Christliche Moral und ökonomische Vernunft - ein Widerspruch? - Vortrag vor dem Arbeitskreis Wirtschaft und Kirche in Nordhessen, Kassel

Wolfgang Huber

I.

Nahezu auf den Tag vor zehn Jahren, am 14. Juli 1997, wurde in der Stadtverordnetenversammlung in Kassel der Beschluss gefasst, eine Lokale Agenda 21 für Kassel zu erarbeiten. Diese zielt darauf, das Leben in der Stadt und in der Region rund um Kassel in einer vor zukünftigen Generationen verantwortbaren Weise zu gestalten. In zahlreichen Städten ist ein solcher Prozess gestartet worden; nur in wenigen wurde er so weit vorangetrieben wie in Kassel. Vor wenigen Wochen konnte die Stadt den ersten Nachhaltigkeitsbericht vorlegen. Er geht besonders dem Verhältnis der Bereiche Ökologie, Ökonomie, Gesellschaft, Soziales und Partizipation nach.

Für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist das Entstehen dieses Berichts von besonderer Bedeutung, orientiert er sich doch an dem Indikatorensystem LINK 21 (Lokale Agenda Indikatoren Nachhaltigkeit Konzepte und Projekte im 21. Jahrhundert), das von der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft e.V. (FEST), einem von der EKD und ihren Gliedkirchen getragenen Institut, entwickelt wurde.

Die Stadt Kassel reagiert damit in einer vorbildlichen Weise auf ein Orientierungsproblem unserer Gesellschaft: Können wir die in solchen Überlegungen miteinander verbundenen Indikatoren noch zusammen halten? Oder drängt der Indikator wirtschaftlicher Effizienz alle anderen Indikatoren an den Rand? Diese Frage wird heute sowohl hinsichtlich der ökologischen wie hinsichtlich der sozialen Verantwortbarkeit wirtschaftlicher Entwicklungen gestellt. Dahinter steht eine weiter reichende Frage. Sie heißt: Welche Werte bestimmen uns? An welchem Bild der Gesellschaft orientieren wir unser Handeln? Die Frage nach dem Verhältnis von christlicher Moral und ökonomischer Vernunft gewinnt auf diesem Hintergrund neue Aktualität.

II.

Ganz offenkundig betreten wir ein Spannungsfeld, wenn wir uns auf das Verhältnis zwischen wirtschaftlicher Rationalität und ethischer Verantwortung einlassen. Die Geschichte hält eindrucksvolle Beispiele dafür bereit, wie dieses Spannungsfeld sich bis zum Konflikt gesteigert hat. Besonders beeindruckt sind wir von geschichtlichen Gestalten, die für sich selbst diesen Konflikt eindeutig gelöst haben – wie Franz von Assisi beispielsweise, der als Kaufmannssohn zum Begründer einer Armutsbewegung wurde. Zugleich aber ist festzustellen, dass immer dann, wenn die Protagonisten des christlichen und des ökonomischen Wertesystems sozusagen „an einem Strang gezogen“ haben, dies zu überzeugenden Ergebnissen für die Menschen geführt hat. Beides werden wir auch in Zukunft brauchen: Menschen, die dadurch zu Vorbildern werden, dass sie ein Leben jenseits der Maßstäbe von wirtschaftlicher Effizienz führen, aber ebenso auch gelingende Beispiele dafür, dass es möglich ist, die Rentabilitäts- und Effizienzkalküle der Wirtschaft grundlegenden Wertorientierungen unterzuordnen.

Nun hat die protestantische Ethik zum Feld ökonomischer Vernunft von ihrer Tradition her ein besonderes Verhältnis. Denn die Reformation stieß das Tor auf zur entschiedenen Bejahung der weltgestaltenden Verantwortung der Christen. Sie zielte auf den inneren Zusammenhang zwischen Glaubensgewissheit und verantwortlichem Tätigsein. Das Handeln aus Glauben wurde gerade als Folge des Glaubens selbst auf neue Weise ernst genommen, zugleich aber befreit von der Vorstellung, es sei ein Mittel zum Erwerb des Heils. Das Handeln im Geist der Nächstenliebe wurde vielmehr klar und unzweideutig als eine Frucht des Glaubens verstanden, der sich auf die unverdiente Gnade Gottes richtet.

Von Anfang an hat dies für die Betätigung in der Wirtschaft, in Bildung und Ausbildung, aber ebenso auch in der Politik gegolten. Christen sind zur Selbst- und eben gerade auch zur Mitverantwortung für das Ganze berufen – gerade weil sie nicht nur für sich allein, sondern für den Nächsten und darin für Gott leben, der der Herr der ganzen Welt ist und vor dem, aktuell gesprochen, ein verhungerndes Kind in Darfur ebensoviel gilt wie ein Bill Gates. Die christliche Grundüberzeugung, in der sich Gottvertrauen und der Einsatz für den Nächsten miteinander verbinden, gewann darin eine kulturprägende Bedeutung; im reformatorischen Berufsgedanken und in der mit protestantischem Ethos verbundenen innerweltlichen Askese wurde das wie in einem Brennspiegel zusammengefasst.

