Stellungnahme zu den Empfehlungen der „Kohlekommission“

Umweltbeaufragter des Rates der EKD, Prof. Diefenbacher und der Referentin für Nachhaltigkeit der EKD, Dr. Gütter

Am 25.1.2019 hat die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“, die sogenannte „Kohle-Kommission“, ihren Endbericht vorgelegt. Die erste Welle der Aufmerksamkeit in Politik, Medien und anderen Formen der Öffentlichkeit war sehr groß, in der Regel fielen die Kommentare verhalten positiv aus, wenn auch mit sehr unterschiedlichen Perspektiven: Den einen geht der Ausstieg aus der Kohle nicht schnell genug, die anderen finden schon allein die Festlegung eines Enddatums als gewagt; wieder anderen erscheint das Maßnahmenpaket zu umfangreich und zu teuer. Die Gefahr insgesamt ist groß, dass das Thema jetzt wieder von anderen Meldungen verdrängt wird. Aber dazu ist das Thema zu wichtig.

Zunächst begrüßen wir die Tatsache, dass in der von der Bundesregierung eingerichteten und heterogen besetzten Kommission überhaupt ein Kompromiss gefunden wurde, der den Einstieg in den sozialverträglichen Kohleausstieg einläutet. Angesichts der sehr unterschiedlichen Interessen, die dort verhandelt wurden, war das nicht selbstverständlich. Nun muss die Bundesregierung den Empfehlungen der Kommission auch folgen. Zu begrüßen ist weiterhin, dass umfangreiche Finanzmittel zur sozialen Abfederung des Prozesses beschlossen wurden. Beides hatten die EKD und vom Kohleausstieg betroffene Landeskirchen seit längerer Zeit gefordert.

Die Empfehlungen der Kommission ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber sie sind erst ein Anfang. Viel ist noch zu tun, damit die Energiewende tatsächlich gelingt. Ein Ausstieg aus der Kohle bedeutet, dass man sich mit vielen anderen Themen auseinandersetzen muss: Vor allem der Ausbau der erneuerbaren Energien muss nun konsequent vorangetrieben werden, damit der Kohleausstieg möglichst schnell vollzogen werden kann. Der Abschlussbericht thematisiert das Spannungsfeld zwischen Versorgungssicherheit, Strompreisen und Klimaschutz zu Recht. Er weist auch auf die Dimension der Aufgabe einer ökologischen und sicheren Nachsorge der Tagebaue hin. Nicht alle der nur auf technischem Fortschritt gegründeten Zukunftsvisionen werden sich dabei umsetzen lassen.

Was von einem Abschlussbericht einer Kommission, die den Begriff „Wachstum“ als erstes in ihrem Titel führt, nicht zu erwarten war, ist eine differenzierte Betrachtung eben des Wirtschaftswachstums, dessen Aufrechterhaltung als Grundvoraussetzung der einzig möglichen positiven Vision für Wirtschaft und Gesellschaft erscheint. Dass eine Änderung von Lebensstilen, zum Beispiel ein veränderter Umgang mit Mobilität und Ernährung, zu neuen und zukunftsfähigen Entwürfen einer Gesellschaft führen könnten, wird hier nicht angesprochen. Aber ohne eine solche Diskussion, die auch die kulturelle Dimension der Nachhaltigkeit miteinschließt, bleibt die Planung des Kohleausstiegs – so begrüßenswert sie ist – ein rein technischer Lösungsansatz, der in jedem Falle zu kurz greift. Die Kirchen werben schon seit geraumer Zeit für gesamtgesellschaftliche Diskurse und positive Zukunftsvisionen zu der Frage, wie eine (Welt) Gesellschaft aussieht, die den Menschen ein menschenwürdiges Leben ermöglicht ohne die ökologischen Grenzen weiter zu überschreiten.

Die geplanten Steuermilliarden an die Länder und Kraftwerksunternehmen sind zu wenig an ökologische und soziale Bedingungen gebunden; der Hambacher Forst und auch Orte wie z.B. Proschim in der Lausitz sollten unter diesen Bedingungen erhalten werden können. Das späte Ausstiegsdatum 2038 lässt befürchten, dass die Klimaziele der Bundesregierung doch nicht erreicht werden können, wie es in einem Minderheitsvotum im Bericht (dort S. 119) befürchtet wird. Zu begrüßen ist der schnelle „Einstieg in den Ausstieg“, da schon zwischen 2019 und 2022 Kohlekraftwerke abgeschaltet werden sollen. Dieser und vor allem künftigen Bundesregierungen sollte zum einen geraten werden, die Empfehlungen der Kohle-Kommission kontinuierlich zu behandeln und so schnell wie möglich umzusetzen. Zum anderen aber sollte sie in regelmäßigen Zeitabständen überprüfen, ob der Ausstiegsfahrplan nicht doch noch weiter beschleunigt werden kann.