Propst von Jerusalem fürchtet neue Gewalt in Nahost

Drei Fragen an den EKD-Repräsentanten Wolfgang Schmidt

Blick auf die Altstadt von Jerusalem, im Vordergrund Stacheldraht
Blick auf den Felsendom in der Jerusalemer Altstadt.

Jerusalem (epd). Der EKD-Repräsentant im Heiligen Land, Wolfgang Schmidt, betrachtet die Pläne von US-Präsident Donald Trump, Jerusalem als israelische Hauptstadt anzuerkennen, „mit großer Sorge“. Sie könnten das Ende des Friedensprozesses im Nahen Osten bedeuten, sagte Schmidt am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). Als Propst an der Jerusalemer Erlöserkirche vertritt er seit 2012 die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) im Heiligen Land.

Herr Schmidt, was halten Sie von den Plänen von US-Präsident Donald Trump, Jerusalem als israelische Hauptstadt anzuerkennen?

Wolfgang Schmidt: Ich betrachte sie mit großer Sorge. Ich fürchte neue Gewalt mit unabwägbaren Folgen, da Jerusalem für die israelische wie für die palästinensische Seite sehr wichtig ist. Der symbolische Wert der Stadt ist für beide Seiten immens. Wenn Trump sein Vorhaben in die Tat umsetzt, könnte es sich mit dem Friedensprozess im Nahen Osten auf lange Sicht erledigt haben.

Trump hatte mehrfach angekündigt, sich für den Frieden im Nahen Osten einzusetzen. Wie erklären Sie sich nun diesen Schritt?

Schmidt: Die Hauptstadt nach Jerusalem zu verlegen, wäre schizophren und kontraproduktiv für eine Zwei-Staaten-Lösung. Ich kann mir diesen Schritt nur damit erklären, dass er Klientelpolitik betreibt. Mit der Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt käme er seinen evangelikalen Wählern in den USA entgegen.

In Jerusalem soll sich die Situation zuspitzen, seit das Vorhaben im Gespräch ist. Konnten Sie bereits Folgen für das Zusammenleben der Religionen beobachten?

Schmidt: In Jerusalem liegen ohnehin die Nerven blank, das wird nicht besser werden, wenn Trump seinen Plan in die Tat umsetzt. Die Fatah im Westjordanland hat nun „Tage des Zorns“ ausgerufen. In den nächsten Tagen habe ich dort Termine. Ich weiß noch nicht, ob ich fahre.