Als entscheidender Motor der Entwicklung erwies sich die durch die Reformation beförderte Idee, wirtschaftlichen Gewinn nicht einfach selber zu verbrauchen, sondern ihn wiederum wirtschaftlich einzusetzen, also Kapital zu akkumulieren und zu reinvestieren. Dazu musste man auf den Verbrauch des Gewinns verzichten. In diesem Sinn galt: Gewinn entsteht durch die Kunst des Verzichts. Die wirtschaftliche Dynamik der Neuzeit ist ohne diese reformatorischen Impulse nicht zu verstehen. Entscheidend ist dabei, dass nicht Profitinteresse als solches, erst recht nicht Gier oder Neid im Kern des Wirtschaftens angelegt waren; es kam und kommt vielmehr auf Sparsamkeit, Ehrbarkeit und Leistungsbereitschaft  an.

Doch diese Entwicklung führte zugleich zum Konflikt zwischen der Nächstenliebe und der Rationalität wirtschaftlicher Effizienz. Dadurch wurde das Engagement von Christen angesichts der ungelösten sozialen Frage im 19. Jahrhundert hervorgerufen. Die damaligen Wortführer entwickelten in der Auseinandersetzung mit dem aufkommenden Kapitalismus, der rapiden Industrialisierung und dann später auch der Demokratisierung Antworten, die, deutlich erkennbar, bis heute in wichtigen Grundelementen der wirtschaftlichen und sozialen Ordnung in Deutschland fortleben. An einem reinen Wirtschaftsliberalismus, wie man ihn in den angelsächsischen Ländern vorzufinden glaubte,  wurde Kritik geübt; die Notwendigkeit eines verantwortlichen und gestaltenden Staates wurde betont. Mir erscheint es nicht als richtig, diese Haltung pauschal als sozialromantischen Antikapitalismus zu beschreiben – wenn dies auch als ein Element in diesem Prozess durchaus wahrzunehmen ist. Aber im Kern ging es um Sicherheiten gegenüber den sozialen Risiken, damit die Menschen über ihre unmittelbare Notsituation hinausblicken und sich als selbstbewusste Staatsbürger begreifen konnten. Der keimende Sozialstaat wurde so zur Grundlage wirklicher Freiheit für alle – was die marktwirtschaftliche Ordnung allein nicht gewährleisten konnte.

Inmitten der menschenverachtenden, mörderischen Herrschaft des Nationalsozialismus entwickelten einige Protestanten, die Gelegenheit und Mut hatten, über die Diktatur hinaus zu denken, neue Ideen und Konzepte für eine verantwortliche Wirtschafts- und Sozialordnung, die das Interesse der Menschen, Wohlstand zu erwerben, mit sozialem Ausgleich verband. Die 1943 im Freiburger Kreis entstandenen Entwürfe für eine Neuordnung von Staat und Wirtschaft und die Weiterentwicklung dieser Ideen zum Konzept der Sozialen Marktwirtschaft messen zudem den Grundrechten des Einzelnen zentrale Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund ist auch das von Alfred Müller-Armack zur Beschreibung der Sozialen Marktwirtschaft geprägte Begriffspaar „Freiheit und soziale Gerechtigkeit“ zu sehen: Freiheit ist hier weit mehr als nur eine unternehmerische Freiheit, sie ist als die Freiheit des Individuums gemeint. Und um sie zu sichern, braucht es nicht nur die freiheitliche politische Ordnung, sondern auch eine Ordnung der Wirtschaft, die den Wettbewerb sichert und stärkt und damit Macht kontrolliert. Soziale Gerechtigkeit ist hier weit mehr als die Garantie, dass alle ihr Auskommen haben; vielmehr funktioniert sie als Gestaltungskriterium für die Ordnung der Wirtschaft: Die Forderungen nach Gewinnbeteiligung und Mitbestimmung der Arbeitnehmer leiten sich daraus ab.

Die zu Grunde liegende Einsicht gilt auch heute. Ohne die Selbststeuerung der Wirtschaft durch Markt und Wettbewerb geht es nicht. Aber Märkte sind keine Naturereignisse, sondern Institutionen und Konventionen, die vielfältige kulturelle Vorraussetzungen haben und einer sensiblen Regelung bedürfen. In der Wahl derjenigen gesellschaftlichen Bereiche, die der Marktlogik unterworfen werden, und in der Rahmensetzung für diese Märkte werden Wertentscheidungen - und hoffentlich nicht nur Machtverhältnisse - ausgedrückt. Die Funktion des Staates als Korrektiv und Verkörperung des Allgemeinwohls in diesen Prozessen darf nicht aufgegeben werden.

