennen, Glaube als willentliche Zustimmung und Glaube als Vertrauen. Aus diesem Vertrauen heraus könnten Menschen den „Zustand der Selbsteinschüchterung“ (Hans Jonas) verlassen, „und voller Zuversicht und Mut von diesem einzigartigen Vertrauen in Gott erzählen.“ So diene der Reformprozess „Kirche der Freiheit“ mit seinem Kongress Ende Januar in Wittenberg auch der Stärkung des persönlichen Glaubens: „Nach meiner Überzeugung sollte es nicht länger als typisch protestantisch gelten, dass wir das Innenleben des Glaubens, die spirituelle Landschaft im Herzen, die geistige Tiefe in der Seele vernachlässigen. Vielmehr werden wir gerade aus solcher geistigen Tiefe und theologischen Klarheit, aus dem Miteinander von theologischem Profil und spiritueller Dichte heraus auch in unseren Taten, in unserem Sagen und in unserem Trösten zu einer neuen Tiefe und Klarheit kommen,“ so der Ratsvorsitzende.

Hannover / Berlin, 07. Mai 2007

Pressestelle der EKD
Christof Vetter

Der Vortrag des EKD-Ratsvorsitzenden "Das Christliche in unserem Land – Standort und Perspektiven"