Ansprache anlässlich der Einführung und Verabschiedung des evangelischen Bischofs für die Seelsorge in der Bundeswehr

Manfred Kock

Ev. Friedrichstadtkirche zu Berlin

Anrede

in diesem Gottesdienst führen wir den Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche von Oldenburg, Peter Krug, in das Amt des Bischofs für die Seelsorge in der Bundeswehr ein.
Zugleich verabschieden wir den bisherigen Bischof Dr. Hartmut Löwe aus diesem Amt.
Meiner Ansprache lege ich den Wochenspruch zu Grunde aus Psalm 103:

Lobe den Herrn, meine Seele
und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.

Gründe zum Lobpreis gibt es an diesem Tag viele, liebe Gemeinde und liebe Brüder Löwe und Krug.

  • Nach einem erfüllten Dienst wechselt der bisherige Bischof in den Ruhestand. Er blickt auf schwere und schöne Jahre zurück.
     
  • Ein Nachfolger hat sich bereit gefunden, um an seine Stelle zu treten. Für ihn ist es eine Station, die er nicht selber angestrebt hat, wir haben ihn gebeten, sich - neben dem Amt eines Bischofs einer Landeskirche - dieser großen Herausforderung zu stellen, und sind dankbar, dass er „ja“ gesagt hat.
     
  • Familie, Freunde und viele im Lande, Christen und Christinnen in der Bundeswehr, Menschen in unseren Gemeinden und auch die Verantwortlichen in unserem Staat begleiten die Wege, den Weg in den Ruhestand und den Weg in den neuen zusätzlichen Dienst. Sie haben dem einen viel und von Herzen zu danken und sie freuen sich, sind gespannt und haben große Erwartungen gegenüber dem Nachfolger. Sie alle versprechen, die Wege mit ihrem Rat und ihren Gebeten  zu begleiten.
     
  • Auch die Gemeinschaft der Evangelischen Kirche in Deutschland stimmt in den Lobpreis ein. Sie weiß, welche Chance die Seelsorge in der Bundeswehr bedeutet, für junge Menschen, nicht nur solche die Christen sind, und auch für unsere ganze Kirche.

Gründe zum Lobpreis gibt es also genug. Der Psalm, aus dem der Vers stammt, ist das Gotteslob eines Einzelnen, der eingebettet ist in sein Volk, in das Volk der Gnade. Alle, welche diesen Beter hören oder lesen, sind aufgefordert, in sein Lob einzustimmen. Also auch wir mit unseren konkreten Erfahrungen, auch der bisherige und der neue Bischof, sind eingeladen zu Lob und Dank gegenüber dem, dem wir alles verdanken. Der Psalm will trösten und mahnen:

"Vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat."


Lieber Bruder Löwe,

Sie erinnern sich. Es war 1994 nicht ganz einfach für den Rat der EKD, das Amt des Militärbischofs zu  mit einer geeigneten Person zu besetzen. Sie selber waren damals tätig als Bevollmächtigter des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft. Das hat Sie ausgefüllt. Nun sollte also das Amt des Bischofs in der Seelsorge in der Bundeswehr - gleichsam nebenbei - hinzukommen. Es war verständlicherweise nicht ganz einfach, Sie dafür spontan zu gewinnen. Aber Sie sahen auch die Herausforderung, die sich mit dieser Aufgabe bot. Es waren keine leichten Zeiten für die Seelsorge in der Bundeswehr. Innerkirchlich hatten wir die Folgen der Vereinigung aufzuarbeiten - ja vielleicht auch abzuarbeiten am "Symbol" Militärseelsorge. Da passte es gut, dass die beiden Ämter des Hauptverhandlers mit der staatlichen Seite und des Bischofs für die Seelsorge in der Bundeswehr in einer Person vereinigt waren. Mit zunehmender Sachkenntnis über diesen Zweig evangelischer Seelsorgedienste, aber vor allem mit klarer Sachlichkeit und diplomatischem Geschick haben Sie sich in diesen Prozess eingebracht. Sie haben entscheidend dazu beigetragen, dass die guten Arbeitsmöglichkeiten der Seelsorge in der Bundeswehr erhalten blieben. Sie sind ein Anwalt der menschlichen Interessen der Soldaten geworden.

Mehr und mehr sind Sie gepackt worden von den geistlichen und seelsorgerlichen Herausforderungen dieses kirchlichen Arbeitsfeldes. Sie haben das Wort Gottes immer eindrucksvoll gepredigt in die jeweilige konkrete Situation hinein. Sie haben die Seelsorge in Ihrem Verantwortungsbereich sorgfältig visitiert und mit der Unterstützung des Evangelischen Kirchenamtes für die Bundeswehr deutliche Leitungsakzente gesetzt.