Die christliche Ethik hat sich immer wieder als ein entscheidender Motor wirtschaftlichen Engagements erwiesen. Christliche Ethik in ihrer evangelischen Gestalt hat ebenso wie die katholische Soziallehre einen maßgeblichen Einfluss auf Konzeption und Entwicklung der sozialen Marktwirtschaft ausgeübt. „Verantwortete Freiheit“ – so lässt sich der Impuls bezeichnen, den die evangelische Gestalt des christlichen Glaubens in die ethische Begründung wirtschaftlichen Handelns eingebracht hat.

Neue Untersuchungen bestätigen, dass dieser Impuls von durchaus aktueller Bedeutung ist. Sie zeigen nämlich, dass die Lebenshaltung von Christen sich von anderen Lebenseinstellungen durch Verantwortungsbereitschaft und Zuversicht auszeichnet. Menschen, die von Gott auch im Angesicht von Schwierigkeiten Gutes erwarten, stellen sich zuversichtlicher auf die Zukunft ein als diejenigen, für die der Mensch das Maß aller Dinge ist. Menschen, die sich an die Liebe zum Nächsten wie zu sich selbst gebunden wissen, beziehen in ihre Überlegungen auch das Wohl des Nächsten und nicht nur das eigene Wohl ein. Menschen, denen bewusst ist, dass sie für ihr Leben im Letzten Gott Rechenschaft schulden, werden Anstand und Fairness auch dann gelten lassen, wenn die Verletzung dieser Regeln ihnen einen Vorteil bringen würde. Menschen, die aus der Zusage von Vergebung und Rechtfertigung leben, werden in jedem Menschen mehr sehen, als er selbst aus sich macht, und auch den Menschen in seiner Würde achten, der vor den Anforderungen der Leistungsgesellschaft versagt.

III.

Mit der Globalisierung stellen sich neue wirtschaftliche und soziale Fragen, die mutige Entscheidungen erfordern. Technologische Entwicklungen haben Zeit und Raum in nie gekannter Weise schrumpfen lassen. Wir leben nicht länger in geschlossenen Häusern, in denen wir unseren Geschäften nachgehen können. Fenster und Türen stehen offen und der Wind weht herein. Entscheidungen, die irgendwo am anderen Ende der Welt getroffen werden, beeinflussen nachhaltig unser Leben. Darin spüren wir etwas, was der christliche Glaube immer wusste, nämlich dass alle Menschen als Kinder Gottes zusammengehören und aufeinander angewiesen sind. Aber das alles macht auch Angst, weil gewohnte Ordnungen sich auflösen und vieles, was als normal galt, nicht mehr normal ist.

Die Globalisierung hat viele Facetten. Sie schlägt sich in einem erheblich gesteigerten Wettbewerb der Unternehmen nieder – und sie findet auch statt als ein Wettbewerb der Staaten und Regionen samt ihrer jeweiligen Bevölkerungen; ein Wettbewerb der Gemeinwesen. Unternehmen sind hier die Nachfrager, die über ihre Standortentscheidungen Beschäftigung, Einkommen und Steueraufkommen großen Einfluss auf die internationale Verteilung von Ressourcen ausüben. Angesichts der zunehmenden globalen Vernetzung industrieller Produktionsprozesse und der sich ähnlich schnell verändernden Spielräume nationalstaatlicher Politik ist der Anpassungsdruck auf bestehende Strukturen in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft spürbar. Es handelt sich um einen neuen Wettbewerb innerhalb des einen kapitalistischen Systems unter dem Vorzeichen wirtschaftlicher Effizienz. Im Gegensatz zum Kalten Krieg ist das Ziel aber nicht mehr eine Systemlegitimation durch ökonomische und soziale Befriedung, sondern etwas, was man als „systemische Produktivität“ bezeichnen kann, die an der Bereitstellung leistungsfähiger Infrastruktur, funktionierender Märkte und qualifizierter Arbeitskräfte gemessen wird. Es gibt nicht mehr den großen Gegensatz zwischen der „freien Marktwirtschaft“ und den Planwirtschaften, sondern eine Vielfalt von unterschiedlichen Kapitalismen und damit verbundenen wirtschafts- und sozialpolitischen Pfaden in die Zukunft. Dabei kommt es zu einem verschärften Benchmarking. Welcher Weg – in Europa: der skandinavische, der angelsächsische, der südeuropäische oder der mitteleuropäische und deutsche Weg – erreicht einen hohen und gut verteilten Wohlstand für alle? Welcher Weg sichert den inneren Frieden und bietet Chancen auf Teilhabe für möglichst viele seiner Bürger? Darüber gehen die Diskussionen.

