Grußwort zum 50. Geburtstag von Prälat Karl Jüsten
Sehr geehrter Herr Prälat, lieber Karl Jüsten!
„Es gibt im schnelllebigen Berlin dieser Tage nicht wirklich viele Menschen, die man kennen muss“, schrieb ein Redakteur des Internetmagazins „Berlin vis-a-vis“ im vergangenen Jahr, und er fuhr fort: „Wenn es bei dem Namen des Prälaten nicht sofort klingeln sollte, hat man nach Meinung wirklich wichtiger Leute in der Hauptstadt einiges falsch gemacht und ziemlich großen Nachholbedarf.“
Was für ein Lob! Und Recht hat er! Er trifft natürlich den Nagel auf den Kopf mit seiner unverblümten Einschätzung, die alle, die sich heute hier zu Ehren von Karl Jüsten versammelt haben, fraglos teilen: Am Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe kommt man im politischen Berlin nicht herum. Und das sollte auch niemand wollen. Grundsätzlich nicht, und ganz besonders heute nicht, an diesem großen Ehrentag, an deinem 50. Geburtstag, lieber Karl, zu dem ich Dir auch im Namen der Evangelischen Kirche in Deutschland und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meiner Dienststelle von Herzen gratuliere.
Der 50. Geburtstag ist gemeinhin einer, der dem Geburtstagskind aufgrund der imposanten Jahreszahl Respekt einflößt, zumal wenn man als Betroffener den Eindruck haben könnte, dass man doch eigentlich noch ganz jugendlich, frisch und munter daherkommt. Dieser Eindruck wäre im Blick auf Karl Jüsten sicher nicht nur sein eigener. In jedem Fall dekuvriert sich die 50 mehr oder weniger klammheimlich doch als eine Zahl, die uns ein kurzes Innehalten abnötigt. Sie macht deutlich, dass es schon eine ganz ordentliche Zeitspanne ist, die der Jubilar auf Gottes guter Erde verbringt.
Und dann wird geschaut, wie diese Zeit verbracht wurde. Karl Jüsten pflügt seit dem Jahr 2000, also dem anno jubilae, als Prälat den Berliner Boden. Was er in dieser Zeit geleistet und getan hat, kann man nur in Respekt wahrnehmen. Allein die große Zahl von Gästen, die diesen Saal füllen, führt uns vor Augen, dass Karl Jüsten als Botschafter seiner Kirche viele und vieles bewegt.
Ob als engagierter Fürsprecher der Armen im Gespräch mit dem Bundesminister für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, ob als Experte für Biogasanlagen in der Diskussion mit Staatssekretären des Landwirtschaftsministeriums mit Blick auf das Erneuerbare Energiengesetz, als taktisch kluger Kopf bei den Verhandlungen zur Frequenzbereichzuweisungsplanverordnung oder als fachkundiger Ratgeber in Sachen PID beim Parlamentarischen Abend, als aufmerksamer Zuhörer und Seelsorger im Vier-Augen Gespräch; ob als Papstwahlerklärer im Chat von tagesschau.de oder als kritische Stimme zur Flüchtlingspolitik im „Spiegel“ -- Karl Jüsten beweist immer ein weites Herz und eine klare Haltung. Wir alle kennen ihn kommunikativ, verbindlich, geschickt, unkompliziert und - wenn es sein muss – hartnäckig. Er weiß Themen, Menschen und Medien zu behandeln wie kein Zweiter. Wohl deshalb gab der eingangs neidvoll zitierte Redakteur ihm den vollmundigen Titel „der Berlin-Macher“.
Karl Jüsten hat den Anspruch, der hinter seiner Tätigkeit steht und den er im höchsten Maße erfüllt, schon beschrieben, bevor er sein Amt hier in der Hannoverschen Straße übernahm. Im Jahr 1999 - übrigens ebenfalls im Kontext eines 50. Geburtstags, nämlich dem unseres Grundgesetzes - schrieb er in seiner Dissertation „Ethik und Ethos der Demokratie“: „Um dem Anspruch, das Ethos der Demokratie zu stützen, gerecht werden zu können, muß sie (die Kirche) zunächst gegen die Trends angehen, die ihre direkten Einflußmöglichkeiten auf die Gesellschaft schwächen. Sie darf sich nicht an den Rand drängen oder als eine unter vielen Sektoren der Gesellschaft einordnen lassen…“.
