Spitzen von Church of England und EKD mit gemeinsamer Erklärung

Schwaetzer und Bedford-Strohm auf Einladung von Erzbischof Welby in London. Gemeinsame Erklärung in turbulenten Zeiten. Uns eint mehr, als uns trennt

Zum Reformationsjubiläum war Erzbischof Welby nach Deutschland gekommen. Jetzt sind die Präses der Synode, Irmgard Schwaetzer, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der Einladung von Justin Welby, dem Oberhaupt der anglikanischen Kirche, nach London gefolgt. Gestern (15.11.) nahmen Welby, Schwaetzer und Bedford-Strohm in London an einer Veranstaltung mit Zeitzeugen der „Kindertransporte“ nach England vor achtzig Jahren teil. Während die politische Debatte um den Brexit in ihre entscheidende Phase tritt, erklären die Spitzen von EKD und Church of England anlässlich ihrer heutigen gemeinsamen Brexit-Konferenz:

 

Joint Statement by the Archbishop of Canterbury Justin Welby, Bishop Dr Heinrich Bedford-Strohm and Präses Dr Irmgard Schwaetzer

Europe is changing but the Church of God remains constant in its witness. The deep commitment that we have to one another is not based on our common membership of the European Union but on our membership of the body of Christ. We witness the rise of populism and the emergence of extremist political parties which are being successful at the ballot box. Some of the old certainties are not so certain any more. European relationships are changing, not least as a result of Brexit. We do not know what will happen and what the relationship between the UK and EU will look like after 29 March 2019. However, what we do know is that the relationship between the Church of England and the Evangelische Kirche in Deutschland goes back over many centuries – long before the European Union.

As churches, we urgently appeal to all politicians to find fair and sustainable solutions for the future coexistence of the UK and the EU. United in Christ we are drawn together in hope, faith and love, and those things which divide us are of much lesser importance.

This week we have seen in a few short days the commemoration of a number of significant events in the past: the centenary of the end of the First World War, the 80th anniversary of Kristallnacht and the 80th anniversary of the Kindertransport. They are historic events of immense importance pointing to the dangers of extremism, the peril of division and the disaster of conflict.

This coming Sunday is Volkstrauertag in Germany - the annual commemoration of those who have died in armed conflicts. Our two nations have a history of war between us but also a history of the search for lasting peace. As some politicians and political forces seek to drive a wedge between people so it is all the more important that the churches continue to strive for reconciliation and to speak out prophetically for a Europe where the values of human rights and human dignity are central, based in the great Christian traditions of our two countries when at their best.

As religious leaders, united in our commitment to see a flourishing Europe committed to the common good and respecting the dignity of every human being, of all faiths and none, made in the image of God and the object of God’s love in Jesus Christ, we call on our Governments not to lose sight of the urgent task of safeguarding our created world and its people. Our world requires a better future than one based in hatred and division. It is the task of the church to bear witness to the love of God, across borders as sisters and brothers in Christ.

Since the Meissen Agreement of 1991 the Church of England and the Evangelische Kirche in Deutschland have, together, sought to find ways of strengthening ties between churches in England and Germany. Through parish and diocesan links, theological and educational exchanges we are able to see one another as brothers and sisters in Christ, united in our common baptism. If political and economic relationships are strained, it is the duty of Christians to work for unity and understanding and to build bridges between nations and cultures for the good of humanity, in the service of Jesus Christ.