In dieser Situation stellt sich die Frage nach der Gerechtigkeit neu. Es ist vor allem die Erfahrung, in neuer Weise den Mechanismen der weltweiten Finanzmärkte ausgeliefert zu sein, die uns in den letzten Jahren in Deutschland – aber auch anderswo – zu schaffen gemacht hat. Früher konnte man dein Eindruck haben, dass der in Deutschland erwirtschaftete Reichtum in irgendeiner Form auch wieder investiert wurde und so für den Erhalt von Arbeitsplätzen sorgte. Zwar war die Einkommens- und Vermögensverteilung nie wirklich gerecht, aber man konnte doch den Eindruck haben, dass alle Menschen genug zum Leben und zu Teilhabe abbekamen. Heute nun scheint es unter dem Einfluss der globalen Kräfte so zu sein, dass sich die Erzeugung von Reichtum von der Welt der realen Produktion abgekoppelt hat. Das wirklich große Geld wird auf den Finanzmärkten verdient – allerdings dort auch bisweilen wieder verloren. Profiteure dieser Entwicklung sind die Anleger großer Vermögen. Dies alles treibt die Gewinnerwartungen hoch und lässt auch deutsche Unternehmen in einer früher nicht gekannten Weise Renditemaximierung betreiben. Unter dem Einfluss dieser Entwicklungen geht die Schere zwischen Armen und Reichen immer weiter auf – in einem Tempo, das den sozialen Frieden bedroht.

Rationalität und Ethik setzen beide Transparenz voraus. Diese Transparenz muss sich auch auf die Eigentumsverhältnisse eines Unternehmens und die damit verbundenen Interessen beziehen. Es ist nachvollziehbar, dass eine ethische Orientierung bei eigentümergeführten Unternehmen besonders deutlich wahrzunehmen ist. Es ist auch nachvollziehbar, dass in mittelständischen Unternehmen die Bindung der Unternehmensführung nicht nur an die eigenen Gewinninteressen, sondern ebenso an das Wohl der Belegschaft besonders zu spüren ist. Doch das ist keineswegs ein Grund dafür, international agierende Großunternehmen von entsprechenden Erwartungen freizustellen. Im Gegenteil ist unternehmerisches Handeln auch hier daran zu messen, welche Konsequenzen es für die Fragen von Arbeit und Arbeitslosigkeit hat.

Aus meiner Sicht ist deshalb auch international agierenden Hedge-Fonds und Private-Equity-Fonds Transparenz und Rechenschaftspflicht abzuverlangen. Spekulative Finanzinteressen dürfen sich nicht hinter dem Rücken der Verantwortlichen so durchsetzen, dass sie produktive Möglichkeiten wirtschaftlichen Handelns zerstören, statt ihre Entfaltung zu fördern. Das gilt übrigens, um eine aktuelle Debatte einzubeziehen, genauso für die Absicht staatlich gelenkter Einheiten aus Ländern ohne ausreichende demokratische Kontrolle, das Mehrheitseigentum an Wirtschaftsunternehmen an sich zu ziehen. Das dadurch entstehende Machtgefälle und die damit verbundene soziale Ungleichheit sind für demokratische Gemeinwesen nicht hinnehmbar.

Stärker als bisher sollte unser Land deswegen auf eine effiziente Regulierung der internationalen Finanzmärkte hinwirken. Hier muss ein hohes Maß an Transparenz zur Steuerung eines fairen Wettbewerbs mit der verstärkten Abschöpfung von spekulativen Gewinnen einhergehen. Es gilt dann auch, ethische Maßstäbe auch für das Verhalten an der Börse zu entwickeln und ihre Einhaltung zu kontrollieren. In der deutschen Tradition sind Unternehmen nie nur den Shareholdern, sondern auch den Mitarbeitenden verpflichtet und tragen Verantwortung für das Gemeinwohl. Statt den Standort Deutschland in dieser Hinsicht schlecht zu reden, sollten wir würdigen und festhalten, dass es hier in der Sozialpolitik – und nicht zu vergessen auch in Traditionen de Arbeitsrechts – immer schon eine Option für die Schwächeren und Armen gegeben hat.

Die Synode der EKD in Würzburg im November 2006 hat zu diesen Fragen festgehalten, dass Reichtum in einer Gesellschaft zur Sicherung des allgemeinen Wohlstandes herangezogen werden muss, um Unsicherheiten, Unfreiheiten und Beeinträchtigungen für alle zu reduzieren. Dies gilt auch weltweit: Wird Reichtum zu einem angemessenen Teil dazu eingesetzt, Maßstäbe weltweiter Gerechtigkeit zu erreichen? Oder aber kommt er überhaupt nur durch die ungerechte Ausnutzung der Armen zustande? Mit diesen Fragen knüpfen wir an die überkommenen Überzeugungen von einer dem Leben und den Menschen dienenden Wirtschaftsordnung an. Davon werden wir nicht abrücken: Die Wirtschaft ist nicht um ihrer selbst willen da – sie hat einen Platz in der Schöpfung Gottes – aber eben in ihr – nicht ihr gegenüber.