Lieber Karl, auch dies zeigt sich am heutigen Tag mit seiner Fülle von Gratulationen ganz besonders: Du bist weit davon entfernt, dich und die Anliegen deiner Kirche „an den Rand“ drängen zu lassen. Du platzierst christliche Positionen bewundernswert unaufdringlich und doch unübersehbar und unüberhörbar dort, wo sie hingehören: genau in der Mitte.
Manchmal, das darf ich in aller Bescheidenheit hinzufügen, manchmal schaffen wir dies auch und gerade gemeinsam, in ökumenischer Verbundenheit. Dann sprechen wir nicht nur mit der jeweils eigenen, sondern mit der berühmten und bisweilen auch berüchtigten einen christlichen Stimme. Das hat Gewicht. Und ich kann aus voller Überzeugung sagen: Das macht Freude! Es macht Freude, mit Dir zusammen um des Evangeliums willen Einsatz zu zeigen und die ansonsten manchmal schwächelnden oder schnell in Wallung zu versetzenden ökumenischen Kräfte in Ruhe und Klarheit gegenüber der Politik zu bündeln.
Ich bin sehr dankbar für Deine unbeschwerte Kollegialität, die dies möglich macht. Sie erweist sich immer wieder und in großer Vielfältigkeit. Ich denke an die unkomplizierten Vorbereitungen der vielen - im reinsten Sinne des Wortes - staatstragenden Gottesdienste, sowie an Deine freundliche Einladung nach Rom im Herbst 2009 mit dem Ziel, mir Persönlichkeiten der Kurie und des Vatikans vorzustellen, die hinter einem etwaigen „roma locuta causa finita“ stehen könnten.
Nicht vergessen werde ich, wie Du im Vorfeld der Einweihung des Bundesumweltministeriums im Frühsommer dieses Jahres auf die Frage, ob auch Weihwasser zur Stelle sein sollte, geantwortet hast: „Das kann ich Felmberg nicht antun.“ Dass wir auch ohne Weihwasser an diesem Nachmittag eine vor sich hinplätschernde Veranstaltung noch einem Höhepunkt zugeführt haben, blieb davon völlig unberührt und wurde von jedem der noch Anwesenden geteilt. Für deine pragmatische Zugewandtheit, deine vorbehaltlose Unterstützung und deine menschen- und protestantenfreundliche Haltung danke ich dir persönlich und auch im Namen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Charlottenstraße sehr herzlich.
Liebe Geburtstagsgesellschaft, „was Karl Jüsten in seiner Lebenszeit geleistet hat, kann man nur in Respekt wahrnehmen“ – das habe ich eben behauptet, in hoffentlich zulässig und bekanntermaßen vereinnahmender Weise. Eines habe ich dabei allerdings unterschlagen: Natürlich wird sich der eine oder andere auch fragen, was wohl noch zu erwarten ist von diesem mit 50 Jahren keinesfalls müden, und keinesfalls am Ende seiner beruflichen Möglichkeiten befindlichen „Berlin-Macher“ Karl Jüsten, zumal in der katholischen Kirche die Anzahl der möglichen Karrierejahrzehnte ja umfassender ist als in der evangelischen Kirche.
Was bringen die kommenden Jahre? Höchst egoistisch möchte ich an dieser Stelle mit Nachdruck den Wunsch äußern, dass Du, lieber Karl, mir und allen anderen, die dich als Gesprächspartner schätzen, noch lange Zeit in deiner jetzigen Funktion erhalten bleiben mögest.
Dir wünsche ich, dass Du auf Deinem weiteren Lebensweg dein Tun trotz aller Professionalität und Erfahrung weiterhin als spannend und gewinnbringend empfinden kannst. Dass Dich die inzwischen bestens bekannten politischen Abläufe nicht daran hindern, Deinen wachen Blick für die jeweilige Situation und dein jeweiliges Gegenüber zu behalten. Dass du in den kommenden politischen und kirchlichen Konstellationen und Großwetterlagen positive Herausforderungen siehst, die genau Dein politisches und seelsorgerliches Talent, genau Dein Reden und Tun erfordern. Dafür wünsche ich dir von Herzen alles Gute und Gottes reichen Segen.
Vielen Dank.