 

Gemeinsame Erklärung des Erzbischofs von Canterbury Justin Welby, des Landesbischofs Dr. Heinrich Bedford-Strohm und Präses Dr. Irmgard Schwaetzer

Europa ist im Wandel, aber die Kirche Gottes bleibt beständig in ihrem dauerhaften Bekenntnis. Unsere tiefgründige Bindung zu- und miteinander basiert nicht auf der gemeinsamen Mitgliedschaft in der Europäischen Union, sondern besteht in der Teilhabe am Leib Jesu Christi. Wir erleben ein Erstarken des Populismus. Radikale politische Parteien erzielen Wahlerfolge. Alte Gewissheiten gelten nicht mehr. Europäische Beziehungen durchlaufen einen Wandel, nicht zuletzt als Folge des Brexit. Wir wissen nicht, was kommt und wie sich die Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union nach dem 29. März 2019 entwickeln werden. Aber wir wissen um die Beziehungen zwischen der Church of England und der Evangelischen Kirche in Deutschland, die sich über Jahrhunderte erstrecken – weit länger als die Europäische Union.

Als Kirchen appellieren wir an alle Politiker, sich um faire und dauerhafte Lösungen für das künftige Miteinander von Vereinigtem Königreich und Europäischer Union zu bemühen. Wir sind eins in Christus. Uns verbindet Hoffnung, Glaube und Liebe. Was uns voneinander trennt, ist von weitaus geringerer Bedeutung.

In dieser Woche haben wir in nur wenigen Tagen einer Reihe besonderer historischer Ereignisse gedacht: des Endes des Ersten Weltkriegs vor einhundert Jahren, des achtzigsten Jahrestages der Reichspogromnacht und der sogenannten „Kindertransporte“ vor achtzig Jahren. Diese historischen Ereignisse sind bedeutsam, weil sie uns auf die Gefahren extremistischer Auswüchse der Zersplitterung und auf die Gefahren von katastrophalen Konflikten hinweisen.

Am kommenden Sonntag begeht Deutschland den Volkstrauertag, der dem jährlichen Gedenken an die Toten von kriegerischen Auseinandersetzungen gilt. Unsere beiden Völker teilen eine Geschichte der Kriege, aber auch der Suche nach dauerhaftem Frieden. Während einige Politiker und politische Kräfte Keile zwischen Völker treiben wollen, ist es umso wichtiger, dass die Kirchen kontinuierlich für Ausgleich und Versöhnung eintreten. Mit prophetischer Stimme sprechen sich die Kirchen für ein Europa aus, in dem auf der Grundlage der großen christlichen Tradition unserer Völker die Werte der Menschenrechte und der Menschenwürde im Mittelpunkt stehen.

Als Spitzen unserer Kirchen sind wir miteinander verbunden im Bekenntnis um ein starkes Europa, das dem gemeinsamen Wohl und dem Respekt gegenüber der Würde aller Menschen dient, der Würde der Gläubigen und aller anderen Menschen. Als Geschöpfe Gottes und als Empfänger der Liebe, die sich in Jesus Christus offenbart, appellieren wir an unsere Regierungen, nicht die dringende Aufgabe aus den Augen zu verlieren, die uns gegebene Welt und ihre Menschen zu schützen. Unsere Welt verdient eine bessere Zukunft als die von Hass und Spaltung. Es ist Aufgabe der Kirche, über alle Grenzen hinweg Zeugnis von der Liebe Gottes abzulegen – als Schwestern und Brüder in Jesus Christus.

Seit dem Abkommen von Meißen aus dem Jahr 1991 suchen die Anglikanische Kirche des Vereinigten Königreichs und die Evangelische Kirche in Deutschland Wege einer Stärkung der Bande zwischen den Kirchen beider Länder. Durch die Verbindungen unserer Gemeinden und Landeskirchen im theologischen und partnerschaftlichen Austausch erleben wir einander als Brüder und Schwestern in Christus, verbunden durch die gemeinsame Taufe.

Wenn politische und wirtschaftliche Beziehungen angespannt sind, ist es die Aufgabe der Christen, für die Gemeinsamkeit und Verständigung und den Bau von Brücken zwischen Völkern und Kulturen zum Wohle der Menschheit im Dienste von Jesus Christus einzutreten.

Kontakt vor Ort: Michael Brinkmann, +49 (0) 170/7609564

Hannover, 16. November 2018

Pressestelle der EKD
Carsten Splitt