 Natürlich gibt es Themen der christlichen Ethik, die nichts oder nur wenig mit ökonomischen Fragen zu tun haben. Aber es gibt kein wirtschaftliches Handeln, das nicht direkt oder indirekt ethische Implikationen hat und auf ethischen Grundsatzentscheidungen beruht oder solche Entscheidungen verletzt. Es wird von einer bestimmten Motivation getragen und verfolgt Ziele, die sich niemals nur innerhalb der Grenzen von Angebot und Nachfrage beschreiben lassen, sondern die stets die Grundfragen menschlichen Seins und menschlichen Handelns berühren. Der Verfasser eines neueren Buchs zu unserem Thema – der Theologe und Manager Ulrich Hemel – hat es kurz auf den Begriff gebracht. Er sieht eine entscheidende Grundlage unternehmerischen Handelns „in der Unverzichtbarkeit persönlicher Verantwortung, im langfristigen Mehrwert ethischer Orientierung auch für wirtschaftlichen Erfolg und in der Forderung nach Professionalität, etwa im Bereich der Strategie und der Wertschöpfung“.

IV.

Soziale Verantwortung gilt in unterschiedlichen Zusammenhängen als Benchmark unternehmerischen Handelns. Aber manche Beispiele weisen auch in eine ganz andere Richtung. Die Wirtschaft insgesamt leidet unter dem dadurch entstehenden Glaubwürdigkeitsdefizit. Nötig ist deshalb ein offener und fairer Diskurs über das Zusammenspiel von sozialstaatlicher Verantwortung und wirtschaftlicher Effizienz. Inhaltlich richtet sich die Frage darauf, ob die Art und Weise, in der wir auf die Erfordernisse der Globalisierung reagieren, mit elementaren Anforderungen der sozialen Gerechtigkeit vereinbar ist oder nicht.

Soziale Gerechtigkeit bezieht sich nicht nur auf die jetzige Generation. Sondern sie bezieht sich genauso auf die Generation unserer Kinder. Die Frage der sozialen Gerechtigkeit konfrontiert uns mit der Frage, ob wir den nach uns Kommenden die gleiche Freiheit zuerkennen, die wir für uns selbst in Anspruch nehmen. Sie nötigt uns dazu zu prüfen, ob wir ihnen die gleichen Handlungsmöglichkeiten offen halten, von denen wir so selbstverständlich Gebrauch machen. Dann aber hat soziale Gerechtigkeit es nicht nur mit der Frage der Verteilungsgerechtigkeit zu tun, sondern sie muss zugleich als Beteiligungsgerechtigkeit verstanden werden. Wer Jugendliche nicht beteiligt, wer ihnen keine Möglichkeit zur Ausbildung und danach zu eigener Erwerbstätigkeit eröffnet, rührt an den Kern der sozialen Gerechtigkeit; wer die Jugendhilfe unbedacht kürzt, der geht an den Nerv des Sozialstaats. Er wird übrigens damit keine Kosten sparen; sondern die versäumte, vielleicht noch rechtzeitige Hilfe, die Beteiligung eröffnet, wird an anderer Stelle neue, vielleicht weit höhere Kosten hervorrufen.

Aber auch das sei in aller Deutlichkeit hinzugefügt: Wenn man soziale Gerechtigkeit als Leitprinzip bewahren will, dann darf man nicht alles und jedes unter diesen Begriff subsumieren. Wenn man den Sozialstaat zukunftsfähig erhalten will, dann muss man sich davor hüten, ihn systematisch zu überfordern. Weder soziale Gerechtigkeit noch Sozialstaat sind deshalb Leitbegriffe für ein pures Besitzstandsdenken. Aber in ihnen drückt sich die Vorstellung von einem politischen Gemeinwesen aus, das einmal auf die kurze Formel gebracht wurde: Die Stärke des Staates bemisst sich am Wohl der Schwachen. Wir dürfen unseren Blick nicht von denen abwenden, die am Straßenrand liegen. Die notwendige Leistungsorientierung darf die ebenso notwendige soziale Sensibilität nicht verkümmern lassen. Der Wärmestrom der Solidarität darf nicht versiegen.

V.

Das ist durch folgende Überlegung zu ergänzen: Fragen der Beteiligungs- und Befähigungsgerechtigkeit sind mindestens von so großer Bedeutung für die soziale Gerechtigkeit wie Fragen der Verteilungsgerechtigkeit. Beteiligungsgerechtigkeit meint dabei, den Menschen zu ermöglichen, das Ihre aktiv in die Gesellschaft einzubringen; Befähigungsgerechtigkeit meint, dass die Menschen im Prozess von Bildung und Ausbildung die Möglichkeit erhalten, ihre Gaben, ihre Begabungen so zu entwickeln, dass sie das Ihre auch selber tun können. Bildungspolitik ist insofern der Dreh- und Angelpunkt sozialer Gerechtigkeit.