In den letzten Jahren seit 1999 wurde das Bischofsamt für Sie sozusagen zum "Hauptamt", nachdem Dr. Reimers in Berlin Ihre Aufgaben als Bevollmächtigter übernommen hatte. Diese Entlastung schaffte Raum für die wachsende Beanspruchung in der Folge zunehmender Auslandseinsätze der Bundeswehr. Diese besondere Herausforderung für die Arbeit der Seelsorge in der Bundeswehr konnten Sie nun mit Geduld und ganzer Kraft begleiten, weil Sie Ihre spirituellen Wurzeln und die theologischen Grundlagen Ihres Wirkens weiter gepflegt haben.

"Vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat."

Sie haben sichtbare und segensreiche Spuren hinterlassen und können nun Ihre Aufgabe beruhigt in andere Hände übergeben. Unser aufrichtiger Dank begleitet Sie - aber auch die Fürbitte für Ihren weiteren Weg in nun ruhigere Zeiten.

Lieber Peter Krug,

Du kannst Dich freuen auf diese Aufgabe. Vieles bringst Du mit aus Deinem bisherigen Dienst in der Kirche - als Gemeindepfarrer, als Superintendent, als nebenamtliches Mitglied der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland, als Beauftragter der Evangelischen Kirchen beim Landtag und der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen und als Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg. Es sind viele Gaben und Erfahrungen, wofür Du danken kannst, denn sie werden Dir in dem neuen Amt zu Gute kommen.

Das andere, was den Lobpreis auslösen wird, ist die Freude am Umgang mit engagierten Seelsorgerinnen und Seelsorgern und die Erfahrungen mit Soldatinnen und Soldaten, die Dir begegnen werden bei der Leitungsaufgabe, die Du nun übernimmst. Die Seelsorge in der Bundeswehr erreicht junge Menschen und deren Familien, darunter viele, die von den Kirchengemeinden nicht erreicht werden. Auch solche jungen Leute, die keiner Kirche angehören, finden über die Soldatenseelsorge erste Kontakte mit dem christlichen Glauben. Der innerkirchlich immer wieder umstrittene Militärseelsorgevertrag von 1957 hat sich aus heutiger Sicht bewährt. Er bleibt weiterhin eine tragfähige Grundlage, auch in einer veränderten Auftragslage der Bundeswehr und unter veränderten Arbeitsbedingungen der Seelsorge in der Bundeswehr.

Distanz und Nähe zu den Soldatinnen und Soldaten und zur Institution Bundeswehr sind durch die Struktur vorgegeben. Es liegt an allen, die in der Seelsorge in der Bundeswehr Verantwortung tragen - insbesondere an Dir, dem neuen Bischof, diesen gegebenen Rahmen zu auszufüllen.

Du wirst Dich wichtigen Fragen der ethischen Orientierung zu stellen haben, die mit dem Dienst der Soldaten verbunden sind, besonders die Gewissensfragen im Zusammenhang mit Krieg und Frieden. Es gehört zu den wichtigen Aufgaben, die  wach zu halten und Hilfestellung zur persönlichen Entscheidung in schwierigen Situationen anzubieten. Weitere wichtige bischöfliche Aufgaben liegen darin, die Pfarrerschaft für den Dienst zuzurüsten, das Gemeinschaftsgefühl untereinander zu bestärken und den Zusammenhalt mit den anderen Diensten der Kirche zu fördern und für immer neue Impulse zu sorgen.

Ich muss in diesem Gottesdienst nicht all die anderen Aufgaben beschreiben, die das Amt so sinnvoll machen. Doch eines möchte ich noch hervorheben und das ist ja für den Bischof eine besonders wichtige Aufgabe, die ökumenischen Kooperationen, die für die Seelsorge in der Bundeswehr so dringend nötig sind, zu stützen und zu entfalten.

All die Aufgaben verbinden sich wohl in dem wichtigsten Auftrag, den Du mit Deiner Ordination bekommen hast: dem Amt der Predigt. Dazu wirst Du reichlich Gelegenheit haben - und man wird auf Dich hören.

"Lobe dem Herrn, meine Seele ...“ -

das ist eine Selbstaufforderung des Beters. Er sagt: "meine Seele".

Der Bischof braucht mehr als seine leiblichen Sinneswahrnehmungen, um Gottes Spuren zu entdecken und zum Lobpreis zu kommen.

Das Auge reicht nicht, um wirklich zu sehen;
das Ohr reicht nicht, um wirklich zu hören;
der Mund reicht nicht, um wirklich zu sprechen.

Der Bischof, wie jeder Mensch, braucht eben darum seine Seele, nämlich die von Gott geschenkte Lebendigkeit, vom Glauben geschärfte Augen, die in die Tiefe sehen können, das von Gott geweckte Ohr, das die Zwischentöne vernimmt und die von Gottes Geist gelöste Zunge, die Botschaft freimütig bekennt.

So wird er die Spuren des Lebens entdecken und seinen Dienst zum Lobe Gottes ausrichten, als Botschafter dessen, der alle Schuld vergibt und alle Gebrechen heilt, der alle Tränen abwischt und Zukunft verheißt.

Gott segne Dich in Deinem Amt.