Die Gesellschaft ist gut beraten, durch Bildung sowie durch die Eröffnung von entsprechenden Beteiligungsmöglichkeiten die Menschen zu so viel Selbstverantwortung wie nur möglich zu befähigen. Hierdurch entsteht überhaupt erst der Spielraum, innerhalb dessen dann, wo es nötig ist, Solidarität praktiziert werden kann. Die häufig verwendete Entgegensetzung von Eigenverantwortung und Solidarität verführt Menschen zu dem Irrglauben, sie seien zur Praktizierung von Solidarität gar nicht mehr verpflichtet, wenn sie für sich selbst Verantwortung wahrnehmen können. Auf der anderen Seite entsteht der Irrglaube, man habe von der Gesellschaft Solidarität zu erwarten, ohne dass man verpflichtet wäre, das Eigene einzubringen.

Vorrangig sollten wir unsere Bemühungen auf die Aufgabe richten, die Vererbung von Armut in Deutschland zu bekämpfen, also Kinder aus sozial schwachen Verhältnissen in besonderer Weise zu fördern. Denn gegenwärtig wird Bildungsferne in der Folge davon auch soziale Armut vererbt wird; es gibt inzwischen Familien – insbesondere Familien mit Migrationshintergrund – , in denen die „Sozialhilfekarriere“ von Generation zu Generation weitergegeben wird. Es handelt sich zum Teil um Familien, die Bildungsferne in die Familienstruktur inkorporiert haben. Deshalb muss versucht werden, durch Bildungsanstrengungen die Vererbung von Armut zu verhindern. Das schließt die Berufsausbildung im dualen System ein. Insofern ergibt sich aus dem im christlichen Glauben verankerten Ansatz der „gerechten Teilhabe“ eine unmittelbare Folge für wirtschaftliches Handeln.

Zu ihr gehört auch, dass wirtschaftliches Handeln, das auf die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen gerichtet ist, in besonderer Weise als ethisch vorzugswürdig zu gelten hat. Als evangelische Kirche haben wir das dadurch unterstrichen, dass wir die Initiative „Arbeit plus“ geschaffen haben. Sie geht auf einen Anstoß zurück, den Rainer Meusel vor zehn Jahren als Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentags in Leipzig gegeben hat. Inzwischen ist aus der Verleihung des Arbeitsplatzsiegels „Arbeit plus“ eine feste Tradition geworden, durch die wir die Bedeutung einer vorbildlichen Arbeitsplatzpolitik hervorheben.

Dabei ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in besonderer Weise hervorzuheben. Sowohl im Blick auf die Berufstätigkeit von Frauen als auch im Blick auf die wachsende Teilhabe von Männern an der Familienarbeit sollte diese Vereinbarkeit zu einem vorrangigen Kriterium für die Gestaltung von Arbeitsverhältnissen gemacht werden. Daraus ergeben sich nicht nur Forderungen an die Politik im Blick auf familienunterstützende Maßnahmen; vielmehr verbinden sich damit auch Erwartungen an die Wirtschaft wie auch ebenso an alle öffentlichen und kirchlichen Arbeitgeber. Die Kindvergessenheit unserer Gesellschaft werden wir nur überwinden, wenn das Familienethos in unserer Gesellschaft wieder einen anderen Rang erhält; dafür hat die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine Schlüsselbedeutung. Das gilt ganz unabhängig davon, dass die unterschiedlichen Formen, in denen die einzelnen Familie und Beruf miteinander verbinden, als völlig gleichberechtigt zu achten sind. Die Entscheidung, Familienphasen und Berufsphasen aufeinander folgen lassen, ist ebenso zu achten wie der Entschluss, dass ein Ehepartner auf eine Berufstätigkeit verzichtet und sich ganz der Familie widmet (wenn denn die Erwerbstätigkeit des anderen für das Familienbudget ausreicht). An der Forderung nach überzeugenden Modellen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und eine kinderfreundliche Grundorientierung der betrieblichen Personalpolitik ändert sich dadurch nichts.

Beteiligung und Befähigung sind bestimmende Kategorien von sozialer Gerechtigkeit. Risikoabsicherungen und Kompensationen für Notlagen treten dem ergänzend zur Seite; aber sie bilden nicht das Zentrum. Familienpolitik und Bildungspolitik werden vielmehr zu Kernthemen einer zukunftsorientierten, zukunftsfähigen und nachhaltigen Sozialpolitik. „Gerechte Teilhabe“ steht im Zentrum einer Reformpolitik, die diesen Namen wirklich verdient. Die EKD hat  mit ihrer Denkschrift von 2006 über die Armut in unserer Gesellschaft sowie mit ihrer Synode im selben Jahr diesen Ansatz in das Zentrum ihrer Überlegungen gestellt.

VI.

Rationalität und Effizienz im Umgang mit Ressourcen sind heute insbesondere im Umgang mit den natürlichen Lebensbedingungen geboten – aus Nächstenliebe, aus Liebe für die nächste Generation und auch aus ökonomischer Einsicht. So kann eigentlich kein Gegensatz zwischen christlichem Menschenbild und ökonomischer Vernunft aufkommen. Da es in beiden Bezugssystemen letztlich um das Wohl des Menschen geht, müsste von vornherein klar sein, dass eine Orientierung aus dem christlichen Glauben und eine Orientierung an wirtschaftlicher Effizienz in dieselbe Richtung laufen. Nachhaltigkeit wird deshalb zu einem wichtigen Kriterium auch für wirtschaftliches Handeln.

Die Bedingungen des Lebens auf der Erde sind nicht sicher; sie sind vielmehr durch katastrophale Veränderungen bedroht. Das gehört zu den grundlegenden Erfahrungen der Menschheit. Aber die Menschen haben immer wieder das Vertrauen gefasst, dass solche „sintflutartigen“ Erfahrungen der Vergangenheit angehören und dass künftig nicht mehr aufhören sollen „Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ Doch jetzt stellt uns der Klimawandel vor große Fragen.

Drei Folgerungen legt der gegenwärtige Stand der internationalen Diskussion nahe:

Wir müssen ernsthaft mit einer Klimakatastrophe rechnen.

Wir müssen anerkennen, dass sie in erheblichem Umfang durch menschliches Handeln ausgelöst ist.

Um die globale Erwärmung zu begrenzen, müssen wir zu schnellen und entschlossenen Maßnahmen bereit sein.

Mich persönlich treiben diese drei Einsichten so um, dass ich sie vor vier Wochen zum Thema eines öffentlichen Appells gemacht habe. Ich habe diesem Appell die Überschrift gegeben: „Es ist nicht zu spät für eine Antwort auf den Klimawandel.“ Doch mit dieser Behauptung habe ich nur dann Recht, wenn Nachhaltigkeit zu einem konstitutiven Bestandteil auch für das unternehmerische Ethos wird.

Ob in einem Unternehmen Energiesparen als Energiequelle genutzt, ob der Anteil an erneuerbaren Energiequellen spürbar gesteigert, ob der Ressourcenverbrauch im Blick auf seine Vertretbarkeit geprüft, ob der Anteil an Treibhausgas-Emissionen spürbar gesenkt wird, das alles sind Fragen, die heute ins Zentrum verantwortlichen unternehmerischen Handelns rücken.

Der Welt der Bibel und insbesondere den Traditionen der protestantischen Ethik ist jede Form von Verschwendung und Luxussucht fremd. Sparsamkeit und das kalkulierte zielorientierte Einsetzen von Ressourcen gehören zur Verantwortung des Christen. Man könnte geradezu sagen, dass der - in diesem Sinne - wirtschaftliche Umgang mit Ressourcen aller Art ein Akt der Nächstenliebe ist; denn er ermöglicht es, dass auch andere an diesen Ressourcen Anteil haben können.

VII.

Unter solchen Gesichtspunkten fällt auch auf die menschliche Arbeit ein besonderes Licht. Sie gehört zum geschöpflichen Dasein des Menschen und bildet eine Grundform, in welcher der Mensch sein geschöpfliches Dasein tätig bejaht. Lieben und Arbeiten – so kann man sagen – sind Grundformen, in denen wir unserer Geschöpflichkeit dankbar innewerden. Dabei dient die Arbeit vor allem dazu, Lebensmittel in einem umfassenden Sinn des Wortes für sich selbst und für den Nächsten, ja für die ganze Gesellschaft bereitzustellen. Die Mitarbeit an der Schaffung von Wohlstand und gesellschaftlichem Reichtum ist in diesem Sinne jedem Christen aufgetragen. Die biblische Tradition ist sich völlig klar, dass in dieser Hinsicht jeder Mensch die Chance haben soll, die ihm von Gott gegebenen Gaben und Talente zu entwickeln, um seinen Beitrag zur gesellschaftlichen Wohlstandsentwicklung zu leisten. Deutlich ist allerdings auch, dass dies nicht zu einer Überforderung der Menschen und zu einer einseitigen Bevorzugung einer besonderen Leistungsgruppe führen darf.

Die Arbeit erfährt in der christlichen Tradition eine hohe Wertschätzung. Es ist schon bezeichnend, dass Martin Luther und Johannes Paul II. mit demselben Vergleich den hohen Rang der Arbeit betont haben: „Die Arbeit gehört zum Menschen wie zum Vogel das Fliegen.“ Um dieses hohen Rangs willen ist sie so zu organisieren, dass alle an ihr Anteil haben, auch die Leistungsschwächeren. Zudem sind der Arbeit durch den Sonntag und durch andere Regelungen Grenzen gesetzt, die zum Wohle des Menschen einzuhalten sind. Wirtschaft soll durch alle betrieben werden. Die Ungleichheit, die mit der Gestaltung der Wirtschaft einhergeht und die den Leistungsfähigeren und den Leistungsbereiteren mehr zukommen lässt als den Leistungsschwächeren und den Leistungsunbereiteren, darf nur so groß sein, dass durch die dadurch gesteigerte Produktivität auch den Schwächeren ein würdiges Leben ermöglicht und ein voller Anteil an der Gesellschaft eröffnet wird. Gerechtigkeit ist auf diesem Hintergrund insbesondere als Befähigungs- und Beteiligungsgerechtigkeit zu verstehen. Eine Gesellschaft, in der so viele Menschen von Arbeitslosigkeit betroffen sind, wie das bei uns gegenwärtig der Fall ist, hat deshalb ein elementares Gerechtigkeitsproblem.

Wenn wir die Würde des Menschen ernst nehmen, dann muss die Wirtschaft im Dienst des Menschen stehen und nicht umgekehrt – oder in Abwandlung eines Wortes Jesu über den Sabbat: Die Wirtschaft ist um des Menschen willen da und nicht der Mensch um der Wirtschaft willen.

Von diesem Gedanken her muss die Kirche allen Tendenzen widersprechen, kulturelle Güter ökonomischen Kalkülen zu opfern – auch dann beispielsweise, wenn Feiertage abgeschafft werden sollen, um dadurch eine geringfügige Steigerung des Bruttosozialprodukts zu erreichen. So weit dafür eine Verlängerung der Arbeitszeit nötig ist – aller Wahrscheinlichkeit nach übrigens nur jeweils branchenspezifisch und nicht einfach generell – , sind dafür sinnvollere und intelligentere Wege zu suchen als die generelle Abschaffung von Feiertagen. Auch die Auseinandersetzung um den Sonntag ist von daher zu verstehen: Der Sonntag symbolisiert aus biblischer Sicht die Grenze des Ökonomischen - “Ohne Sonntag sind alle Tage Werktage“ - und muss deswegen um der Menschlichkeit des Menschen willen erhalten bleiben.

VIII.

Aus all diesen Gründen müssen wir uns der christlichen Grundlagen unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens neu bewusst werden und dabei auch die Bereitschaft zu verantwortlichem Handeln in der Wirtschaft stärken und unterstützen.

Heute entsteht ein neues Gespür dafür, dass ein komplett diesseitiges, rein wirtschaftstaumeliges und radikal konsumzentriertes Leben zu banal, zu äußerlich und zu oberflächlich ist. Je unerbittlicher die europäische Welt auf die globalisierte Wirtschaft ausgerichtet wird, je strikter Markt und Finanzkraft, Lohnnebenkosten und Konkurrenzkampf das Leben aller bestimmen sollen, desto stärker wird nach Gegenkräften gefragt. Die meisten spüren, dass Konsum allein nicht Halt gibt, dass Wirtschaft allein nicht Sinn schenkt, dass Funktionieren allein nicht Bedeutung verleiht. Mit der Zuwendung zur Religion rebelliert die Seele der Menschen gegen ihre kommerzielle Reduktion.

Wir müssen für Bedingungen dafür sorgen, dass Menschen sich ihres Glaubens neu gewiss werden und auch das nötige Glaubenswissen aneignen können. Für die Kirchen liegt darin eine große Herausforderung. Aber ebenso müssen wir die Bereitschaft zu verantwortlichem Handeln in den Unternehmen stärken. Es gibt nach meiner festen Überzeugung kein Unternehmen, das nur auf der Grundlage des Eigeninteresses der Beteiligten überleben könnte. Unternehmen, die nur auf kurzfristige Gewinnerzielung setzen, sind ganz schnell auf der Verliererseite. Denn ihnen geht leicht eine wichtige Ressource verloren, die Ressource des Vertrauens. Sie steigern ihre Kapitalrendite, verspielen aber unter Umständen einen wichtigen Teil ihres Vermögens, nämlich das Humanvermögen.

 Zu den großen Herausforderungen unserer Zeit gehört vor allen Dingen die Entwicklung der Weltwirtschaft. Wird sich in ihr das europäische und insbesondere deutsche Modell einer sozial verantworteten Wirtschaft als überholt erweisen? Oder enthält die Globalisierung auch eine Chance dazu, Maßstäbe der sozialen Verantwortung auch international stärker zur Geltung zu bringen, als dies bisher möglich war? Bei aller Globalisierung ist es offenkundig nötig,  dass die Wirtschaft einen realen Bezug zu den Menschen, zu dem Land, zu den Räumen und Zeiten behält, in denen sie sich vollzieht. Es hängt auch an uns, dass christliche Ethik und wirtschaftliches Handeln nicht beziehungslos auseinandertreten, sondern immer wieder miteinander verbunden werden – mit klarem Kopf, aber mit heißem Herzen.